125 Jahre ABB Deutschland – ein Unternehmen im Wandel der Geschichte

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Intro

Als im Juni 1900 das erste BBC-Werk in Mannheim-Käfertal seine Tore öffnete, begann eine Erfolgsgeschichte, die bis heute andauert. Was mit 400 Mitarbeitenden seinen Anfang nahm, entwickelte sich zu einem der bedeutendsten Technologieunternehmen Deutschlands. Die Geschichte von ABB Deutschland ist eng verwoben mit 125 Jahren deutscher Industriegeschichte – mit all ihren Umbrüchen und Neuanfängen. Die folgende Zeitreise zeigt, wie aus einem Schweizer Ableger ein deutsches Industrieunternehmen wurde, das heute als Teil eines globalen Konzerns die Zukunft mitgestaltet.

Gründung, frühe Expansion und erste Bewährungsproben

1900: Gründung in Mannheim – Der Beginn einer Erfolgsgeschichte
Gut zehn Jahre nach der Gründung der BBC im schweizerischen Baden hatte sich das eidgenössische Unternehmen mit seiner Expertise in der Elektrifizierung bereits einen Namen gemacht. Als die Stadt Mannheim ein Kraftwerk ordert, stellt sie eine entscheidende Bedingung: BBC muss in der Quadratestadt eine Fabrik eröffnen. So wird am 15. Juni 1900 das erste Werk in Mannheim-Käfertal mit 400 Mitarbeitenden eröffnet – damit beginnt die Geschichte von ABB in Deutschland und der Grundstein für 125 Jahre technologische Innovation ist gelegt.

 

Der Standort der BBC in Mannheim-Käfertal Anfang des 20. Jahrhunderts.

1900–1914: Rasantes Wachstum in der Industrialisierung
In einer Phase der rasanten Industrialisierung entwickelt sich das Mannheimer Werk schnell zu einem wichtigen Produktions- und Entwicklungsstandort. Für die Elektrifizierung der Städte werden Generatoren, Transformatoren und Verteileranlagen hergestellt. Mit der Entwicklung von Dampfturbinen beginnt bei BBC in Deutschland eine neue Epoche. Eine Werkshalle nach der anderen wird errichtet – und schon bald gibt es kaum eine Stadt in Deutschland, in der nicht Turbinen und Generatoren aus Mannheim für die Stromerzeugung sorgen.

1914–1930: Expansion trotz Kriegs- und Krisenzeiten
Obwohl die Rohstoffknappheit während des Ersten Weltkriegs und in den wirtschaftlichen Turbulenzen der Nachkriegszeit dem Unternehmen schwer zu schaffen machen, expandiert BBC in Deutschland. Die Übernahme der „Elektrotechnischen Fabrik Hugo Stotz“ 1919 legt den Grundstein für weiteres Wachstum. Während der Hyperinflation zahlt BBC den monatlichen Lohn in neun Raten aus: Möglichst noch am gleichen Tag mussten die Arbeiter ihr Geld in Waren umsetzen – denn einen Tag später verloren die Scheine bereits deutlich an Wert. Im Boom der Nachkriegsjahre steigt die Zahl der Mitarbeitenden auf knapp 10.000. Neue Werke in Lampertheim, Hanau-Großauheim und Dortmund werden errichtet.

In den 30er Jahren beginnt die Grundlagenforschung zur Hochspannungs-Gleichstromübertragung in Mannheim Käfertal.

1930–1939: Forschung und Entwicklung in schwierigen Zeiten
Trotz der Weltwirtschaftskrise und der politischen Umwälzungen in Deutschland setzt BBC auf Forschung und Entwicklung. Die Grundlagenforschung zur Hochspannungs-Gleichstromübertragung (HGÜ) am Mannheimer Standort beginnt – ein Technologiefeld, das später große Bedeutung erlangt.

1939–1945: Zäsur durch den Zweiten Weltkrieg
In den dunklen Jahren des Zweiten Weltkriegs erlebt BBC in Deutschland eine tiefgreifende Zäsur: Als Teil der deutschen Kriegswirtschaft wird das Unternehmen zur Umstellung auf kriegsrelevante Produktion gezwungen – während gleichzeitig versucht wird, Kernkompetenzen in der Energietechnik zu bewahren. Die Verbindung zum Schweizer Mutterkonzern wird zu einem wichtigen Stabilitätsanker für die Unternehmensidentität. Während des Kriegs erleiden die Produktionsanlagen in Mannheim und anderen Standorten durch alliierte Luftangriffe schwere Schäden, und gegen Kriegsende kommt die Fertigung nahezu zum Erliegen. Nach 1945 beginnt der mühsame Wiederaufbau.

Während des Zweiten Weltkrieges wird unter anderem das Werk in Mannheim durch Luftangriffe schwer beschädigt. 1945 beginnt der Wiederaufbau.

Vom Produktionsstandort zum Technologiezentrum

1945–1960: Wiederaufbau und Wirtschaftswunder
Nach der Währungsreform 1948 beginnt der Aufschwung. 1949 zählte die deutsche BBC bereits wieder knapp 15.000 Mitarbeitende. Das Unternehmen spielt eine zentrale Rolle beim Wiederaufbau der Energieinfrastruktur in Deutschland. BBC-Turbinen und Generatoren bilden das Herzstück vieler neuer Kraftwerke der Nachkriegszeit, während erste elektronische Steuerungssysteme entwickelt werden. Der Wandel vom reinen Produktionsstandort zum Innovationszentrum beginnt: Investitionen in Forschung und Entwicklung legen den Grundstein für die technologische Führungsrolle, die Deutschland im BBC-Konzern einnehmen sollte.

Nach dem Zweiten Weltkrieg spielt BBC eine entscheidende Rolle beim Wiederaufbau. Die Zahl der Mitarbeitenden steigt.

1960–1970: Investitionen in die Zukunft der Arbeitswelt
BBC Deutschland betritt das Feld der digitalen Steuerungstechnik und installiert frühe computergestützte Systeme in Industrieanlagen. In einer Phase dynamischen Wachstums prägen Expansion und Innovation das Bild der BBC: 1969 übernimmt BBC den Geschäftsbereich Elektro der Firma Busch-Jaeger in Lüdenscheid – ein bis heute erfolgreicher Unternehmenszweig. Währenddessen entsteht in Mannheim der architektonisch revolutionäre Wabenbau mit einem innovativen Arbeitsplatzkonzept für 1.700 Mitarbeitende. Während viele Unternehmen aufgrund der beginnenden Wirtschaftskrise Investitionen zurückfahren, setzt BBC auf ein Zukunftskonzept. Die strategische Übernahme der Calor-Emag Elektrizitäts-AG in Ratingen stärkt die Position im Energiesektor durch wertvolle Expertise in der Schaltanlagen- und Hochspannungstechnik.

Die Ausdehnung des Werks in Mannheim-Käfertal in den 60er Jahren.

Als Bildungspionier engagiert sich BBC 1974 als Mitbegründer der Berufsakademie Mannheim – heute die DHBW – und investiert in die Fachkräfte der Zukunft. Die globalen Ölkrisen und der beginnende Strukturwandel der deutschen Industrie zwingen BBC jedoch zur Neuorientierung. Das Unternehmen reagiert mit verstärkten Investitionen in Energieeffizienz und Automatisierungstechnologie – Bereiche, die zu Kernkompetenzen von ABB werden sollten und die Grundlage für den späteren Erfolg im Bereich der Industrierobotik sind.

Strukturwandel und globaler Wettbewerb

1988: Die Fusion – Geburtsstunde der ABB
Am 5. Januar 1988 wird aus zwei Unternehmen ein globaler Technologieführer: Die schwedische ASEA und die schweizerische BBC (Brown, Boveri & Cie) schließen sich zur Asea Brown Boveri (ABB) zusammen. Diese Fusion zweier traditionsreicher Elektrotechnikkonzerne, die beide auf eine fast 100-jährige Geschichte zurückblickten, ist die Antwort auf die zunehmende Globalisierung und den verschärften internationalen Wettbewerb.

Aus ASEA und BBC wird 1988 ABB: Im Juni bekommt das Werk in Mannheim-Käfertal ein neues Logo.

Der Zusammenschluss vereint die Stärken von ASEA in der Automatisierungstechnik mit der führenden Position von BBC in der Energietechnik. Für den deutschen Standort bedeutet die Fusion einen Wendepunkt: Die BBC-Werke in Mannheim, Heidelberg, Ratingen und anderen deutschen Städten werden zu zentralen Säulen des neuen Konzerns. Mit rund 35.000 Mitarbeitenden in Deutschland entsteht ein Technologiezentrum von europäischer Bedeutung. Die Integration beider Unternehmenskulturen stellt eine Herausforderung dar, bietet aber auch neue Perspektiven für Innovation und Wachstum.

Vom Kraftwerksbau zum Weltmarktführer im Bereich Automation: Durch die Fusion von BBC und ASEA entwickelt sich ABB weiter.

1988–2000: Transformation nach der Fusion
Die Jahre nach der Fusion sind geprägt von tiefgreifenden Umstrukturierungen. Deutschland profitierte besonders von der Neuausrichtung als Kompetenzzentrum für Energietechnik und industrielle Automatisierung. Durch die erfolgreiche Integration von BBC- und ASEA-Technologien wird ABB zum Marktführer in mehreren Segmenten. Die Gründung und Einweihung des Forschungszentrums in Heidelberg im Jahr 1994 stellt einen Meilenstein der Unternehmensgeschichte in diesen Jahren dar: Innovation bei ABB wird ab sofort an einem Ort gebündelt.

Ein Meilenstein für ABB: 1994 wird in Heidelberg das neue Forschungszentrum eingeweiht. Zu Gast: der damalige Bundeskanzler Helmut Kohl.

2000–2025: Digitale Transformation und Nachhaltigkeit
ABB Deutschland vollzieht den Wandel vom klassischen Elektrotechnikunternehmen zum Vorreiter der industriellen Digitalisierung. Die Energiewende wird zum Innovationskatalysator, und Technologien für intelligente Netze, erneuerbare Energien und Energieeffizienz – viele davon in Deutschland entwickelt – werden zu globalen Exportschlagern. Den Herausforderungen der COVID-19-Pandemie stellt ABB seine historisch gewachsene Widerstandsfähigkeit entgegen.

125 Jahre ABB Deutschland – das nächste Kapitel beginnt

Nach 125 Jahren steht ABB Deutschland heute an der Schwelle zu einem neuen Kapitel. Herausforderungen wie der Klimawandel und die digitale Transformation erfordern innovative Lösungen, zu denen wir maßgeblich beitragen. Mit unserer Expertise sind wir bestens gerüstet, um die Industrie der Zukunft zu gestalten.

Was vor 125 Jahren in einer Werkshalle in Mannheim begann, ist heute ein hochmodernes Technologieunternehmen mit Standorten in ganz Deutschland und tausenden hochqualifizierten Beschäftigten. Doch trotz aller Veränderungen ist eines konstant geblieben: unsere Fähigkeit, uns immer wieder neu zu erfinden und mit den Anforderungen der Zeit zu gehen. Diese Anpassungsfähigkeit und der Mut zu visionären Entscheidungen hat ABB Deutschland durch 125 Jahre getragen – und wird auch in Zukunft der Schlüssel zum Erfolg sein.

Dabei wollen wir auch weiterhin technologische Grenzen verschieben, um eine nachhaltigere und effizientere Welt zu schaffen. Die Geschichte von ABB Deutschland ist damit nicht nur ein Spiegel der Vergangenheit, sondern auch ein Versprechen an die Zukunft: Wir werden weiterhin Pionierarbeit leisten und Lösungen für die Herausforderungen unserer Zeit entwickeln.