Hightech für Leichtschuh: ABB-Roboter sprühen revolutionäre Laufschuhe von On

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On in Zürich denkt den Laufschuh neu. Die Schweizer Sportmarke hat mit LightSpray ein revolutionäres Verfahren entwickelt, aus einem synthetischen Faden in drei Minuten ultraleichte Oberschuhe zu sprühen, die mit der Sohle verschmolzen werden. Mit Hilfe von ABB-Robotern können diese direkt am Standort in Zürich-West produziert werden. On plant, weitere LightSpray Factories mit ABB-Robotern zu realisieren.

Die Herstellung von Laufschuhen folgt seit jeher dem gleichen Prinzip: Obermaterialien zuschneiden, diese Einzelteile vernähen oder verkleben, dann mit der Sohle verleimen. Das geschieht häufig in Handarbeit oder allenfalls halbautomatisierten Prozessen, oft mit zwanzig bis dreißig Einzelteilen. „Das ist an sich ein zweidimensionales Verfahren“, erklärt Marie Georgarakis, bei On verantwortlich für die Schnittstelle zwischen Produktion und neuen Entwicklungen wie der LightSpray Technologie. „Erst durch das Spannen über einen fußförmigen Leisten wird der Oberschuh in seine dreidimensionale Form gebracht.“ Im Blickfeld von Innovationen bei Laufschuhen waren bislang primär die Sohlen, bei Laufschuhen etwa mit dem Einarbeiten von Karbonplatten und reaktiven Schaumstoffen, um die Dynamik beim Laufen mit maximaler Energierückgabe zu verbessern.

 

Aus einem einzigen Polymerfaden gefertigt

Revolutionär deshalb das Fertigungsverfahren in der weltweit ersten LightSpray Factory von On in der Stadt Zürich. „Wir bauen den Oberschuh direkt in 3D auf, aus einem einzigen, 1,5 Kilometer langen Polymerfaden“, so Georgarakis. Dabei wird das thermoplastische Polymer geschmolzen und mittels Luftdruck als Helix – also in Form einer Spirale – auf die Form aufgebracht, je nach Stelle und Funktion unterschiedlich eng. „Im Fersenbereich beispielsweise sprüht der Roboter die Helix dichter auf, da der Schuh dort größere Stabilität bieten muss.“ Der Oberschuh, der nur 30 Gramm wiegt, und die zugelieferte Mittelsohle werden zudem nicht wie üblich verleimt, sondern miteinander verschmolzen. „Der ABB-Roboter bewegt dabei den Leisten unter dem Sprühkopf entlang der funktionalen Trajektorie, die wir zuvor mittels computergestützten Designs entwerfen.“

Materialverbrauch deutlich geringer

Diese innovative Fertigung ist auch umweltverträglicher: „Durch das Sprühverfahren können die CO₂-Emissionen im Vergleich zur konventionellen Oberschuhproduktion von On um 75 Prozent reduziert werden. Auch der Materialverbrauch ist mit dieser additiven Fertigung deutlich geringer“, erklärt Georgarakis. Der Cloudboom Strike LS genannte Schuh wiegt inklusive Sohle lediglich 170 Gramm, kommt produktionsbedingt ohne Schnürung, Nähte und Zunge aus und hält gleich lange wie normale Wettkampfschuhe. Er wurde ursprünglich für professionelle Läuferinnen und Läufer entwickelt. So hat Hellen Obiri damit den Boston Marathon 2024 wie auch die Bronzemedaille im Marathon an den Olympischen Spielen 2024 in Paris gewonnen. Mittlerweile ist der innovative Laufschuh auch für ambitionierte Hobbyläufer:innen in limitierter Auflage erhältlich.

ABB-Roboter auch für das Bedrucken eingesetzt

Mit der Sprayproduktion und Verschmelzung mit der Mittelsohle ist es nicht getan, schließlich sollen die Schuhe auch visuell Eindruck machen und als On-Schuhe aus Schweizer Produktion erkennbar sein. Dafür müssen sie bedruckt werden. Das erfolgt – ebenfalls automatisiert – gleich im Anschluss an die Sprühproduktion des Oberschuhs. Für das Bedrucken setzt On ebenfalls ABB-Roboter ein, die den fertig gesprühten Schuh mit höchster Präzision unter Tintenstrahl-Druckköpfen führen. Schon minimalste Abweichungen sind sichtbar und verschleiern den Eindruck.

Seit 2020 in Zürich entwickelt

Wie kam On auf die disruptive Idee, Schuhe aus einem Guss zu sprayen? „Ein Mitarbeiter von uns hatte eine Designmesse in Mailand besucht. Dort fiel ihm ein Exponat auf, bei dem ein Designer mit einer Heißklebepistole einen Schuh sprühte“, erklärt Georgarakis. Der Tüftler heißt Johannes Voelchert. Das Innovationsteam von On lud ihn nach Zürich ein, seine Idee zu präsentieren. Mit Erfolg. On bot ihm gleich nach seiner Präsentation an, sein System im Unternehmen ein Jahr lang weiterzuentwickeln. Das war im Jahr 2020.

Out-of-the-Box-Denken beibehalten

Der Industriedesigner baute einen Prototyp mit Roboterarm und selbst entwickeltem Sprühsystem. Auch wenn die Pilotversion noch einige Schwächen aufwies, gab die Geschäftsleitung von On grünes Licht, das Konzept weiterzuentwickeln. Dafür wurden Fachleute aus unterschiedlichen Bereichen rekrutiert, wie etwa Automatisierungstechnik, Prozess-Engineering oder Architektur. „Johannes hatte mit seinem Out-of-the-Box-Denken die Grundidee entwickelt. Bei On wollten wir diesen Weg jenseits der traditionellen Denkweisen weitergehen.“

 

Kooperation mit zwei Integratoren

Die Grundlagenprozesse für das Sprayen wie das Bedrucken haben On-Fachleute also selbst vor Ort entwickelt, unter anderem mit der Software RobotStudio von ABB. Um die Fertigung zu skalieren und deren Effizienz zu verbessern, arbeitet On mit Integratoren zusammen: mit Desma für das Sprühverfahren und mit Cyan Tec für das Bedrucken.

Sechs IRB 1200 in der LightSpray Factory

In der LightSpray Factory in Zürich setzt On sechs ABB-Roboter des Typs IRB 1200 mit OmniCore-C30-Stuerung ein, vier für das Sprayen der Oberschuhe und zwei für das Bedrucken. Dieser Roboter ist mit einer Wiederholgenauigkeit von +/- 0,02 Millimetern für präzise Aufgaben prädestiniert. On produziert den Cloudboom Strike LS in 21 verschiedenen Schuhgrößen. Die automatisierte Fertigung ist so flexibel, dass die gewünschte Größe mehrmals täglich gewechselt werden kann, ohne Umbauten in der Fertigungsstraße. Weitere ABB-Roboter nutzt On in Zürich für die Weiterentwicklung der Prozesse sowie in einer mobilen Roboterzelle für Roadshows rund um den Globus, um den Besucher:innen den LightSpray-Prozess zu veranschaulichen.

Wieso die Wahl auf ABB fiel

Wieso setzt On auf ABB-Roboter? „Als es darum ging, diese Fertigungsidee mit Robotern im industriellen Maßstab umzusetzen, hatte On bald ABB im Visier: aufgrund der Reputation ihrer Roboter, deren hoher Präzision, der effizienten Programmierung, der weltweiten Verfügbarkeit – und durchaus auch, weil wir als Schweizer Unternehmen gerne mit einem Konzern mit Schweizer Wurzeln zusammenarbeiten“, erklärt Georgarakis, die seit 2022 für On arbeitet. „Die Roboter bewähren sich wie erwartet, Verbesserungen streben wir insbesondere prozessseitig an.“

ABB-Roboter bei weiteren Factories gesetzt

On plant, weitere LightSpray Factories aufzubauen, in der Nähe der jeweiligen Kunden, also über die Kontinente verteilt. „Dafür werden wir, nach den positiven Erfahrungen, weiterhin auf ABB-Roboter setzen“, hält Georgarakis abschließend fest. Langfristig könnte diese Technologie die globale Schuhproduktion in neue Bahnen lenken.