Nachhaltige Kreuzfahrt: Null Emission beim Landgang

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Kreuzfahrt und Nachhaltigkeit? Klingt zunächst nach einem Widerspruch. Doch arbeitet die Kreuzfahrtindustrie mit Hochdruck an nachhaltigen Konzepten. Aktuelles Beispiel: Wenn die MS Artania im Juli 2022 im Hafen von Bergen, Norwegen, einläuft, wird sie mit einer modernen Steckdosenstromversorgung nach den internationalen ISO/IEC/IEEC-Normen ausgestattet sein. Das heißt beim Landgang haben die Verbrennungsmotoren Pause und das Kreuzfahrtschiff wird per Strom mit Energie versorgt. Zwar hängen die Emissionseinsparungen von den jeweiligen Installationen ab, doch kann ein Kreuzfahrtschiff mit Landstrom in der Regel seine täglichen CO2-Emissionen um bis zu 35 Prozent senken, wenn es während eines achtstündigen Hafenaufenthalts an die Landstromversorgung angeschlossen ist. Das sind 13,77 Tonnen CO2 pro Tag und Schiff – das entspricht den Emissionen von mehr als 1.000 Verbrennungs-Pkw.

Modernisierung ohne Trockendeck

Seit ihrer ursprünglichen Ablieferung als Royal Princess im Jahr 1984 wurde das 1.200 Passagiere fassende Kreuzfahrtschiff Artania kontinuierlich gewartet und modernisiert, um den höchsten Standards in Sachen Komfort und Technologie zu entsprechen. Sie ist ein hervorragendes Beispiel für ein Schiff mit einer glanzvollen Kreuzfahrtvergangenheit und noch vielen Jahren an Ertragskraft.

Das vom deutschen Reiseveranstalter Phoenix Reisen gecharterte und von Bernhard Schulte Cruise Service verwaltete Schiff wurde während der Fahrt im Mittelmeer ohne Trockendock mit der Hochspannungs-Landanschlusstechnik von ABB ausgestattet. Seit dem Abschluss der Arbeiten im Mai 2022 es nun möglich, während der Liegezeit im Hafen den gesamten Stromverbrauch mit Landstrom aus dem Netz zu versorgen, wodurch die Motoren ersetzt und die direkten Emissionen eines Schiffes auf Null reduziert werden.

Mit einer langen Tradition und einem guten Ruf als verantwortungsbewusster Reiseveranstalter in der Kreuzfahrtbranche wollen wir die höchsten Standards in Sachen Passagierkomfort und Nachhaltigkeit setzen. Da immer mehr Häfen Landstrom zur Verfügung stellen, wollen wir an vorderster Front dafür sorgen, dass unsere Schiffe für emissionsfreie Hafenaufenthalte an das lokale Stromnetz angeschlossen werden können.

Johannes Zurnieden, Gründer und Geschäftsführer von Phoenix Reisen.

Kundennachfrage und Regulation als Treiber

Reisende stellen zunehmend die Anforderung nach nachhaltigen Angeboten, so dass die Branche entsprechend reagieren muss. Doch wird die Nachhaltigkeit von Schiffen auch immer mehr zu einem regulatorischen Erfordernis. So strebt die Internationale Seeschifffahrtsorganisation (IMO) eine 40-prozentige Reduzierung der Treibhausgasemissionen von Schiffen bis 2030 an. Ein wesentlicher und zugleich schnell realisierbarer Ansatz ist, die emissionsfreie Landstromversorgung zu nutzen.

Für ein ausgereiftes Schiff müssen die Lösungen jedoch auch mit dem verfügbaren Platz auskommen und eine vernünftige Kapitalrendite bieten. Deshalb ist einer der überzeugendsten Aspekte der Nachrüstung der 44.348 BRZ großen Artania, dass dies nicht zu Ausfallzeiten führte. Stattdessen wurde ein Landanschluss während der Probefahrt im Rahmen des Lifecycle-Managements des Schiffes hinzugefügt.

ABB – Pionier in Sachen Nachhaltigkeit

Weit vor der allgemeinen Debatte um Dekarbonisierung von Kreuzfahrtschiffen lieferte ABB im Jahr 2000 das weltweit erste Landstromversorgungssystem an den schwedischen Hafen Göteborg und 2001 die erste schiffsseitige Installation. Seitdem hat ABB Referenzen für Landanschlusstechnologien von 150 Schiffen verschiedener Typen in über 30 Ländern auf der ganzen Welt gesammelt.

Heute ist der Landanschluss durch die Installation standardisierter, vormontierter und werksseitig geprüfter Geräte von ABB möglich, die sich leicht in alle Stromverbraucher an Bord integrieren lassen, z. B. in Antriebssysteme, HLK-Anlagen, Hotellasten, Restaurants und Geschäfte.

Dennoch wird ein so bekanntes und berühmtes Schiff wie die Artania immer ein Sonderfall sein, wie Marcus Martelin, Service Product Line Manager, Marine Systems Service, ABB Marine & Ports, betont. Der Weg zu einer reibungslosen Installation führte über eine enge Zusammenarbeit mit dem Kunden in der Entwurfsphase im Rahmen eines System-Engineering-Projekts, das die Planung und Verlegung der Kabel, die Nachrüstung eines Landanschlusskastens und einer Schalttafel sowie die Erweiterung des Energiemanagementsystems des Schiffs umfasste.

ABB liefert ein System, das vom Schiff aus gesteuert wird und es ermöglicht, die bestehende Hochspannungsschalttafeltechnik mit den Anforderungen internationaler Kreuzfahrthäfen in Einklang zu bringen. Es ist nachhaltig im Hafenbetrieb und hat überall dort, wo es installiert ist, einen erheblichen Einfluss auf die lokale Luftqualität.

Marcus Martelin, Service Product Line Manager, Marine Systems Service, ABB Marine & Ports