Antrieb für Innovationen: 125 Jahre Motion bei ABB in Deutschland

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Intro

Als einer von vier ABB-Geschäftsbereichen steht die Antriebstechnik für Wandlungsfähigkeit: Was vor 125 Jahren als technisches Fundament für Generatoren und Motoren begann, entwickelte sich zu einem eigenen Innovationsfeld. Heute steht der Geschäftsbereich Motion für energieeffiziente Technologien, robuste Systemlösungen und intelligente Services – entwickelt, gefertigt und betreut von einem globalen Team mit Wurzeln in Deutschland. Die Geschichte der Antriebstechnik bei ABB ist nicht nur eine Geschichte der Bewegung, sondern auch der beständigen Veränderung.

Technische Pionierarbeit und die Anfänge der Antriebstechnik in Deutschland

Als sich im frühen 20. Jahrhundert die industrielle Elektrifizierung in Deutschland beschleunigte, entstand schnell ein wachsender Bedarf an leistungsfähigen Antrieben. Elektromotoren, Generatoren und Stromrichter wurden zu tragenden Säulen der neuen Infrastruktur – und Mannheim als Standort der damaligen BBC zu einem Zentrum für technische Innovationen.

Einer der Pioniere dieser Zeit war der junge Elektroingenieur Ludwig Roebel, der 1912 bei BBC in Mannheim einen neuen Ansatz für ein bis dahin ungelöstes Problem entwickelte: Wie lässt sich Strom in großen Generatoren gleichmäßig und effizient auf mehrere Wicklungsdrähte verteilen?

Mit seiner Erfindung, dem Roebelstab, schuf er die Grundlage für eine neue Bauweise großer elektrischer Maschinen. Durch seine Form ermöglichte der Roebelstab eine gleichmäßigere Stromverteilung in den Spulen – und legte so den Grundstein für leistungsstarke Maschinen.

Diese Innovation wurde nur wenige Jahre später zum Schlüssel für eines der bedeutendsten Energieprojekte Europas: 1927 konnte damit in Olsberg in der damals größten Wasserkraftanlage Europas der größte langsam laufende Generator seiner Zeit gebaut werden. Roebels technische Handschrift wurde zum Symbol deutscher Ingenieurskunst in der Antriebstechnik – und seine Innovation ist noch heute Industriestandard.

Ludwig Roebel – Erfinder des Roebelstabs, der bis heute Herzstück leistungsstarker Elektromotoren ist.

Ludwig Roebel (1878–1934) war Elektroingenieur bei BBC in Mannheim – und Erfinder mit Weitblick. Seine geniale Idee revolutionierte den Generatorbau.

Vom Generator zur Großserie: Innovationen und Standortentwicklung

Mit dem wachsenden Bedarf an industrieller Automatisierung in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts nahm auch die Bedeutung der Antriebstechnik zu. BBC belieferte ab den 1930er-Jahren nicht nur große Energieversorger und Industrieunternehmen, sondern entwickelte auch spezialisierte Gleichstromlösungen für Mobilität und Infrastruktur. Gleichstromgeneratoren für Lokomotiven und Gleichrichter für die Spannungsversorgung von Rundfunksendern gehörten ebenso zum Portfolio wie erste Umrichter für mechanische Anlagen.

In diesen Jahren gewann der Standort Lampertheim in der deutschen BBC-Landschaft an Bedeutung. Hier begann BBC mit der Produktion von Gleichrichtern – damals noch große, gläserne Gebilde mit flüssigem Quecksilber, die bei hohen Spannungen als Stromwandler eingesetzt wurden. Diese sogenannten Quecksilberdampf-Gleichrichter waren damals der aktuelle Stand der Technik und kamen unter anderem in Stahlwerken, Bahnnetzen und Sendestationen zum Einsatz.

Mit zunehmendem technologischem Fortschritt verschoben sich die Maßstäbe: In den 1960er-Jahren löste Halbleitertechnik die Quecksilbertechnik ab – eine Entwicklung, die BBC entscheidend mitprägte. Die neuen Gleichrichter auf Basis von Silizium-Thyristoren waren nicht nur kleiner, sondern auch robuster und einfacher zu steuern. Im Werk in Lampertheim entstanden bald standardisierte Gleichrichter in Serie, die weit über Deutschland hinaus eingesetzt wurden. Technik, die damals noch ganze Räume füllte, passt heute in einen Schaltschrank.

Schienenverkehr und Seriengeschäft

In den 1970er-Jahren weitete BBC den Einsatzbereich seiner Antriebslösungen aus – von der Schwerindustrie über die Bahntechnik bis hin zur Gebäudetechnik. Sichtbar wurde das im öffentlichen Nahverkehr: 1975 nahm in Mannheim die erste klimatisierte Straßenbahn Europas den Betrieb auf – ausgestattet mit BBC-Technologie. Ein Stück Innovationsgeschichte auf Schienen, das auch ein Zeichen für den Wandel in der urbanen Mobilität setzte. Parallel dazu wuchs das Seriengeschäft im Bereich der Antriebstechnik: Standardisierte Gleichrichter- und Umrichtersysteme kamen in immer mehr Anwendungen zum Einsatz – von Krananlagen über Fördertechnik bis zu Pumpen- und Lüftungssystemen.

Besonders in Ladenburg entstand in diesen Jahren ein Zentrum für die Serienfertigung von Gleichrichtern und kompakten Antriebslösungen. Obwohl diese Technik im Hintergrund arbeitete, war ihre Bedeutung enorm: In manchen Jahren machte das Seriengeschäft bis zu 50 Prozent des Umsatzes im Geschäftsbereich aus – und führte dennoch zu dieser Zeit noch ein Schattendasein neben dem kraftwerksdominierten Großanlagenbau.

Ein Meilenstein in der Unternehmensgeschichte und auch für Motion war das Jahr 1988: Die Fusion von ASEA und BBC zur heutigen ABB markierte den Beginn einer neuen Ära.

Die Produktportfolios wurden gebündelt, Know-how vernetzt und Standorte neu aufgestellt. Für die Antriebstechnik in Deutschland bedeutete das: Zugang zu globalen Märkten – und gleichzeitig der Auftrag, eine starke lokale Technologiebasis weiterzuführen und auszubauen.

Foto vom Logowechsel von BBC auf ABB im Jahr 1988-am ABB Standort Käfertal.

1988 fusionierten BBC und ASEA zu ABB – ein Meilenstein in der Unternehmensgeschichte, der auch den Bereich Motion grundlegend veränderte.

Eine der prägenden Persönlichkeiten dieser Zeit war der damalige Generaldirektor von BBC Deutschland, Werner Teich. Unter seiner Leitung wurde der Standort Mannheim entscheidend gestärkt, gleichzeitig entstanden im Bahntechnik-Team wegweisende Innovationen: Ein Ingenieursteam entwickelte dort die Drehstromtechnik mittels statischer Umrichter für Lokomotiven – eine Technologie, die heute als Standard für elektrisch angetriebene Schienenfahrzeuge gilt, von Straßenbahnen bis ICE.

Digitalisierung und Dekarbonisierung

Mit dem Start ins neue Jahrtausend begann für den Geschäftsbereich Motion eine Phase tiefgreifender technologischer Erneuerung – sowohl im Produktportfolio als auch in der Standortstrategie. In Ladenburg und später in Mannheim entstanden modern ausgestattete Werkstätten, Fertigungseinheiten und Servicezentren, die über Jahre hinweg zum Herzstück des DC-Geschäfts wurden.

Seit 2023 ist Mannheim wieder der zentrale deutsche Standort für die Gleichstromtechnik von ABB – heute als globales Center of Excellence für DC-Stromrichtertechnologie. Dort entstehen neue DC-Schaltschränke für industrielle Anwendungen ebenso wie maßgeschneiderte Retrofit-Lösungen für Bestandsanlagen. Parallel entwickelte der Geschäftsbereich Motion sein Portfolio konsequent weiter. Die robusten, auf Thyristortechnologie basierenden Geräte kommen heute in Walzwerken, Hebeanlagen, Pumpenstationen oder Bohranlagen ebenso zum Einsatz wie in hochsensiblen Bereichen wie der Wasserstoff-Elektrolyse, Galvanik oder industriellen Elektroheizungen.

Heute verbindet der Geschäftsbereich Motion jahrzehntelange Elektrotechnikexpertise mit den Anforderungen einer neuen Zeit: energieeffizient, digital vernetzt, serviceorientiert. Der Standort Deutschland spielt dabei eine wichtige Rolle.

Zukunft in Bewegung – der Beitrag von ABB Motion für morgen

Die Anforderungen an moderne Antriebstechnik sind heute vielfältiger denn je: Klimaneutralität, Ressourcenschonung und digitale Transformation stellen Industrie und Gesellschaft vor neue Herausforderungen. Elektrische Antriebe sind dabei der Schlüssel für nachhaltiges Wachstum – und der Geschäftsbereich Motion von ABB steht dabei an vorderster Front: Mit hocheffizienten Motoren, intelligenten Frequenzumrichtern, Steuerungen und vernetzten Services leisten wir einen messbaren Beitrag zur Dekarbonisierung industrieller Prozesse.

Unsere Lösungen helfen dabei, Produktionsanlagen energieautark zu betreiben, den Stromverbrauch zu senken und Ausfallzeiten zu minimieren – vom Rechenzentrum bis zur Papierfabrik, von der Wasserstoff-Elektrolyse bis zur Schiffsanwendung. Gleichzeitig eröffnet die Digitalisierung neue Möglichkeiten: Mit innovativen Lösungen lassen sich etwa Betriebsdaten in Echtzeit analysieren, Wartungsintervalle vorausschauend planen und Energieflüsse intelligent steuern – über Standorte, Kontinente und Anwendungen hinweg.

Vor 125 Jahren begannen wir in Mannheim mit technischem Idealismus mit dem Bau von Generatoren und Gleichstromsystemen. Noch heute steht der Geschäftsbereich für Effizienz und Fortschritt. Und wir bei ABB Motion arbeiten kontinuierlich an neuen Lösungen für die Zukunft: an intelligenten, nachhaltigen Antriebslösungen, die helfen, unsere Welt effizienter und klimafreundlicher zu bewegen.