Stadtwerke München setzen auf mobilen ABB-Frequenz­umrichter für Geo­thermie­anlagen

Geothermieanlage der Stadwerke München (SWM), die mit ABB-Technik ausgestattet ist.
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Um die Verfügbarkeit ihrer Geothermieanlagen zu erhöhen, haben die Stadtwerke München (SWM) seit Juli 2023 einen mobilen Mittelspannungsfrequenzumrichter von ABB im Einsatz. Der ACS 2000i kann am 10-kV- und 20-kV-Netz betrieben werden und erfüllt spezielle Anforderungen für die Regelung der Geothermie-Tauchkreiselpumpen von SWM 

Im Rahmen ihrer Ausbauoffensive Erneuerbare Energien forcieren die Stadtwerke München (SWM) die Nutzung regenerativer Energien im Strom- und Wärmebereich. Bis spätestens 2040 wollen sie den Münchner Bedarf an Fernwärme CO2-neutral decken. Den wesentlichen Beitrag für die Ökowärme wird die Geothermie leisten. 

München und sein Umland bieten dank ihrer günstigen Lage beste Voraussetzungen für die Nutzung der hydrothermalen Geothermie. Die bayerische Landeshauptstadt liegt auf einem großen natürlichen Schatz: Tief unter der Erde befindet sich ein gewaltiges Heißwasservorkommen, mit dem umweltfreundlich Wärme erzeugt werden kann – und südlich von München auch Strom. Die SWM nutzen diese lokale, nahezu unendliche Energiequelle schon seit Jahren und erschließen sie schrittweise weiter.

ABB-Umrichter tragen zur Fernwärmeversorgung bei

Um die Wärme des heißen Wassers zum Heizen zu nutzen, wird es mittels spezieller Tauchkreiselpumpen (ESP-Pumpen, Electro-Submersible Pumps), die mehrere 100 Meter tief in der Förderbohrung platziert sind, nach oben gefördert. An der Oberfläche wird die Energie aus dem geförderten Thermalwasser über Wärmetauscher an das Wasser in den Fernwärmenetzen übertragen oder zur Stromerzeugung genutzt. 

Mittelspannungsfrequenzumrichter von ABB regeln bereits seit einigen Jahren die Pumpenmotoren in allen SWM-Geothermieanlagen. Bei den für den Transport des Thermalwassers notwendigen Tauchpumpen handelt es sich um mehrstufige Kreiselpumpen, die in vertikaler Position arbeiten. 

 

Mit dem mobilen ACS 2000i sichern die SWM den Betrieb eigener Geothermieanlagen, wie in Sauerlach, ab, können aber auch benachbarte Geothermiebetreiber unterstützen. (Quelle: SWM/Stefan Obermeier)

ABB hatte bereits 2017 einen Rahmenvertrag für die Ausrüstung von Geothermieanlagen der SWM mit ihren Frequenzumrichtern gewonnen und konnte seitdem viel Erfahrung bei Geothermieprojekten des Kunden und ESP-Pumpenanwendungen sammeln. Die Mittelspannungsfrequenzumrichter der Serien ACS 1000 und ACS 2000 ermöglichen dabei ein herstellerneutrales Betreiben der Motoren der Geothermie-Tauchkreiselpumpen, auch von solchen mit geringerer Nennspannung. Zur Regelung der Förderleistung regeln sie die Drehzahl eines Motors stufenlos von nahezu Null bis zur benötigten Nenndrehzahl. 

Absicherung nicht nur des eigenen Betriebs

Mit einem neuen mobilen Mittelspannungsfrequenzumrichter ACS 2000i von ABB sichern die SWM jetzt nicht nur den Betrieb ihrer eigenen Geothermieanlagen in Riem, Freiham, Schäftlarnstraße, Sauerlach, Dürrnhaar und Kirchstockach ab, sondern können auch benachbarte Geothermiebetreiber unterstützen. Der Energieversorger erhöht damit die Verfügbarkeit der eigenen Geothermieanlagen in und um München sowie die weiterer Anlagen in der Region. 

Da für Tauchpumpenmotoren eine Reihe von Betriebsspannungen verwendet werden können, muss der Frequenzumrichter mit der jeweiligen Motorspannung kompatibel sein. Der ACS 2000i hat eine standardisierte Schnittstelle zum Motor, zur bauseitigen Elektrotechnik und bei Bedarf zur übergeordneten Leittechnik und ist dadurch mit unterschiedlichen Pumpen und Motoren kompatibel. Die Anlage kann aber auch als autarkes System in einem Neu-Projekt zum Einsatz kommen und die ersten Pumptests an neuen Bohrlöchern ausführen. Hierfür ist eine eigenständige Steuerung für einen sicheren und unabhängigen Betrieb vorhanden. 

Der ACS 2000i ist kompakt in einem 44-Fuß-Seecontainer mit Lüftung und Klimatisierung untergebracht. (Quelle: SWM)

Der ACS 2000i ist kompakt in einem dichtgeschweißten 44-Fuß-Seecontainer mit Lüftung und Klimatisierung untergebracht. Der Container beinhaltet außerdem eine Schaltanlage für 10/20 kV Netzeinspeisung, eine aufwendige Klimatisierung (spezielle Ansaug- und Filterlösung, Kühlung/Heizung mittels Außenluft als auch Zusatzkühlung-Heizung mittels Klimagerät, spezielle Absaugverrohrung der Warmluft, aufwendige Steuerung für Kühlen und Heizen) sowie zahlreiche Steuerungskomponenten, um ihn mobil an allen Bohranlagen betreiben zu können. Er kann bei klimatischen Umgebungsbedingungen von –20 °C bis +45 °C betrieben werden. Mit einem Tieflader kann die Anlage flexibel und schnell überall dorthin transportiert werden, wo es zu einem Teil- oder Totalausfall eines vorhandenen Frequenzumrichters kommt oder Wartungsarbeiten anstehen.  

Flexibilität bei verschiedenen Spannungsniveaus

Bei dem 2000i mit einer Motorleistung von 2,3 MW und einer Netzspannung von 6,9 kV handelt es sich um ein bewährtes Gerät, das sich mittels vorkonfigurierter Optionen an die spezifische Anpassung anpassen lässt. Der Frequenzumrichter ist mit einem integrierten Eingangstransformator ausgestattet, der für das 10-kV- oder 20-kV-Netz umschaltbar ist. Durch die integrierte Lösung ist zusätzlicher Platz für einen Transformator im Container nicht erforderlich. 

Mit dem Frequenzumrichter können außerdem über das Motorkabel Messsignale von den Motoren und Pumpen wie Temperaturen, Schwingungen etc. ausgelesen werden. Dies geschieht über eine sogenannte Zenith-Box, bei der hochfrequente Signale auf das Motorkabel ein- und ausgekoppelt werden, und dies über eine Kabellänge von mehreren 100 Metern zu den tief in der Erde befindlichen Pumpen. 

Definierte Anfahr- und Abfahrkurven der Pumpen

Die Antriebseinheit sorgt für definierte Anfahr- und Abfahrkurven der großen Thermalwasserpumpen. Der Frequenzumrichter regelt den Pumpenmotor innerhalb der Pumpenkennlinie und bietet einen sicheren Überlast- und Unterlastschutz. Der Schutz gegen Überlastung ist erforderlich, um die Motorwicklungen vor dem Verbrennen zu bewahren. Da niedrige Durchflussraten eine ausreichende Kühlung des Motors verhindern, muss auch Schutz bei Unterlast gegeben sein. 

Die Laufräder der Pumpen sind so ausgelegt, dass sie in einem bestimmten Leistungsbereich effizient arbeiten. Ein Betrieb der Pumpen unterhalb ihrer Auslegungsleistung führt dazu, dass das Laufrad gegen den Diffusor stürzt, was zu einem Verschleiß der Lager und der Scheiben führt. Arbeiten die Pumpen oberhalb ihrer Auslegungskapazität, hebt sich das Laufrad gegen den oberen Teil des Diffusors und verursacht ähnlichen Verschleiß. Idealerweise sollte das Laufrad freischweben und dies über den gesamten empfohlenen Betriebsbereich tun.  

Neben einer erhöhten Verfügbarkeit und verbesserten Effizienz führt die Antriebstechnik auch zu weniger Blindleistung.

Mit einem Tieflader kann die Anlage flexibel und schnell zum Einsatzort transportiert werden. (Quelle: SWM)

Standardcontainer kundenspezifisch modifiziert

Das Service-Team von ABB Motion hat die mobile Containerlösung zusammen mit der Josef Weiß Elektrotechnik GmbH aus dem niederbayrischen Hunding entwickelt. Dafür wurde ein Standard-44-Fuß-Container so modifiziert, dass er den Vorgaben der SWM entspricht (zusätzliche Türen, Isolierung, Lärmschutzmaßnahmen, Installation einer Lüftungs- und Klimaanlage, Installation von Klemmstellen für 10/20 kV). Um die Anforderungen an die Klimatisierung zu erfüllen, wurden zahlreiche Versuche, Messungen und Veränderungen durchgeführt, um alle klimatischen Eventualitäten abdecken zu können. Anschließend wurde der Frequenzumrichter mit dem integrierten Trafo installiert. 

Ein Rufbereitschaftsvertrag mit ABB ermöglicht den SWM die Ersatzteilvorhaltung und einen umfangreichen Service zur schnellen Entstörung – ein wesentlicher Bestandteil der Geothermiestrategie des Energieversorgers. Beinhaltet ist auch eine garantierte Reaktionszeit von 24 Stunden, innerhalb derer ein ABB-Servicemitarbeiter bei den SWM eintreffen muss, um Support zu leisten. 

Die Münchner Wärmewende

Die Stadtwerke München (SWM), eines der größten deutschen kommunalen Versorgungs- und Dienstleistungsunternehmen, haben 2008 ihre Ausbauoffensive Erneuerbare Energien gestartet. 2012 haben sie diese um eine Fernwärme-Vision erweitert: Bis spätestens 2040 soll die Fernwärme der bayerischen Landeshauptstadt CO2-neutral sein, vor allem mittels Tiefengeothermie. Die SWM betreiben im Jahr 2023 in und um München sechs Geothermieanlagen. Vorbereitungen für den Bau der siebten Anlage auf dem Gelände des Michaelibads haben begonnen, Planungen für weitere Projekte laufen.