Architektur: Ein Roboter verbindet digitale und physische Welt

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Intuitive Schnittstellen und individuelle Produktion: Das Projekt Communication Landscapes verknüpft auf der Seoul Biennale of Architecture and Urbanism 2017 Mensch und Maschine für neue architektonische Möglichkeiten. Im Mittelpunkt steht dabei ein ABB-Roboter.<br />

Wie die vierte industrielle Revolution, digitales Handwerk und Mensch-Maschine-Schnittstellen die Städte der Zukunft prägen, präsentierte die diesjährige Seoul Biennale of Architecture and Urbanism in Südkorea. Mit der interaktiven Installation Communication Landscapes zeigten das internationale Architekturbüro HENN, die Digital Design Unit der Technischen Universität (TU) Darmstadt und ABB einen kollaborativen Ansatz für partizipatives Design in der Architektur. Das Projekt visualisiert die weitreichenden Auswirkungen neuer Technologien auf die Bauindustrie. Automatisierte, schlanke und saubere Produktionsmethoden ermöglichen eine Abkehr vom zentralisierten Industriemodell des 20. Jahrhunderts hin zu kleineren, dezentralisierten Produktionseinheiten vor Ort, die individuelle Bauteile effizient herstellen können.

„Das Verschwinden der gewöhnlichen Maus-Tastatur-Terminal-Konfiguration fördert eine engere Beziehung zur Maschine.“

Endlose Reihe individuell geformter Stücke

„Wir wollten eine Geschichte erzählen, welche die physische und digitale Welt über eine neue Schnittstelle verbindet sowie die Kollaboration von Mensch und Maschine hervorhebt“, schildert Prof. Dr.-Ing. Oliver Tessmann vom Fachbereich Architektur der TU Darmstadt. „Es ging nicht rein um Effizienzsteigerung, sondern darum, wie wir die Serienfertigung von vorgefertigten Bauteilen individualisieren und neue Technologien der Architektur noch zugänglicher machen können“, ergänzt Giovanni Betti, Senior Associate bei HENN. Beide sind sich einig: Mit der Robotik lassen sich neue gestalterische Möglichkeiten erschließen. Sinnbildlich hierfür steht Communication Landscapes.

Die Installation auf der Seoul Biennale bestand aus einem Mikrofon, einem Videobildschirm und einem ABB-Roboter. Die Besucher konnten in das Mikrofon sprechen, wobei ein speziell entwickelter Algorithmus eine dreidimensionale Darstellung der Stimme in Echtzeit erzeugte. Durch das Live-Feedback erfuhr der Sprecher instinktiv, wie er das virtuelle Objekt durch die Modulation seiner Stimme gestalten kann. Die finale Form schnitt dann der ABB-Roboter präzise mittels einer von der TU Darmstadt entwickelten Applikation aus einem Schaumstoffblock. Die Form ihrer Stimme erhielten die Besucher als Erinnerung. Die anderen Hälften wurden als Teil der Gesamtinstallation zu einer plastischen Wand zusammengefasst. Das Ergebnis ist eine endlose Reihe von individuell geformten Stücken, welche die Verbindung von digitaler und physischer Welt darstellen.

Feedback Loops in Echtzeit

Das Konzept zu Communication Landscapes entwickelte HENN. „Roboter können heutzutage hohe Präzision und Geschicklichkeit leisten. Das Ziel der Installation war es, zu zeigen, dass sie auch leicht über natürliche Schnittstellen gesteuert werden können, was den Kreis der Personen, die mit der Technologie interagieren können, erheblich erweitert. Bei HENN haben wir großen Wert darauf gelegt, ein intuitives System zu entwickeln, das nicht abschreckt, sondern eine größtmögliche Besucherbeteiligung bewirkt“, sagt Giovanni Betti.

Die technische Umsetzung sowie die Applikation und Programmierung des Roboters verantwortete die Digital Design Unit der TU Darmstadt. „Wir nutzen im Kern eine offene 3-D-Modellierungssoftware, die über ein Plug-in der Firma HAL Robotics mit dem ABB-Roboter verbunden ist“, beschreibt Oliver Tessmann den Aufbau. „Zukünftig werden wir nicht mehr nur am Computer mit dem Bildschirm als einzigem Interface arbeiten, sondern an physischen Modellen mit digitalen Informationen in Echtzeit. Das Verschwinden der gewöhnlichen Maus-Tastatur-Terminal-Konfiguration fördert eine engere Beziehung zur Maschine – wenn wir anfangen, sie zu berühren, mit ihr zu reden oder mit ihr zu manövrieren.“ Feedback Loops in Echtzeit würden dabei eine Überlagerung von digitaler und physischer Welt erlauben. Die Automatisierung werde die Werkzeuge der Architekten grundlegend verändern.

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