Digital auf dem richtigen Gleis

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Die Digitalisierung bietet großes Potenzial für den Schienenverkehr. In einem Pilotprojekt testen Deutsche Bahn und ABB welche Möglichkeiten die Digitalisierung bestehender Unterwerke bietet. Ziel ist es, die Aufwände für die Inspektion und die Instandhaltung zu reduzieren.

Die Deutsche Bahn und ABB loten seit längerer Zeit die Möglichkeiten aus, die die Digitalisierung im Bereich der Instandhaltung bietet. Im Frühjahr letzten Jahres starteten die beiden Partner ein Pilotprojekt: die Digitalisierung des Unterwerks Wörsdorf. Im ersten Schritt hat ABB das Umspannwerk mit Sensorik und Kommunikationstechnik ausgestattet. Im zweiten Schritt folgt eine auf zwei Jahre angelegte Testphase, um die Sensor-to-Edge-Plattform „StEP“ weiterzuentwickeln (siehe Infografik).

Passgenaues Monitoring der Komponenten

Das Unterwerk Wörsdorf, in einem Stadtteil von Idstein in Hessen gelegen, umfasst unter anderem zwei 110-kV-Transformatoren und sechs Leistungsschalter. ABB hat an beiden Transformatoren das Monitoring-System Core-Sense montiert. Es überwacht kontinuierlich verschiedene Gase im Transformatoröl, etwa den Wasserstoffgehalt. Ein Temperatursensor ergänzt die Datenbasis. Abweichungen von den Normwerten indizieren frühzeitig die meisten beginnenden Transformatorfehler, was den Wartungstechnikern ein schnelles Eingreifen ermöglicht. Die Leistungsschalter werden mittels eines Schaltermonitorings (Modular Switchgear Monitoring System; MSM) überwacht. Das MSM misst zum Beispiel die Schaltzeiten der Leistungsschalter, den Motorstrom und den Gasdruck. Besonders komfortabel: Alle Daten werden mittels TropOS-WLAN, einem anderen ABB-Produkt, direkt übertragen, in einer Remote Terminal Unit RTU540 gesammelt und zur Analyse aus der Ferne in ein cloud-basiertes ABB Asset Performance Management-System (APM-System) eingespeist.

Komfortable Auswertung der Daten

Die APM-Software hilft dem Kunden dabei, auf Basis der Daten den Zustand der Anlagen zu bewerten und erleichtert es ihm, diese entsprechend ihres Zustands bedarfsgerecht zu warten. Der Vorteil: Der Anwender bekommt alle gemessenen Daten aus der Anlage auf einen Blick visualisiert. Ein Ampelsystem zeigt ihm mit roten, gelben und grünen Punkten, wo akuter oder baldiger Handlungsbedarf besteht, und wo noch alles im Wortsinn „im grünen Bereich“ ist. Zudem liefert ihm das System Meldungen mit Handlungsempfehlungen.

PASCAL WEITZ

VERTRIEBSINGENIEUR DIGITALE UMSPANNWERKE

Alle Ansprechpartner zur Hand

Für ABB ist das Projekt wegweisend: „In dieser Zusammenstellung der Komponenten ist es die erste Installation von ABB weltweit“, erklärt Pascal Weitz, Vertriebsingenieur für Digitale Umspannwerke bei ABB. „Die Erfahrungen daraus können wir auch für Kunden aus anderen Branchen nutzen. Das Projekt ist ein wichtiger Meilenstein in der Digitalisierung von Bestandsanlagen und damit auch interessant für alle Übertragungs- und Verteilnetzbetreiber sowie für Industriebetriebe mit eigenem Umspannwerk.“

Alle vier Bereiche der ABB Power Grids, von Hochspannungsprodukten und Transformatoren über Grid Automation bis zur Grid Integration haben eng zusammengearbeitet. Die Zusammenarbeit

„In dieser Zusammenstellung der Komponenten ist es die erste Installation von ABB weltweit.“

hat für den Kunden den Vorteil, dass er im Projekt auf Experten aus allen Fachbereichen zugreifen kann, die seine projektspezifischen Fragen beantworten können.

TOBIAS STENZHORN

R&D INGENIEUR DIGITALISIERUNG VON UMSPANNWERKEN

Regelmäßiger Austausch gewinnbringend

Die Installation der Messgeräte im Unterwerk war nach einer Planungsphase und einem Testaufbau im Prüffeld bei ABB in Mannheim nach nur vier Monaten im Juni 2019 beendet. Seither läuft die zwei Jahre dauernde Partnerschaft zwischen der DB Energie und ABB, in der die Ergebnisse geteilt und gemeinsam evaluiert werden. Regelmäßige Workshops, etwa im ABB Ability Customer Experience (ACE) Center in Ladenburg, begleiten diese Phase. „Der Austausch mit dem Kunden ist uns sehr wichtig. Er hat so die Möglichkeit, seine Wünsche und Anforderungen direkt in unsere Weiterentwicklung des Produkt- und Lösungsportfolios einzubringen“, fasst Tobias Stenzhorn, R&D-Ingenieur für die Digitalisierung von Umspannwerken bei ABB, zusammen. In den Workshops diskutieren die Teilnehmer, welche weiteren Komponenten noch überwacht werden könnten und wo Optimierungsmöglichkeiten bestehen. Tobias Stenzhorn: „Beide Seiten lernen viel aus diesem Projekt. Um es weiterzuentwickeln, suchen wir stetig nach Verbesserungspotenzial.“ Läuft das Pilotprojekt erfolgreich, könnte dies Anlass für die Deutsche Bahn sein, weitere Unterwerke entsprechend auszustatten, aber auch für andere Kunden könnte die Digitalisierung ihrer Umspannwerke eine gewinnbringende Lösung sein.