Künstliche Intelligenz: Hype – oder gekommen, um zu bleiben?

menschlichen Gehirns modelliert, um künstliche Intelligenz zu symbolisieren.
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Langenscheidt sucht Jahr für Jahr das „Jugendwort des Jahres. Würde es analog dazu ein IndustrieBuzzword des Jahres geben, stünde Künstliche Intelligenz (KI) 2023 wohl ganz oben auf der Liste. Lassen wir die Zahlen sprechen: Der Blick in Google Trends offenbart eine bemerkenswerte Explosion der Suchanfragen zu KI seit Ende 2022.  

Das zeigt eindrucksvoll, wie sehr die künstliche Intelligenz ins Zentrum des öffentlichen Interesses gerückt ist. Doch welche Formen der KI gibt es? Wo liegen die Wurzeln? Und wie intelligent sind die KI-Anwendungen wirklich? Wir klären auf. 

Was ist KI?

Fangen wir vorne an und starten mit einem Definitionsversuch. Künstliche Intelligenz ist ein weitreichendes Feld der Informatik, das sich vereinfacht gesagt mit der Schaffung von Systemen befasst, die Aufgaben ausführen können, die typischerweise menschliche Intelligenz erfordern. Dazu zählen Kompetenzen wie die Wahrnehmung und Reaktion auf sensorische Eindrücke, das Aufnehmen und Verarbeiten von Informationen, das Speichern von Wissen, das Verstehen und Erzeugen von Sprache, das Lösen von Problemen und das Erreichen von Zielen. 

 

Seit der ersten Erwähnung des Begriffs im Jahr 1955 hat sich das Feld in mehrere relativ unabhängige Unterdisziplinen aufgegliedert, darunter: 

  • Maschinelles Lernen (Machine Learning) 
  • Mustererkennung, einschließlich Sprach- und Bilderkennung 
  • Wissensmodellierung, zu der logische Programmierung und Inferenzmaschinen gehören 
  • Expertensysteme, Frage-Antwort-Systeme und Chatbots 
  • Künstliche neuronale Netze und Deep Learning 
  • Robotik 

 

Wie in so vielen Bereichen gibt es leider nicht die eine allgemein gültige, universell anerkannte Definition von künstlicher Intelligenz (KI). Dies liegt auch daran, dass das Forschungsfeld sehr breit und dynamisch ist. Allerdings gibt es einige Schlüsselelemente, die in den meisten Definitionen von KI zu finden sind: 

Automatisierung von kognitiven Prozessen: KI bezieht sich oft auf die Simulation menschlicher Intelligenz in Maschinen, die so programmiert sind, dass sie denken wie Menschen und menschliche Aktionen nachahmen. 

Lernfähigkeit und Anpassungsfähigkeit: Ein wesentliches Merkmal von KI ist die Fähigkeit, aus Erfahrungen zu lernen und sich an neue Eingaben anzupassen. 

Problem-Lösungs-Kompetenz: KI-Systeme sind in der Regel darauf ausgerichtet, Probleme zu lösen, indem sie komplexe Berechnungen durchführen oder spezifische Aufgaben automatisieren, die normalerweise menschliche Intelligenz erfordern. 

Wahrnehmung und Interaktion: Viele KI-Systeme haben die Fähigkeit, ihre Umgebung in irgendeiner Form wahrzunehmen und darauf zu reagieren, sei es durch Spracherkennung, visuelle Erkennung oder andere sensorische Inputs. 

Wie alles begann: Die Wurzeln von KI und Meilensteine

Alan Turing und Turing-Maschine: Auch wenn es zu der Zeit den Begriff der künstlichen Intelligenz noch gar nicht gab, gilt der britische Mathematiker Alan Turing als Wegbereiter der KI. Er stellte bereits im Jahr 1936 den Ansatz einer universellen Rechenmaschine vor, die später als „Turing-Maschine“ bekannt wurde. Aber: Die Turing-Maschine war keine physische Rechenmaschine, sondern ein abstraktes mathematisches Konzept. Alan Turing bewies mit seinem Ansatz, dass jede berechenbare Funktion – d.h. jede Aufgabe, die mittels algorithmischer Methoden lösbar ist – durch eine solche Maschine ausgeführt werden kann. Komplexe Probleme werden dabei in kleinere, algorithmisch lösbare Schritte zerlegt. Dies ist bis heute eine Schlüsselkomponente in der Gestaltung intelligenter Systeme. 

Die Dartmouth-Konferenz: Diese Konferenz aus dem Jahr 1956 gilt als die Geburtsstunde der KI als eigenständiges Forschungsfeld. Organisiert von den Informatikern John McCarthy, Marvin Minsky, Nathaniel Rochester und Claude Shannon, brachte sie führende Wissenschaftler zusammen, um über das Potenzial von Maschinen zu diskutieren, die menschenähnliche Intelligenz aufweisen. Auf dieser Konferenz wurde der Begriff Künstliche Intelligenz geprägt und die Ergebnisse der Wissenschaftskonferenz setzte den Rahmen für zukünftige Forschungen. 

ELIZA: Für den nächsten Meilenstein gehen wir ins Jahr 1966. Der deutsch-amerikanische Informatiker Joseph Weizenbaum schaffte mit ELIZA den ersten Chatbot, der in der Lage war, mit Menschen zu kommunizieren und die Illusion eines menschlichen Gesprächspartners zu erzeugen. Insbesondere das bekannteste Skript namens DOCTOR, das die Rolle eines Psychotherapeuten einnahm, demonstrierte das Potenzial von Computern, menschenähnliche Interaktionen zu simulieren. ELIZA war ein Meilenstein für die Entwicklung von Chatbots und natürlicher Sprachverarbeitung. 

NETtalk: Machen wir einen Sprung ins Jahr 1986. Die beiden Wissenschaftler Terrence J. Sejnowski und Charles Rosenberg entwickelten mit „NETtalk“ ein frühes neuronales Netzwerk. Es konnte englische Texte laut vorlesen und dabei die richtige Aussprache  erlernen. Dieses System war bahnbrechend, da es zeigte, wie neuronale Netzwerke für maschinelles Lernen und Mustererkennung genutzt werden können. Es war ein früher Beweis dafür, dass neuronale Netzwerke komplexe Aufgaben bewältigen können, die eine Form von „Verständnis“ erfordern, und es inspirierte weitere Forschungen im Bereich des Deep Learning. 

Und 1997 zeigte sich die Stärke der KI im Bereich der Spiele, als IBMs Supercomputer Deep Blue den Schachweltmeister Garry Kasparov besiegte. Ein Ereignis, das die Überlegenheit von Computern in einem zuvor vom Menschen dominierten Bereich demonstrierte. Und die 2010er Jahre brachten KI schließlich in unseren Alltag. Technologische Fortschritte in Hardware und Software ermöglichten den Einsatz von KI in alltäglichen Geräten. Bedeutende Beispiele hierfür sind Sprachassistenten wie Apples Siri oder Amazons Alexa. 

Wie intelligent ist denn künstliche Intelligenz?

Künstliche Intelligenz zeichnet sich durch beeindruckende Fähigkeiten in bestimmten Bereichen aus, doch ihre “Intelligenz” unterscheidet sich grundlegend von der menschlichen Intelligenz. KI-Systeme sind meisterhaft im Erkennen von Mustern in großen Datenmengen und lernen daraus, was sie in die Lage versetzt, spezialisierte Aufgaben wie Übersetzung oder Bilderkennung effizient auszuführen. Sie können sich neuen Informationen und sich ändernden Umständen anpassen, allerdings nur innerhalb der Grenzen ihrer Programmierung und Trainingsdaten. 

In der Problemlösung sind KI-Systeme ebenfalls stark, besonders in den spezifischen Bereichen, für die sie entwickelt wurden, wie etwa der Unterstützung bei medizinischen Diagnosen oder der Optimierung von Verkehrsflüssen. Sie können selbstständig handeln, bleiben dabei aber auf den Rahmen beschränkt, den ihre Programmierung und ihre Daten vorgeben. Allerdings erreicht die KI ihre Grenzen, wenn es um Kreativität und Bewusstsein geht. Obwohl KI kreative Muster generieren kann, wie in der Kunst oder Musik, fehlt ihr das echte Bewusstsein und Verständnis für ihre Handlungen. Ihre “Kreativität” beruht auf Algorithmen und ist nicht vergleichbar mit dem bewussten kreativen Prozess des Menschen. 

Von der schwachen KI zur starken KI

Die KI-Forschung unterscheidet zwischen schwacher KI und starker KI. Der Unterschied zwischen schwacher und starker KI liegt hauptsächlich im Grad der Komplexität und Fähigkeit, menschliche Intelligenz nachzuahmen. Schwache KI, auch als enge KI bekannt, ist auf spezifische, eng definierte Aufgaben ausgerichtet. Diese Systeme können beeindruckende Leistungen in ihrem speziellen Bereich erbringen, wie beispielsweise Spracherkennung, Bildanalyse oder das Spielen bestimmter Spiele, aber sie besitzen kein tiefgreifendes Verständnis oder Bewusstsein für ihre Aktionen. Sie sind darauf programmiert, menschliche Intelligenz in bestimmten Aspekten zu imitieren, ohne die Fähigkeit, über die ihnen zugewiesenen Funktionen hinauszugehen. 

Starke KI, auch als allgemeine künstliche Intelligenz (AGI) bezeichnet, strebt hingegen danach, menschliche Intelligenz in einem umfassenden Sinne zu simulieren. Das Ziel ist die Schaffung einer Maschine, die nicht nur spezialisierte Aufgaben ausführen kann, sondern auch ein echtes Verständnis und Bewusstsein für ihre Handlungen besitzt. Solche Systeme wären in der Lage, eigenständig zu denken, zu lernen, sich anzupassen und Probleme in einer Weise zu lösen, die der menschlichen Intelligenz gleichkommt oder diese sogar übertrifft. Starke KI bleibt jedoch weitgehend ein theoretisches Konzept und ist noch nicht realisiert worden. 

Künstliche Intelligenz: Zwischen Fortschritt und Verantwortung

In der Ära der digitalen Revolution spielt die Künstliche Intelligenz (KI) eine zentrale Rolle, doch mit ihrem rasanten Fortschritt entstehen auch komplexe ethische und rechtliche Herausforderungen. Die Schlagwörter Ethik, Datenschutz, geistiges Eigentum und Deep Fakes umreißen das Spannungsfeld, in dem sich die Entwicklung und Anwendung von KI bewegt. 

Ethik und Datenschutz in der KI

Die Integration von KI in unser tägliches Leben wirft drängende ethische Fragen auf. Der Einsatz von KI in der Überwachung, im Gesundheitswesen oder in der Personalbeschaffung birgt Risiken in Bezug auf Datenschutz und Diskriminierung. Es ist unerlässlich, dass KI-Systeme so gestaltet und reguliert werden, dass sie den Schutz persönlicher Daten gewährleisten und nicht zu ungerechter Behandlung einzelner Gruppen führen. Die Europäische Union hat mit der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) bereits wichtige Schritte in diese Richtung unternommen, doch die Debatte um ethische Richtlinien für KI ist weltweit noch in vollem Gange. 

Geistiges Eigentum: Eine neue Herausforderung

Eine weitere rechtliche Herausforderung ist das Thema des geistigen Eigentums. KI-Systeme, die eigenständig Inhalte erstellen – seien es Texte, Kunstwerke oder Musik – stellen traditionelle Konzepte des Urheberrechts auf die Probe. Wer ist der Urheber eines von einer KI geschaffenen Werkes? Der Programmierer, der Nutzer oder die KI selbst? Diese Fragen sind nicht nur akademisch; sie haben reale Konsequenzen für Künstler, Entwickler und Nutzer gleichermaßen. 

Deep Fakes: Die dunkle Seite der KI

Ein besonders besorgniserregendes Phänomen in der KI-Entwicklung sind Deep Fakes. Diese durch KI erzeugten gefälschten Videos und Audioaufnahmen sind mittlerweile so überzeugend, dass sie kaum noch von echtem Material zu unterscheiden sind. Sie stellen eine ernsthafte Bedrohung für die Privatsphäre, die Sicherheit und das Vertrauen in die Medien dar. Die Fähigkeit, überzeugende Fälschungen zu erstellen, kann für Desinformation und politische Manipulation missbraucht werden. Die Notwendigkeit, Technologien zur Erkennung solcher Fälschungen zu entwickeln und rechtliche Rahmenbedingungen zu schaffen, um Missbrauch zu verhindern, ist offensichtlich. 

Verantwortungsvolle Gestaltung der KI-Zukunft

Trends kommen, Trends gehen. Doch KI ist gekommen, um zu bleiben. Für ein führendes Technologieunternehmen wie ABB ist KI ein strategisch wichtiges Thema, das bereits heute eine wichtige Rolle bei Produkten und Lösungen einnimmt. Wir werden das Thema in den kommenden Monaten regelmäßig aufgreifen und vertiefen. Bei Fragen und Anmerkungen einfach melden unter: destination.zukunft@abb.com.