Mit Netzu­mschaltung Strom­versorgung sichern

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Ein schnelles Umschaltspiel ist im Fußball, Eishockey und Basketball oft entscheidend für Sieg oder Niederlage. Doch nicht nur im Sport, auch bei der zuverlässigen Stromversorgung spielt schnelles Umschalten eine zentrale Rolle. Bisher blieb Deutschland von Blackouts, also großflächigen Stromausfällen, verschont. Laut Bundesnetzagentur war die Stromversorgung in Deutschland pro Verbraucher im Jahr 2022 nur für ca.12,2 Minuten unterbrochen. Das sind international betrachtet Spitzenwerte – Deutschland gilt als äußerst versorgungssicher. Doch gehen Experten davon aus, dass lokale und regionale Stromausfälle durch den Klimawandel in den kommenden Jahren zunehmen werden. Denn die Häufigkeit und die Heftigkeit von Unwettern steigt. Und damit auch die Wahrscheinlichkeit von Stromausfällen, die etwa durch auf Stromleitungen umgestürzte Bäume versursacht werden. Abhilfe schaffen Systeme zur Netzumschaltung.

Netzumschaltungsanlagen – keine USV

Netzumschaltanlagen sind für das Umschalten zwischen verschiedenen Stromquellen konzipiert und akzeptieren eine kurze Unterbrechung, während USV-Anlagen (USV = unterbrechungsfreie Stromversorgung) eine sofortige und unterbrechungsfreie Stromversorgung bei Ausfällen bieten, typischerweise für eine kürzere Dauer und für kritischere Lasten.

Netzumschaltungsanlagen: Schnelles Switchen auf Notstromversorgung

Bei Anbietern von kritischen Infrastrukturen, etwa Krankenhäuser, Rechenzentren oder Telekommunikation, sind Notstromversorgungen und redundante Systeme bereits Teil des Risiko- und Krisenplans. Sie haben Netzumschaltanlagen im Einsatz, um im Notfall eine zuverlässige Stromversorgung gewährleisten zu können. Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) rät in einem Leitfaden, Treibstoffvorräte – etwa Diesel für das Betreiben von Notstromgeneratoren – für mindestens 72 Stunden bereitzuhalten, um den Betrieb über eine Notstromversorgung sicherzustellen. Welche Rolle spielen Netzumschaltanlagen hierbei konkret?

Mit Netzumschaltung Stromausfälle überbrücken

Netzumschaltanlagen ermöglichen es, die Energieversorgung einer Anlage zwischen verschiedenen Stromquellen umzuschalten. Diese Umschaltung kann manuell oder automatisch erfolgen und dient dazu, eine kontinuierliche und zuverlässige Stromversorgung zu gewährleisten, insbesondere in Situationen, in denen die primäre Energiequelle ausfällt oder Wartungsarbeiten durchgeführt werden müssen.

Bei automatischen Netzumschaltungen, wie sie in kritischen Infrastrukturen wie Krankenhäusern oder Rechenzentren zum Einsatz kommen, erkennt das System einen Ausfall oder eine Störung in der Stromversorgung und schaltet nahtlos auf eine alternative Energiequelle um, die in der Regel ein Notstromaggregat oder eine andere externe Stromquelle ist. Solche Systeme sind entscheidend, um die Betriebskontinuität und Sicherheit zu gewährleisten.

Netz­umschaltung und Energie­management

Doch kommen Netzumschaltungen nicht nur bei geplanten oder ungeplanten Stromausfällen zum Einsatz. Netzumschaltanlagen können auch Teil eines intelligenten Energiemanagementsystems sein, das verschiedene Energiequellen wie das öffentliche Stromnetz, erneuerbare Energiequellen und Batteriespeichersysteme integriert, um Effizienz und Nachhaltigkeit zu optimieren. Zu den Anwendungsbereichen zählen:

  • Integration erneuerbarer Energien: In Systemen, die erneuerbare Energiequellen wie Solarenergie oder Windenergie nutzen, ermöglichen Netzumschaltungen einen reibungslosen Übergang zwischen der Energie aus erneuerbaren Quellen und dem herkömmlichen Stromnetz. Dies gewährleistet eine konstante Versorgung, auch wenn die erneuerbare Energiequelle aufgrund von Wetterbedingungen oder anderen Faktoren nicht verfügbar ist.
  • Lastmanagement: In industriellen oder kommerziellen Anlagen, wo der Energiebedarf stark schwanken kann, unterstützen Netzumschaltanlagen das Lastmanagement. Sie können so programmiert werden, dass sie bei Spitzenlastzeiten automatisch auf eine alternative Energiequelle umschalten, um die Belastung des Hauptstromnetzes zu verringern und Kosten zu senken.
  • Energieeffizienz und Kostenreduzierung: Intelligente Energiemanagementsysteme nutzen Netzumschaltungen, um zwischen verschiedenen Energiequellen basierend auf deren Verfügbarkeit und Kosten zu wechseln. Dies kann zu einer Optimierung der Energiekosten führen, indem beispielsweise während kostengünstigerer Tarifzeiten Strom aus dem Netz bezogen wird.
  • Netzstabilität und Energiemix: In Regionen, in denen das Stromnetz instabil ist oder wo ein diversifizierter Energiemix verwendet wird, helfen Netzumschaltanlagen, die Stabilität und Zuverlässigkeit der Stromversorgung zu verbessern, indem sie bei Bedarf zwischen verschiedenen Energiequellen wechseln.

Netzumschaltungen von Netz-Netz Anwendungen und Netz-Generator

Im Kontext der Netzumschaltung muss zwischen “Netz-Netz Umschaltung” und “Netz-Generator Umschaltung” unterschieden werden. Sie unterscheiden sich hinsichtlich der Quellen, zwischen denen umgeschaltet wird:

  • Netz-Netz Umschaltung: Diese Art der Umschaltung findet zwischen zwei verschiedenen Netzstromquellen statt. Das heißt, die Stromversorgung wird von einer Hauptstromquelle zu einer alternativen Quelle umgeschaltet, die beide an das elektrische Versorgungsnetz angeschlossen sind. Dies kann in Szenarien nützlich sein, in denen es zwei separate Versorgungsnetze gibt, wie beispielsweise in einigen Industrieanlagen oder großen Gebäuden, die eine besonders zuverlässige Stromversorgung benötigen. Bei einem Ausfall oder einer Störung in einem Netz wird automatisch auf das andere Netz umgeschaltet.
  • Netz-Generator Umschaltung: Bei dieser Umschaltungsart wird zwischen der Hauptstromversorgung aus dem Netz und einem lokalen Generator, wie einem Dieselgenerator, umgeschaltet. Dies ist häufig in Notstromsystemen zu finden, die bei einem Ausfall der Netzstromversorgung aktiv werden. In Krankenhäuser, Datenzentren und andere kritische Einrichtungen wird zwischen sehr kritischer und kritischer Infrastruktur unterschieden. Sie nutzen USV-Anlagen in sehr kritischen Bereichen und Netz-Generator-Umschaltungen in den anderen Bereichen um sicherzustellen, dass im Falle eines Stromausfalls eine entweder ununterbrochene oder eine schnell wiederkehrende Stromversorgung gewährleistet wird. Die Umschaltung erfolgt automatisch und oft so schnell, dass die angeschlossenen Geräte und Systeme kaum eine Unterbrechung in der Stromversorgung bemerken.

Netzumschaltungen: offen oder geschlossen

Beim Wechsel zwischen den Stromquellen in einer Netzumschaltanlage wird zwischen einer offenen und einer geschlossenen Netzumschaltung unterschieden. Beide Ansätze haben spezifische Eigenschaften und werden je nach Anforderung an die Stromversorgung und Sicherheit gewählt:

  • Offene Netzumschaltung (Open Transition): Bei einer offenen Netzumschaltung gibt es eine kurze Unterbrechung der Stromversorgung während des Umschaltvorgangs. Wenn von der Hauptstromquelle auf die Ersatzquelle (oder umgekehrt) umgeschaltet wird, wird die Verbindung zur ersten Quelle vollständig getrennt, bevor die Verbindung zur zweiten Quelle hergestellt wird. Diese kurze Unterbrechung, die in der Regel nur wenige Sekunden oder Millisekunden dauert, ist in vielen Anwendungen akzeptabel, jedoch nicht dort, wo eine kontinuierliche Stromversorgung unbedingt erforderlich ist, wie in kritischen Bereichen in Krankenhäusern oder Datenzentren. Die sekundäre Infrastruktur, wie z.B. das Belüftungssystem, kann oftmals eine kurze Unterbrechung beim Wechsel der Quellen aushalten.
  • Geschlossene Netzumschaltung (Closed Transition): Bei der geschlossenen Netzumschaltung erfolgt der Wechsel zwischen den Stromquellen ohne Unterbrechung. Hierbei überlappen sich die Verbindungen zu den beiden Stromquellen für eine kurze Zeit. Das bedeutet, für einen Moment sind beide Quellen gleichzeitig verbunden, bevor die alte Verbindung getrennt wird. Diese Methode wird in kritischen Anwendungen eingesetzt, in denen selbst eine sehr kurze Unterbrechung der Stromversorgung nicht toleriert werden kann. Die geschlossene Umschaltung ist technisch komplexer und teurer als die offene Umschaltung.

Die Wahl zwischen offener und geschlossener Netzumschaltung hängt von den spezifischen Anforderungen der Anlage und der Bedeutung der kontinuierlichen Stromversorgung für den jeweiligen Betrieb ab.

Auch bei der Art und Weise, wie die Umschaltung von einer Stromquelle auf eine andere erfolgt, gibt es Unterschiede. Zu den Umschaltmethoden zählen manuelle, motorisierte und automatische Umschaltungen (Automatic Transfer Switch, ATS). Jeder Ansatz hat spezifische Anwendungsbereiche und Vorteile.

Bei der manuellen Umschaltung muss ein Bediener physisch einen Schalter betätigen, um die Stromquelle zu wechseln. Diese Art der Umschaltung macht für einfache oder kleinere Anlagen Sinn, wo es kein kritisches Erfordernis für eine schnelle oder häufige Umschaltung gibt. Dazu zählen etwa kleine Gewerbebetriebe, bei denen die Stromversorgung nicht kontinuierlich kritisch ist und es praktikabel ist, dass jemand vor Ort ist, um den Umschaltvorgang manuell durchzuführen.

Motorisierte Umschaltungen verwenden einen elektrisch betriebenen Mechanismus, um den Umschaltvorgang durchzuführen. Im Gegensatz zur manuellen Umschaltung erfordert dieser Prozess keine direkte physische Einwirkung eines Bedieners, kann aber dennoch manuell gesteuert werden, oft über Fernsteuerungssysteme. Diese Art der Umschaltung findet man häufig in mittleren bis größeren Anlagen, wie mittelgroßen Industriebetrieben, wo die Notwendigkeit einer schnelleren Umschaltung besteht, aber eine vollständige Automatisierung noch nicht erforderlich ist.

Die Königsklasse ist die automatische Netzumschaltung (ATS). Sie bietet die fortschrittlichste Form der Umschaltung. Hierbei erfolgt der Wechsel zwischen den Stromquellen vollautomatisch, ohne dass menschliches Eingreifen erforderlich ist. ATS-Systeme werden typischerweise in kritischen Anwendungen eingesetzt, wie in Krankenhäusern, Datenzentren und wichtigen industriellen Anlagen, bei denen eine verlässliche Stromversorgung entscheidend ist. Diese Systeme erkennen automatisch einen Stromausfall oder eine Störung der Hauptstromquelle und schalten dann sofort auf die Ersatzstromquelle um, wodurch die Kontinuität und Sicherheit der Stromversorgung gewährleistet wird.

Die Auswahl zwischen manuellen, motorisierten und automatischen Umschaltungen (ATS) ist abhängig von Faktoren wie der Größe der Anlage, der Wichtigkeit einer zuverlässigen Stromversorgung und der Verfügbarkeit von Personal zur Überwachung des Systems. Manuelle Umschaltungen sind kostengünstig und einfach, aber weniger schnell. Motorisierte Umschaltungen bieten mehr Bequemlichkeit und Schnelligkeit, während ATS-Systeme die höchste Zuverlässigkeit und Automatisierung für kritische Anwendungen bieten.

Back to normal: Synchronisierte Rückschaltung

Ist die primäre Stromversorgung wieder hergestellt, muss von der Ersatzstromquelle – etwa einem Generator – wieder zurück auf die Hauptstromquelle – in der Regel das öffentliche Stromnetz – geschaltet werden. Bei komplexen Anlagen kommen Systeme für die synchronisierte Rückschaltung zum Einsatz. Der Hauptvorteil der synchronisierten Rückschaltung liegt in der Minimierung von Stromunterbrechungen und Schwankungen während des Umschaltvorgangs. Durch die Synchronisation wird sichergestellt, dass die Frequenz und Phase der Stromquelle, auf die zurückgeschaltet wird, genau mit denen der laufenden Quelle übereinstimmen. Dies ist entscheidend in sensiblen Umgebungen wie Krankenhäusern, Datenzentren oder Industrieanlagen, wo selbst geringste Stromschwankungen schwerwiegende Auswirkungen haben können.

Ein weiterer Vorteil ist die Schonung der Ausrüstung. Durch die präzise Synchronisierung werden Spannungsspitzen und elektrische Stöße, die bei nicht synchronisierten Schaltungen auftreten können, vermieden. Dies trägt zur längeren Lebensdauer der elektrischen Geräte und Anlagen bei und kann Wartungskosten reduzieren.

Allerdings bringt die synchronisierte Rückschaltung auch Nachteile mit sich. Dazu zählt die Komplexität des Systems. Synchronisierte Umschaltungen erfordern fortgeschrittene technische Ausrüstungen und Steuerungssysteme, was zu höheren Anschaffungs- und Installationskosten führt. Zudem bedarf es in der Regel eines höheren Wartungsaufwands und spezialisierte Fachkenntnisse für den Betrieb und die Instandhaltung dieser Systeme.

Von der Theorie zur Praxis – die Lösungen von ABB

ABB bietet je nach Anforderung und Einsatzbereich ein umfassendes Portfolio für die Netzumschaltung:

Manuelle Umschalter:
Spart Installationszeit und Kosten, bietet optimale Raumnutzung und hohe Leistung. Der ideale Umschalter für unkritische Anwendungen und kleinere Betriebe.

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Motorbetriebene Umschalter:
Kompaktes Design, einfache Verdrahtung und ein wartungsfreier Motor. Das ist unsere OTM- Reihe. Die optimale Lösung für Installationen, die den Fernbetrieb erfordern.

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Automatische Umschalter bis 125 A:
Der Compact ATS von ABB ist eine innovative, kostengünstige Komplettlösung, die einfache Bedienung mit hoher Funktionalität und Performance verbindet.

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Automatische Umschalter von 200 bis 1600 A:
Der weltweit erste automatische Umschalter (ATS), der Schalter und Steuerung nahtlos in einer Einheit vereint. TruONE stellt sicher, dass die vollautomatische Notstromversorgung jederzeit gewährleistet ist.

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Integriertes System automatischer Transferschalter (ATS):
Das integrierte ATS-System erleichtert die Überwachung, Steuerung und Kommunikation in Stromnetzen.

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