Brandgefahr in E-Busdepots: real oder zu heiß gekocht?

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Stuttgart 2021. Düsseldorf 2021. Hannover 2022. Drei Städte, drei Brände von Elektrobus-Depots. Zahlreiche Medienberichte und die Frage: Wie hoch ist die Brandgefahr in der Elektromobilität wirklich? Was sind Vorurteile und wo liegen reale Gefahren?  

Offizielle Statistiken zu Häufigkeit, Ursachen und Schäden von Bränden in deutschen Busdepots gibt es bisher nicht. Betrachtet man die Fahrzeugseite werden Elektrobusse bzw. deren Batterien im Vergleich zu Dieselbussen nur sehr selten als Auslöser eines Feuers durch die Behörden bestätigt. Erst mal nicht überraschend, schließlich sind noch deutlich mehr Busse mit Verbrennungsmotoren im Einsatz.

ADAC und GDV bestätigen: Brandrisiko von E-Fahrzeugen nicht höher

Mehr Erkenntnisse liegen hingegen für E-Autos vor. Hier bestätigen aktuelle Untersuchungen des ADAC und des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV), dass das Brandrisiko nicht höher ist als bei konventionellen Verbrennern. Ähnliches lässt sich auch für Nutzfahrzeuge annehmen. Um die Brandgefahr besser einschätzen zu können, lohnt es sich, zwei Faktoren genauer zu betrachten: Den Akku und das Depot, also den Ladeort.

Elektrobusse und ihre Batterien

Die in Bussen verwendeten Akkus sind mit 200 bis 500 kWh in der Regel besonders leistungsstark und haben ein Gewicht von bis zu vier Tonnen.  Deshalb bringen sie spezielle sicherheitsrelevante Eigenschaften mit. In seltenen Fällen kann es durch mechanische Einwirkungen (z. B. Unfälle) oder unsachgemäße Behandlung (z. B. beim Laden) dennoch zu Ausfällen oder Defekten kommen.

Führt ein Unfall tatsächlich zur Verformung des Akkus, kann es zu selbstverstärkenden chemischen Abläufen innerhalb der Batteriezellen, einem Thermal Runway, kommen. Mögliche Folgen sind Überhitzung, ein Brand mit extremer Hitze, der Austritt giftiger Emissionen.

Technische Sicherheit durch Batterie-Management-Systeme

Nicht zuletzt deshalb sorgen Batterie-Management-Systeme (BMS) standardmäßig für Sicherheit, etwa durch das automatische Kühlen der Akkuzellen während des Ladens. Oder im Falle eines Problems mit der sofortigen Unterbindung des Stromzuflusses an den Akku. Der ADAC spricht hier von der „Eigensicherheit“ der elektrischen Komponenten in E-Fahrzeugen. Um mögliche Warnhinweise direkt an Fachpersonal übermitteln zu können, lässt sich das BMS an ein depoteigenes Überwachungssystem anbinden.

Übrigens: Fahrzeughersteller verbauen die Batterien inzwischen wesentlich robuster und geschützter als noch vor einigen Jahren, so dass diese selbst bei Unfällen meist unbeschädigt bleiben. Dass Antriebsbatterien sogar massiven Deformationen standhalten können, zeigen E-Auto-Crashtests der Sachverständigenorganisation DEKRA aus dem Jahr 2019. Die Hochvoltsysteme der Fahrzeuge schalteten sich nach den simulierten Frontalunfällen absolut zuverlässig ab. Es kam in keinem Fall zu einem Brand.

Wenn Akkus dennoch brennen sollten …

Experten sind sich einig, dass Batterien von Elektrobussen sehr sicher sind und ein Bündel von Maßnahmen diese Sicherheit zuverlässig gewährleisten kann. Was aber, wenn es doch mal brennt? Grundsätzlich arbeitet die Feuerwehr auch bei brennenden E-Fahrzeugen mit konventionellen Mitteln, also Löschwasser. Das bestätigt der Deutsche Feuerwehr Verband in seinen Empfehlungen. Es gibt jedoch Unterschiede in der konkreten Brandbekämpfung: Zwar können bereits brennende Zellen in einem Akkusystem nicht gelöscht werden, durch permanente Wasserzufuhr werden aber die anderen noch nicht verbrannten Zellen so lange gekühlt, dass der Thermal Runaway unterbrochen und eine weitere Entzündung verhindert wird.

Brandschutz im Busdepot

Laut Marcel Hommens, Brandschutzexperte von Defensio Ignis, ist eine der effektivsten Maßnahmen ein vergrößerter Abstand zwischen den stehenden Fahrzeugen, um den schnellen Übersprung im Falle eines Feuers zu vermeiden. Ebenso wichtig ist die Unterteilung eines Depots in mehrere Brandschutz-Abschnitte, etwa durch Brandschutzwände. So lassen sich mögliche Brände auf einen engeren Raum begrenzen und die Bekämpfung wird vereinfacht.

Neben Sprinkleranlagen sowie Rauch- und Brandmeldesystemen gibt es eine ganze Reihe von zusätzlichen Investitionen, die die Sicherheit eines Depots erhöhen können: Zum Beispiel spezielle Ansaug-Rauchmelder direkt an den Ladesäulen bzw. in der Depothalle. Diese erkennen selbst geringste Rauchkonzentrationen, sorgen für die sofortige Stromabschaltung und melden den Vorfall an die Verantwortlichen vor Ort. Ebenso lassen sich Be- bzw. Entlüftungssysteme installieren, die die Ausbreitung von Rauch und Giftstoffen verhindern.

Wartung, Sorgfalt und Aufmerksamkeit

Auch für die Technik der Ladeinfrastruktur gibt es wichtige Brandschutz-Vorgaben. Neben der regelmäßigen Wartung ist die korrekte, sachgemäße Bedienung durch das Personal relevant. Sowohl die Fahrer als auch das Depot-Personal sollten über alle Aspekte der Prävention sowie über das Ablaufprotokoll im Falle eines Brandes regelmäßig informiert und durch Fachleute professionell geschult werden. Dass der Ladevorgang selbst eine zusätzliche Gefahr darstelle, stimmt übrigens nicht, wie diverse Untersuchungen, darunter vom VDI (Verein Deutscher Ingenieure), zeigen.

Was bleibt vom Mythos Depotbrand durch E-Busse?

Weder Expertenmeinungen noch aktuelle Statistiken lassen den Schluss zu, dass E-Fahrzeuge zu mehr oder schwereren Depotbränden führen.

Klar ist: Risiken können nie ganz ausgeschlossen werden und die E-Mobilität stellt Betreiber vor neue Herausforderungen. Durch Information, Aufklärung, klare Regeln und adäquate Investitionen lassen sich diese aber beherrschen.

Werden die Maßnahmen zur Risikominimierung berücksichtigt, ist von keiner Risikoerhöhung durch den Einsatz von E-Bussen auszugehen. Aus heutiger Sicht schätzen wir die Eintrittswahrscheinlichkeit eines Brandes durch den Elektromotor als sehr gering ein."

Dr. Georg Scholzen, Brandschutzexperte bei der Provinzial Versicherung