Neustart nach Flutkatastrophe

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Der Sommer 2021 war geprägt durch eine verheerende Flutkatastrophe, die weite Teile West- und Mitteleuropas getroffen und zu schweren Überschwemmungen geführt hat. Die Ursache waren heftige Wassermassen, verursacht durch das Tiefdruckgebiet „Bernd“. Am 14. Juli 2021 war auch Belgien betroffen und brachte beim Kunststoffhersteller Cabot Plastics Belgium schwere Verwüstungen an seinem Standort Pepinster mit sich. Die Folge: die Hauptproduktionslinie war stark beschädigt. Doch dank der zügigen Lieferung neuer DCS880-Stromrichter für die Extrudermotoren konnte die Linie bereits im Februar 2022 wieder in Produktion gehen.

Ausnahmezustand binnen 3 Stunden

Die Überschwemmungen am 14. Juli letzten Jahres führten in mehreren Regionen in Ostbelgien zu schweren Schäden. So auch bei Cabot Plastics Belgium S. A. mit ihrem Werk in der Gemeinde Pepinster, die in der am stärksten betroffenen Region Lüttich liegt. Die Fabrik des US-amerikanischen Rußherstellers und Spezialisten für schwarze Masterbatches Cabot liegt in einer Schleife des Flusses Hoëgne. Um 8 Uhr morgens war noch normaler Betrieb, nur drei Stunden später wurde der Befehl zur Evakuierung der Fabrik gegeben.  

Der Standort wurde meterhoch überflutet und von den Schäden schwer gezeichnet. Als die Verantwortlichen 48 Stunden später zurückkehrten, bot sich ihnen ein Bild der Verwüstung. Riesige Mengen Schlamm und Schutt mussten weggeräumt werden. Große Teile der technischen Einrichtung waren zerstört. Die Schäden im Werk beliefen sich auf einen Betrag von mehr als zehn Millionen Euro. 

Die Flutkatastrophe hatte in dem Werk starke Verwüstungen angerichtet. Auch die Hauptproduktionslinie war betroffen (Bild: Cabot Plastics S.A.).

Von der Überflutung betroffen waren auch die beiden Produktionslinien. Zunächst galt es, die jüngere Produktionslinie wieder instand zu setzen. Denn für sie war es leichter, neue Teile zu besorgen. Problematischer war es bei der Hauptlinie, auf der Feinpartikel für Kunststoffanwendungen produziert werden. Sie war deutlich älter und hat nicht mehr heutigen technischen Standards entsprochen. 

Die Extrudermotoren dieser Linie, zwei 445-Kilowatt-Gleichstrommotoren von ABB, standen im Keller und waren komplett geflutet. Die dazugehörigen ABB-Stromrichter DCS500 blieben unversehrt, da sie im ersten Stock installiert waren. Von den Wassermassen zerstört wurden aber die Ersatzteile für die Stromrichter, die im Keller gelagert waren.  

Verfügbarkeit ist Muss „Die DCS500 sind abgekündigt und es gibt für sie keine Ersatzteile mehr. Wir hatten alle notwendigen Ersatzteile vorgehalten, aber das entsprechende Lager wurde komplett geflutet. Alte Stromrichter ohne Ersatzteile an einer solch kritischen Anwendung sind problematisch“, erläutert Vincent Niessen, Engineering Project Manager bei Cabot Plastics Belgium. „Die Linie arbeitet sieben Tage die Woche rund um die Uhr. Dafür brauchen wir sehr gute, zuverlässige Antriebe von höchster Qualität.“  

Obwohl die beiden Gleichstrommotoren vollkommen unter Wasser standen, konnten sie nach einer Reinigung, technischen Prüfung und Wartung weiter genutzt werden. Da die Motoren erst wenige Jahre alt waren, kam ein Umstieg auf Wechselstromantriebe nicht infrage. 

Sportlicher Zeitplan

Die Verantwortlichen am Standort haben sich daraufhin im August 2021 mit Experten von ABB Belgien zusammengesetzt, um schnellstmöglich neue Antriebstechnik geliefert zu bekommen. Damit ABB dem Kunststoffhersteller die beiden Stromrichter Mitte Dezember liefern konnte, war von der Bestandsaufnahme bis zur Bestellung und Übergabe ein extrem enger Zeitplan erforderlich. 

In nur fünf Tagen erfolgte die Bestandsaufnahme vor Ort durch ABB Belgien, das Angebot der DC-Fabrik in Ladenburg an die belgischen Kollegen, die Bestellung des Kunden an ABB Belgien, die Bestellung der belgischen ABB-Landesgesellschaft an die DC-Fabrik sowie die Übergabe des Projektes an das Engineering und damit der Projektstart. Die DC-Fabrik hatte diese äußerst kurze Lieferzeit zugesagt, obwohl alle Materialien auftragsbezogen bestellt werden mussten und es zu dieser Zeit massive Einschränkungen auf der Lieferantenseite gegeben hat.

DCS880-Stromrichter von ABB

Der DCS880 von ABB verfügt standardmäßig über die Funktion "Sicher abgeschaltetes Drehmoment" (STO). (Bild: ABB) 

Rechtzeitige Lieferung

Vincent Niessen berichtet: „Anfang September 2021 ging die Bestellung an ABB Belgien und am 7. Februar 2022 konnten wir wieder mit der Produktion beginnen. Die Zusammenarbeit mit ABB lief reibungslos. Im August hatten die wir Lösung diskutiert und am 15. Dezember wurden die neuen Stromrichter geliefert. Wir waren dadurch gut in der Zeit und konnten die Antriebstechnik rechtzeitig installieren.“    

Die neue Lösung besteht aus zwei modernen DCS880-Stromrichtern in einer Master-Follower-Konfiguration mit einer Gesamtleistung von 1 MW. Der DCS880 von ABB ist als weltweit einziger Stromrichter mit der standardmäßig zertifizierten zweikanaligen Funktion „Sicher abgeschaltetes Drehmoment“ (Safe Torque Off, STO) ausgestattet. Die Sicherheitsfunktion gewährleistet, dass die Maschine sicher in einen drehmomentfreien Zustand überführt wird. Die Geräte sind hochflexibel, um die Anforderungen der unterschiedlichsten Industrieumgebungen und Anwendungen durch eine einfache kundenspezifische Konfiguration zu erfüllen.

Cabot Plastics Belgium SA

Das Werk von Cabot Plastics Belgium S.A. in Pepinster (Ostbelgien) stellt schwarze Kunststoff-Masterbatches und Compounds her, die Ruß, Additive und thermoplastische Harze enthalten. Die Produkte werden im Bauwesen, in der Automobilindustrie, in der Landwirtschaft, in der Verpackungsindustrie und in anderen Kunststoffanwendungen eingesetzt. Neben Produktionsanlagen befindet sich in Pepinster auch das Application Development Center (ADC), das Kompetenzzentrum von Cabot für Kunststoffanwendungen, das weltweit für Innovationen und Neuentwicklungen im Bereich der Polyolefine und technischen Polymere, für Ruß und Kieselsäure zuständig ist.