Neue Maschinen­verordnung: Zeit, zu handeln!

Aufnahme einer Werkshalle mit Industriemaschinen, die von der Maschinenverordnug der EU betroffen sind.
Gefällt mir
Bookmark
Intro

Haben Sie sich schon mit der Maschinenverordnung beschäftigt? Falls nicht, ist jetzt der beste Zeitpunkt, damit zu beginnen. Denn nach der Veröffentlichung im Juni 2023 bleibt Betreibern nicht mehr allzu viel Zeit, alle nötigen Vorkehrungen zu treffen, um weiterhin sicher und gesetzeskonform zu agieren.

Am 20. Januar 2027 tritt die neue Maschinenverordnung (MVO) in Kraft. Was bedeutet das für Anlagenbauer und produzierende Unternehmen? Was sind die Unterschiede zwischen der bisherigen Maschinenrichtlinie und der MVO? Und welche Fallstricke drohen in der Übergangsphase? Unser FAQ gibt Antworten auf die wichtigsten Fragen.

Wann kommt die neue Maschinenverordnung?

Die Verordnung (EU) 2023/1230 – so die genaue Bezeichnung für die neue Maschinenverordnung der Europäischen Union – ist ab dem 20. Januar 2027 anzuwenden. Wie einige andere Fristen ist diese dem Artikel 54 der neuen Maschinenverordnung zu entnehmen.

 

Wann wurde die neue Maschinenverordnung veröffentlicht?

Die Maschinenverordnung wurde am 14. Juni 2023 im Amtsblatt der EU veröffentlicht.

Gibt es eine Übergangsfrist, bis die neue Maschinenverordnung in Kraft tritt?

Die Übergangsfrist seit Veröffentlichung im Amtsblatt der EU beträgt 42 Monate. Innerhalb dieser Zeit – also bis zum 20. Januar 2027 – müssen alle betroffenen Akteure Vorkehrungen treffen, um auch künftig sicher und rechtskonform zu handeln.

 

Dürfen Maschinenrichtlinie und Maschinenverordnung gleichzeitig angewendet werden?

Alle Maschinen, die vor dem verbindlichen Stichtag am 20. Januar 2027 in Verkehr gebracht werden, erhalten die EG-Konformitätsbewertung nach der aktuell noch gültigen Maschinenrichtlinie 2006/42/EG. Die neue Maschinenverordnung gilt erst für Maschinen, die ab dem 20. Januar 2027 in Verkehr gebracht werden.

 

Welche Geräte fallen unter die Maschinenverordnung?

Die neue Maschinenverordnung gilt für alle Maschinen, sogenannte unvollständige Maschinen und dazugehörige Produkte, die ab dem 20. Januar 2027 in Verkehr gebracht werden. Zu diesem Geltungsbereich zählen unter anderem

  • Industriemaschinen
  • Baumaschinen
  • Landwirtschaftliche Maschinen
  • Hebezeuge und Aufzüge
  • Verpackungsmaschinen
  • Elektrische und elektronische Ausrüstung
  • Sicherheitskomponenten

 

Wer ist von der neuen Maschinenverordnung betroffen?

Die Maschinenverordnung gilt für alle Unternehmen, die bestimmte Maschinenprodukte herstellen, in Verkehr bringen oder in Betrieb nehmen. Hierzu gehören folgende Produkte:

  • Maschinen
  • Auswechselbare Ausrüstungen
  • Sicherheitskomponenten
  • Lastaufnahmemittel
  • Ketten, Seile, Schlingen und Gurte
  • Abnehmbare mechanische Kraftübertragungseinrichtungen
  • Unvollständige Maschinen

Da es sich um eine EU-Verordnung handelt, gilt sie unmittelbar für alle Wirtschaftsbeteiligten aller Mitgliedsstaaten.

 

Was ist neu in der Maschinenverordnung?

Hauptgrund für die neue Verordnung ist die Anpassung an den aktuellen Stand der Technik. Wesentliche Neuerungen der Maschinenverordnung sollen die neuen Anforderungen der Digitalisierung, funktionalen Sicherheit und selbstlernenden Systemen sowie der Cybersicherheit berücksichtigen. Daneben wurden die Inhalte der Maschinenverordnung an den sogenannten „Blue Guide“ (Leitfaden für die Umsetzung der Produktvorschriften der EU 2022) angepasst. Auch die Liste der Maschinenrichtlinie für Maschinen mit besonderen Konformitätsbewertungsverfahren (bisher Anhang IV) wird in diesem Zuge aktualisiert.

Durch die fortlaufende Entwicklung in der Digitalisierung treten immer wieder neue Risiken für die Maschinensicherheit auf, die die Maschinenrichtlinie bisher nicht oder zumindest nicht ausreichend berücksichtigt. Deshalb soll die EU-Maschinenverordnung insbesondere folgende Sicherheitsrisiken minimieren:

  • Mensch-Roboter-Zusammenarbeit (kollaborative Roboter, Cobots)
  • Mit dem Internet verbundene Maschinen
  • Auswirkungen von Software-Updates
  • Autonome Maschinen und Fernüberwachungsstationen (Remote-Bedienung und IIoT-Services)

Darüber hinaus soll die Maschinenverordnung auch den Verwaltungsaufwand und die Kosten für Hersteller und Betreiber verringern, indem sie zum Beispiel digitale Formate für die Betriebsanleitung ermöglicht. Durch die einheitlichen und EU-weit verbindlichen Regelungen soll zudem die Rechtssicherheit für Unternehmen steigen.

 

Was ist die aktuelle Maschinenrichtlinie?

Die bisherige Maschinenrichtlinie 2006/42/EG legte die Anforderungen für die Konstruktion und das Inverkehrbringen von Maschinen im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) fest. Aufgabe und Zielsetzung sind damit grundsätzlich die gleichen wie bei der neuen Maschinenverordnung.

 

Was ist der Unterschied zwischen einer Verordnung und einer Richtlinie?

Der Unterschied zwischen einer europäischen Richtlinie und einer Verordnung liegt darin, dass mit einer EU-Verordnung kein Umsetzen durch die Mitgliedsstaaten in nationales Recht nötig ist: Verordnungen haben „Durchgriffswirkung“ für alle Mitgliedstaaten und sind somit direkt rechtlich verbindlich. Dadurch reduziert sich der Verwaltungsaufwand, denn Akteure müssen nicht mit möglicherweise verschiedenen nationalen Implementierungen umgehen.

 

Was ist die Zielsetzung der Maschinenverordnung?

Die EU-Kommission beabsichtigt mit der Maschinenverordnung keine grundsätzlichen Veränderungen: Sie zielt weiterhin darauf ab, die Sicherheit von Maschinen und Ausrüstungen in der EU sicherzustellen, indem sie Anforderungen an das Design, die Herstellung und die Konformitätsbewertung festlegt. Vielmehr geht es um die Vereinheitlichung gemeinsamer Elemente und die Beseitigung von Schwächen der bisherigen Maschinenrichtlinie.

Dazu zählen etwa einheitliche Begriffsdefinitionen und Regeln über die Rolle harmonisierter Normen. Die Bedeutung der CE-Kennzeichnung wird klargestellt. Bei den Konformitätsbewertungsmodulen wurden Bereinigungen vorgenommen. Im Bereich der Marktüberwachung wurden einige Schwächen beseitigt. Für die Akkreditierung werden EU-weit einheitliche Regeln eingeführt. Auch die Benennung der „benannten Stellen“ wird vereinheitlicht. Für die sogenannten „Wirtschaftsakteure“ gelten künftig Pflichten unter Einbeziehung des Handels.

 

Wie hängt die Maschinenverordnung mit der EU-Verordnung zur Künstlichen Intelligenz (KI) und mit dem EU-Data-Act zusammen?

Zur Regelung der Inverkehrbringung, der Inbetriebnahme und der Verwendung von KI-Systemen und -Produkten erarbeitet die EU-Kommission aktuell eine Verordnung (Verordnung zur Künstlichen Intelligenz, KI-VO-E). Voraussichtlich werden Hersteller und Inverkehrbringer von betroffenen Maschinen und Anlagenbauer künftig also nicht nur die Maschinenverordnung, sondern auch die KI-Verordnung berücksichtigen müssen.

Mit dem EU-Datengesetz (Data-Act-E) plant die Kommission darüber hinaus gesetzliche Regelungen, die darauf abzielen, Daten besser und innovativer nutzen zu können und zu verhindern, dass einzelne Akteure alleinige Kontrolle über diese Daten haben. Dabei geht es maßgeblich um IoT-Objekte wie Haushaltsgeräte, Maschinen oder Fahrzeuge. Möglicherweise werden sich einzelne Geltungsbereiche des Datengesetzes mit der Maschinenverordnung überschneiden. Zu beiden geplanten Rechtsakten ist aktuell aber noch keine definitive Einschätzung möglich.

 

Wie hängt die Maschinenverordnung mit anderen CE-Vorgaben zur Produktsicherheit zusammen?

Es ist möglich, dass der Geltungsbereich der Maschinenverordnung sich mit weiteren CE-Richtlinien oder -Verordnungen zur Produktsicherheit überschneiden wird. Beispiele sind die Niederspannungs- und Funkanlagenrichtlinie sowie die ATEX-Richtlinie. Denn eine Maschine im Sinne der Maschinenverordnung kann gleichzeitig auch ein „elektrisches Gerät“ sein. Ebenso macht die Maschinenverordnung auch Angaben zu Explosionsrisiken, die sich aus dem Einsatz einer Maschine ergeben können.

 

Was muss beim Übergang von der Maschinenrichtlinie zur Maschinenverordnung beachtet werden?

Bei Maschinen, für die die Inbetriebnahme oder Inverkehrbringung sicher vorhergesagt werden kann, ergeben sich kaum Risiken: Findet die Inverkehrbringung vor dem 20. Januar 2027 statt, muss die Maschine die Maschinenrichtlinie erfüllen. Bei der Inverkehrbringung ab dem 20. Januar 2027 muss die Maschinenverordnung erfüllt werden.

Anders sieht es bei komplexeren Projekten aus, bei denen nicht abzusehen ist, ob die betroffenen Maschinen oder Anlagen vor oder nach dem Stichtag in Verkehr gebracht werden – beispielsweise durch lange Transportwege mit Bearbeitung durch den Zoll. In solchen Fällen sollte von vornherein die neue Maschinenverordnung angewendet werden, um zu vermeiden, dass die Maschine oder Anlage im Falle einer Auslieferung nach dem Stichtag nicht rechtmäßig in Betrieb genommen werden darf.

 

Dürfen bestehende Maschinen nach dem Inkrafttreten der Maschinenverordnung weiter vermarket werden?

Nein. Gemäß Artikel 51 Absatz 2 der neuen Maschinenverordnung verliert die Maschinenrichtlinie zum 20. Januar 2027 ihre Gültigkeit. Somit dürfen bestehende Maschinen mit EG-Konformitätsvermutung zur Maschinenrichtlinie nicht mehr vermarktet und in Verkehr gebracht werden.

 

Wo finde ich die deutsche Fassung der Maschinenverordnung?

Die deutsche Fassung steht auf der Website der Europäischen Union zum Download zur Verfügung.

 

Welche Auswirkungen hat die neue Maschinenverordnung konkret auf Sicherheitskomponenten? Welche Änderungen ergeben sich?

Von der Maschinenverordnung sind auch Sicherheitskomponenten betroffen. ABB wird bis zum Stichtag die Konformität aller betroffenen Produkte zur Maschinenverordnung ausgesprochen haben. Die Produkte werden die Anforderungen also sicher erfüllen.

Sie haben weitere Fragen zur Maschinenverordnung und wollen sich darüber informieren, welche Auswirkungen die neue EU-Verordnung konkret für Ihren Betriebsalltag hat? Unser Expertenteam steht Ihnen jederzeit gern mit Know-how zur Seite. Kontaktieren Sie uns noch heute!

Das Wichtigste zur Maschinenverordnung auf einen Blick

Unsere ABB-Infografik zeigt die wichtigsten Daten und Fakten zur MVO im Überblick – und steht hier zum Download bereit.