Höhere Auslastung zur Netz­stabilisierung: ABB elektrifiziert Prototypen der maxcap-Windkraftanlagen

Die speziell für hohe Vibrationsbelastungen ausgelegten IS2 Schaltschränke von ABB mit integriertem Erdbebenkit und die leistungsstarken SACE Leistungsschalter bilden das Herzstück der Umrichtertechnik in der Gondel.
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ABB-Lösungen sind die ideale Wahl für die vibrationssichere Elektrifizierung in Windkraftanlagen: Für den Prototypenbau der innovativen maxcap-Windkraftanlagen setzte windwise auf die robusten Automationsschränke und Niederspannungskomponenten von ABB. Die speziell für hohe Vibrationsbelastungen ausgelegten IS2 Schaltschränke mit integriertem Erdbebenkit und die leistungsstarken SACE Leistungsschalter bilden das Herzstück der Umrichtertechnik in der Gondel. Die zuverlässige Elektrifizierung durch ABB unterstützt die maxcap-Technologie, die durch ihre fortschrittliche Steuerung eine höhere Netzstabilität bei negativen Strompreisen erreicht und mit verbessertem Kapazitätsfaktor maßgeblich zur Energiewende beiträgt.

Die Transformation unserer Energiesysteme hin zu erneuerbaren Energien stellt Ingenieure vor immer neue Herausforderungen. Denn bei der Energiewende geht es nicht nur um die nachhaltige Stromerzeugung an sich: Insbesondere bei Windkraftanlagen kommt es vor allem auf die intelligente Integration der erzeugten Energie in die bestehenden Stromnetze an.

Mit der Entwicklung der Windenergieanlage maxcap hat windwise eine neue Anlagengeneration geschaffen, die dank innovativer Umrichtertechnik und optimierter Software genau diese Anforderungen erfüllt. Die modernen Umrichter reagieren dabei flexibel auf geänderte Netzbedingungen, sodass sich die Energieeinspeisung präzise steuern lässt. So punkten die maxcap-Windkraftanlagen in Bezug auf negative Strompreise. Wenn mehr Strom produziert als verbraucht wird, bedeutet das für Windkraftanlagen Betreiber Verluste – nicht so allerdings bei maxcap: Die Einspeisung wird in diesem Fall ganz einfach reduziert oder unterbrochen, sodass die überschüssige Energie entweder zwischengespeichert oder für andere Zwecke genutzt werden kann – etwa für die Produktion von grünem Wasserstoff. Statt Verlust zu schreiben, können Betreiber von maxcap-Windkraftanlagen deren Potenzial vollumfänglich nutzen und profitieren von einem erhöhten Kapazitätsfaktor. Diese Verbesserungen machen die maxcap-Anlagen nicht nur netzfreundlicher, sondern auch zu einem wichtigen Baustein für die Energiewende.

„Unsere Windkraftanlagen stärken nicht nur technologisch, sondern auch wirtschaftlich die Position der Windkraft als Grundstein einer neuen Anlagengeneration im Klimawandel.“

Markus Becker, Geschäftsführer von windwise

Ein besonderes Merkmal des maxcap-Konzepts ist dabei das innovative Lizenzmodell. So können auch Unternehmen, die bislang noch keine Erfahrungen mit Windenergie haben, zu Anlagenbauern werden – indem sie vom Know-how der windwise-Ingenieure profitieren. Dies trägt zur globalen Verbreitung dieser nachhaltigen Technologie bei.

ABB liefert robuste Elektrifizierungslösungen

Für die Realisierung der anspruchsvollen Umrichtertechnik in den maxcap-Anlagen brauchte es innovative Technik, die den extremen Bedingungen in der Gondel einer Windkraftanlage standhält. Dabei entschied sich windwise für die Automatisierungslösungen von Technologieführer ABB. Im Juli 2023 startete das Projekt, bei dem ABB folgende Komponenten für die maxcap-Windkraftanlagen lieferte:

  •  Insgesamt acht IS2 Automationsschränke jeweils vier in den Größen 2200x800x400mm (HxBxT) sowie 2200x800x600mm (HxBxT) für die Umrichtertechnik pro Windkraftrad. Diese wurden als Block angereiht sowie Rücken an Rücken montiert, sodass die Gesamtabmessungen bei 2200x3200x1600mm (HxBxT) lagen.
  • AS0001 Erdbebenkits für die Automationsschränke zur Stabilisierung gegen auftretende Vibrationen sowie Querstreben vom Typ EB zur zusätzlichen Verstärkung
  • SACE Leistungsschalter der Baureihe Tmax XT6 sowie Sicherungslasttrennschalter vom Typ XLP000
  • AF-Schütze in Kombination mit MO132 Motorstartern sowie MS325 Motorschutzschaltern
  • Diverse Reiheneinbaugeräte wie zum Beispiel 3-polige Leitungsschutzschalter mit 2A Nennstrom und C Auslösecharakteristik (S203M-C2)

Montiert wurden die Automationsschränke auf dem Trafoträger in der Gondel der Windkraftanlagen im November 2024. Zuvor wurden die Schaltschränke von SAB Pregler in Deggendorf zusammengebaut, während die Fa. Bentec GmbH in Bad Bentheim für die Montage der Gondel verantwortlich war. Die fertiggestellten Gondeln werden 2025/2026 an Standorten im Kreis Warendorf (NRW) unweit des windwise Unternehmenssitzes in Münster aufgestellt. Weitere maxcap-Anlagen sind in Planung, sollen gefertigt, nach Namibia verschifft und dort installiert werden. Projektmanager Florian Schubert von windwise schafft derzeit die Voraussetzungen für die erforderlichen Baugenehmigungen.

Technische Herausforderungen durch extreme Bedingungen

Die besonderen Anforderungen des Projekts stellten das ABB-Team vor mehrere technische Herausforderungen. „Die Vibrationsfestigkeit war ein entscheidender Faktor“, erläutert Jannik Schlegel, Business Developer bei ABB. Der Rotor eines Windrads erzeugt bei jeder Drehung Vibrationen. Schwingungen werden durch die Höhe noch verstärkt und ungleichmäßige Windlasten durch Böen verursachen plötzliche Belastungsspitzen: Die Technik in der Gondel eines Windrads muss daher einiges aushalten können. Bei mangelnder Vibrationsfestigkeit können sich nicht nur Verbindungen lösen, auch Leistungsschalter lösen ungewollt aus und Schaltschränke werden beschädigt. Gleichzeitig sind Ausfälle kostspielig: Aufgrund der erschwerten Zugänglichkeit in der Höhe sind Schäden umständlich zu beheben.

Die extreme Umgebung in der Gondel der maxcap-Windkraftanlagen mit einer Kombination aus Vibrationen, Temperaturschwankungen und Feuchtigkeit erforderte somit spezielles Equipment. Mit einer innovativen Lösung gelang es ABB, diesen Anforderungen gerecht zu werden – und zwar durch den Einsatz von Erdbebenkits. Ursprünglich für Erdbebenzonen entwickelt, eignet sich diese Technologie perfekt, um den herausfordernden Bedingungen in Windkraftanlagen zu begegnen. „So können unsere Schaltschränke seismische Kräfte bis zu 0,75G abfangen. Diese Robustheit nutzen wir für die Eigenvibrationen in der Gondel der Windräder“, erklärt Jannik Schlegel, Business Developer bei ABB.

Durch die spezielle Anreihung der Automationsschränke – nämlich „Rücken an Rücken“ im Quadrat zueinander – und den Einbau einer dichtschließenden Trennwand machten die ABB-Experten es möglich, das Feuchtigkeit aus den Schränken mit einem Lüfter abgeführt wird, ohne dass Partikel hineingelangen. Auch die Leistungsschalter mussten besonderen Anforderungen genügen. Diese arbeiten mit variabler Frequenz in einem weit gefassten Spannungsbereich von 190V bis 820V AC. Der Gesamtstrom des Systems liegt bei 1500A, und die dynamische Anwendung war mit Standardnormen nur schwer abzubilden. „Der Kunde hat mehrere einzelne Konverter, die er einzeln pro Schrank und Schaltgeräte an- und abschalten möchte“, erklärt Matthew Porter, Segment Manager Erneuerbare Energien bei ABB Elektrifizierung.

Zukunftstechnologie für die Energiewende

Für ABB in Deutschland markiert dieses Projekt einen wichtigen Meilenstein im Windkraftsektor. Die erfolgreiche Integration der Automationsschränke in die anspruchsvolle Umgebung eines Windkraftrads eröffnet neue Perspektiven für zukünftige Projekte in diesem wachsenden Markt: Die maxcap-Anlagen repräsentieren die Art von Technologien, die für die europäische Energiewende unverzichtbar sind. Als Elektrifizierer und Automatisierer kann ABB hier seine Expertise und gesamtes Know-how einbringen

Die in diesem Projekt gewonnenen Erkenntnisse fließen direkt in die Weiterentwicklung der ABB-Lösungen ein. Besonders die Erfahrungen mit vibrationssicheren Installationen haben Relevanz weit über die Windkraftbranche hinaus. „Unsere Lösungen für extreme Umgebungen bewähren sich in verschiedensten Anwendungen – vom Schiffsbau über seismisch aktive Regionen bis hin zu Industrieanlagen mit starken Vibrationen“, erläutert Jannik Schlegel.

Die Zusammenarbeit mit windwise steht mit dem aktuellen Prototypenbau erst am Anfang: „Wir sind bereits im intensiven Austausch mit ABB zur nächsten Generation des maxcap-Anlagentyps“, berichtet Markus Becker, Geschäftsführer und CTO von windwise. Gemeinsam mit dem SACE-Team will ABB maßgeschneiderte Lösungen entwickeln, die den spezifischen Anforderungen dieser innovativen Windkraftanlagen noch besser gerecht werden. Diese kontinuierliche Weiterentwicklung unterstreicht das Engagement beider Unternehmen für nachhaltige Energielösungen und zeigt, wie technologische Partnerschaften die Energiewende vorantreiben können.