Herr Vaihinger, die EU-Institutionen haben sich im Januar 2024 auf die Neufassung der Kommunalabwasserrichtlinie geeinigt. Was bedeutet die Entwicklung für die Betreiber?
Zunächst einmal Verlässlichkeit: Die novellierte Richtlinie wird einen klaren Rahmen vorgeben, wie Klärwerksbetreiber ihre Anlagen fit für die Zukunft machen müssen. Dabei geht es vor allem um die Entfernung von Spurstoffen, etwa aus Medikamentenrückständen und verschärfte Grenzwerte für die Einleitung von Stickstoff und Phosphor. In vielen Fällen wird eine vierte Reinigungsstufe nötig sein, um die Vorgaben zu erfüllen. Dadurch werden die Anlagen umfangreicher – und die Prozesse energieintensiver. Betreiber sollten sich schon jetzt darauf vorbereiten …
… um die Kosten im Griff zu behalten?
Einerseits das – und andererseits, um die Energieeffizienz zu erhöhen. Denn die neue Richtlinie zielt auch stark auf die Senkung des Energieverbrauchs ab, der bei der Abwasseraufbereitung meist sehr hoch ist. Dafür werden künftig Energieaudits durchgeführt. Für Anlagen ab 100.000 EW werden diese schon Ende 2028 kommen. Als langfristiges Ziel haben sich die EU-Institutionen sogar darauf verständigt, die Energieneutralität des gesamten Abwassersektors bis 2045 als nationales Nachhaltigkeitsziel zu verankern.
Wie gelingt die Wende zur Energieneutralität in der Abwasseraufbereitung?
Langfristig werden viele Betreiber auf Eigenerzeugung setzen, etwa durch eine PV-Anlage auf dem Gelände oder offsite. Perspektivisch könnten auch innovative Maßnahmen wie die Nutzung der thermischen Energie im Abwasser etabliert werden. Als erstes müssen Betreiber aber ihre Verbraucher in den Fokus nehmen: Wer Komponenten wie Elektromotoren und Frequenzumrichter modernisiert, kann sofort bis zu 40 Prozent Energie sparen. Energieeffizienz ist ein Quick Win für nachhaltige Abwasserwirtschaft, der die Nachhaltigkeit der Anlagen schon heute erhöht. Und langfristig führt ein effizienter Betrieb dazu, dass weniger Energie durch Eigenerzeugung bereitgestellt werden muss. So können Betreiber heute den Grundstein dafür legen, den Anforderungen von morgen gerecht zu werden und langfristig erfolgreich zu agieren – ökonomisch wie ökologisch.
