In die Tiefe des Meeres

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Wer in die Tiefe senden will, muss erstmal hoch hinauf. Die Marinefunksendestelle Rhauderfehn, die für den Funkverkehr mit U-Booten verantwortlich ist, verfügt deswegen über acht gigantische Masten. Mit „an Bord“ ist auch Technik von ABB.

Das höchste Gebäude Deutschlands? Richtig, der Berliner Fernsehturm. Aber wer beim zweithöchsten Bauwerk auf einen Frankfurter Wolkenkratzer tippt, liegt falsch. Stattdessen wird man zwischen Oldenburger Münsterland und Ostfriesland fündig: Hier steht der Längstwellensender DHO38, auch bekannt als Marinefunksendestelle Rhauderfehn. Die acht Masten der Station ragen 352,5 m in die Höhe – und sind damit nur unwesentlich kürzer als der Berliner Sendeturm mit seinen 368 m.

Mit Längstwellen in die Tiefe

Die Aufgabe der 1982 fertiggestellten Marinefunksendestelle ist die Kommunikation über Funk zu den U-Booten der NATO. Dabei darf die Verbindung auch zu getauchten Booten nicht abreißen. Um das zu gewährleisten, sind eine niedrige Sendefrequenz und zugleich eine hohe Sendeleistung nötig. Als technisch und wirtschaftlich beste Lösung erwies sich bei der Entwicklung ein strahlungsgekoppeltes Antennensystem. Die abgestrahlte Wellenlänge beträgt 12,8 km. Auch der Standort selbst trägt zum reibungslosen Funkverkehr bei: Die Antennen stehen auf einem 540 ha großen Gelände im Westermoor. Das Gelände bietet durch die besondere Leitfähigkeit des feuchten Bodens die für die Abstrahlung von Längstwellen benötigte gute Erdung. Zudem können sich die Längstwellen auf dem flachen Land der Umgebung optimal ausbreiten. Wegen der strategischen mRelevanz der gesamten Anlage wurde sie redundant ausgelegt: Es gibt zwei Sendergruppen aus je vier Antennen sowie zwei Schutzbauten, die die Betriebszentralen beherbergen.

ABB-Technik für den Refit

2015 wurde die OSMO-Anlagenbau GmbH & Co. KG damit beauftragt, die in die Jahre gekommene Mittelspannungsschaltanlage des Funkstandorts zu erneuern. Das Konzept des Ingenieurbüros Kerstan Planung aus Hamburg sah vor, die in den Senderschutzbau montierten, vierfeldrigen luftisolierten Mittelspannungsschaltanlagen durch neue gasisolierte

Die gesamte Anlage wurde aufgrund ihrer strategischen Relevanz redundant ausgelegt.

Mittelspannungsschaltanlagen auszutauschen. In einem zweiten Schritt ersetzte OSMO die dazugehörigen Niederspannungsschaltanlagen. Beim Refit verwendete OSMO ABB-Technik: Sämtliche Schaltfelder der neuen Anlage sind nun mit ABB-Leistungsschaltern und entsprechender Schutztechnik ausgerüstet. Die OSMO-Techniker erneuerten auch die Unterverteilung, die unter anderem die Versorgung der Antennentransformatoren sicherstellt. Durch die geringere Baugröße der neuen Niederspannungsschaltanlage wurde der Zugang zu den Antennentransformatoren einfacher. Die OSMO-Experten montierten hier neue Schutzgehäuse sowie jeweils einen Überspannungsschutz. „Dank des Systems pro E Power können wir den Bedarf an hochwertigen Leistungsverteilern bis 6.300 A abdecken. In Verbindung mit ABB-Mittelspannungskomponenten und -Transformatoren erhält der Kunde hier seine komplette Energieversorgung aus einer Hand“, sagt Axel Beckkötter, Abteilungsleiter Mittel- und Niederspannungsanlage bei OSMO.

Aufgrund der strategischen Bedeutung musste OSMO sicherstellen, dass die Stromversorgung während des Umbaus gewährleistet ist. Das geschah über die vorhandenen Notstromaggregate, sodass jederzeit mit den U-Booten auf See kommuniziert werden konnte. In der Zeit des Austausches der Unterverteilung wurde die Versorgung der Antennentransformatoren durch ein Provisorium realisiert. So konnten die OSMO-Experten auch die Flugwarnbefeuerung der Antennenmasten in der Nacht aufrechterhalten.

Strategische Partnerschaft

Hauke Gebler, Vertriebsbeauftragter Schaltanlagenbau VDSM bei ABB, sagt: „Das Projekt ist ein gutes Beispiel dafür, was möglich ist, wenn Kompetenz und Qualität eines Komponentenlieferanten wie ABB mit Erfahrung sowie Flexibilität eines Systemintegrators wie OSMO zusammentreffen.“ Die Zusammenarbeit zwischen OSMO und ABB endete nicht mit Abschluss des Projekts Rhauderfehn. Im Rahmen der Partnerschaft mit ABB bietet OSMO im Geschäftsfeld Mittel- und Niederspannungsanlagen seit 2018 das Schaltanlagensystem pro E power an. Das System pro E power ermöglicht nicht nur effizientere Fertigungsprozesse, sondern bietet auch eine höhere Anlagenverfügbarkeit. Das System ist in zwei Varianten verfügbar. Die erste, im 185-mm-busbar-System für einen maximalen Nennstrom von 2.000 A, findet bei Gebäudehauptverteilern und kleineren Energieversorgungen Anwendung. Die zweite Variante, das rear-busbar-System, ist für Nennströme bis 6.300 A und eine innere Unterteilung bis Form 4b geeignet. „Mit pro E power haben wir bereits im ersten Jahr Schaltanlagen mit insgesamt 100 Feldern gefertigt. Wir können auch 2019 einen hohen Zuwachs an Aufträgen mit diesem Schaltanlagentyp verzeichnen“, sagt Axel Beckkötter.

Weitere Infos: info.stotz@de.abb.com

OSMO

Die 1970 gegründete OSMO-Anlagenbau GmbH & Co. KG plant und erstellt komplette Systeme und Anlagen für Industrie, Gewerbe und öffentliche Auftraggeber. Das Unternehmen ist in den Bereichen Elektroanlagen und Automatisierungstechnik, Maschinen und Anlagentechnik, Mittel- und Niederspannungsanlagen, Verkehrstechnik sowie Kommunikations- und Sicherheitstechnik tätig. Servicepakete, Wartung und auch der Betrieb der Anlagen gehören zum Portfolio. Das Unternehmen beschäftigt rund 270 Mitarbeiter