Präzise wie ein Zahnarzt

Gefällt mir
Bookmark

Bei der Montage filigraner Komponenten für Turbinenbohrmaschinen setzt KaVo Dental auf die Positionswiederholgenauigkeit des IRB 120. Der ABB-Industrieroboter ist das zentrale Element einer neuen Montagezelle, die sich durch hohe Flexibilität sowie Effizienz auszeichnet und eine exzellente Produktqualität liefert.

Wer meint, bei einem Ferrari habe man es mit einer hochtourigen Maschine zu tun, kennt die Boliden der KaVo Dental GmbH nicht: Die 9.000 Umdrehungen eines V8-Motors muten bescheiden an gegenüber den bis zu 400.000, auf die es die Dentalturbinen des württembergischen Herstellers für zahnmedizinische Produkte pro Minute bringen. Eine sehr kleine, aber zugleich wichtige Komponente der Turbine ist eine Achse mit einer Spannzange, die die Dentalwerkzeuge wie Bohrer, Fräser oder Schleifer aufnimmt. Die Montage dieses filigranen Teils erfordert höchste Genauigkeit. Die Achse ist mit rund 15 Millimeter Länge dabei noch das größte Stück. In sie werden die Spannzange sowie zwei winzige Führungsbuchsen für einen perfekten Rundlauf des Bohrers gepresst. „Wir bewegen uns mit unseren Produkten im Bereich der Feinmechanik. Da ist höchste Präzision gefragt“, sagt Michael Seefelder, der bei KaVo den Betriebsmittelbau und die -konstruktion, den Prüfgerätebau sowie die Instandhaltung leitet. Die alte Montagemaschine, eine Lineareinheit, konnte die geforderte Qualität nur noch schwer erbringen und hatte zudem einen erhöhten Umrüstaufwand. Da auch die Ersatzteilbeschaffung immer schwieriger wurde, entschied man sich bei KaVo dazu, in eine neue Anlage zu investieren. Eine Drehtischlösung kam nicht infrage; eine Roboterzelle schien die geeignetere Option zu sein.

Premiere für Montageroboter

Erwin Mösle von der Betriebsmittelkonstruktion war für die Planung verantwortlich: „Wir hatten bei KaVo zuvor noch keinen Roboter in der Montage. Bei meiner Recherche bin ich auf den IRB 120 gestoßen. Er arbeitet mit einer Positionswiederholgenauigkeit von einem hundertstel Millimeter.“ Der kleinste Industrieroboter von ABB eignet sich aufgrund seiner Kompaktheit und Agilität ganz besonders für Materialhandhabungs- und Montageprozesse auf kleinstem Raum.

Im Februar 2013 sprachen Vertreter von ABB und KaVo zum ersten Mal miteinander. Dabei wurde schnell klar, dass KaVo Unterstützung bei der Roboterintegration benötigte. Auf Empfehlung von ABB wurde die robomotion GmbH mit ins Boot geholt, ein langjähriger Partner von ABB. Der Entwicklungsdienstleister für Robotertechnik und Automatisierung sollte gemeinsam mit der Konstruktionsabteilung des Dentalspezialisten die Montagezelle realisieren. Vor der Auftragsvergabe wurden im Technikum von robomotion Tests mit einem Mietroboter und Serienwerkzeugen gefahren. „Wir wollten uns von der Präzision des IRB 120 überzeugen – und das ist gelungen. Der erfolgreiche Praxistest war für uns in der Montage der Einstieg in die Robotertechnik“, sagt Seefelder.

 

Simulation liefert wirklichkeitsnahe Werte

Für den Aufbau der Roboterzelle boten wirklichkeitsnahe Simulationen mit dem Tool RobotStudio grundlegende Entscheidungshilfen. „Die simulierten Werte kamen der Realität sehr nahe. RobotStudio ermöglichte so im Voraus eine gute Abschätzung“, sagt Andreas Wolf, Geschäftsführer von robomotion.

Der ungefähr zwei Mal zwei Meter große, gekapselte Maschinentisch besteht aus dem IRB 120, vier Fördertöpfen für die Achsen, Spannzangen und den beiden Buchsenvarianten, einem Regalsystem mit Behältern für die Achsen, der Pressstation mit Kamerasystem und einem Förderband zum Ausschleusen der Fertigteile. In der Roboterzelle werden 13 verschiedene Achsen in Losen von 100 oder 200 Teile montiert.

Nach Eingabe der Auftragsnummer nimmt der Roboter einen Behälter mit den passenden Achsen und befüllt mit ihnen den dafür vorgesehenen Fördertopf. Dann holt er nacheinander mit seinem Präzisionsgreifer alle Teile, um sie auf die Pressstation zu geben. Entscheidend für die Qualität ist das lagegerechte Zusammenfügen der Spannzange und der Achse. Der IRB 120 führt deshalb die Achse vor dem Einlegen in die Pressstation vor eine Kamera, um die passende Orientierung sicherzustellen. Nach dem Verpressen legt er die montierten Achsen in einen Behälter, der aus der Zelle ausgeschleust wird, nachdem die vorgegebene Stückzahl erreicht wurde. Teile, die den Qualitätsvorgaben nicht entsprechen, sortiert der IRB 120 aus. Ist der Auftrag abgearbeitet, entleert der Roboter den Achsen-Fördertopf, um Platz für die neue Variante zu schaffen.

Seit ihrer Inbetriebnahme im Mai 2014 liefert die Montagezelle die benötigten Stückzahlen in so hoher Qualität wie gefordert. Michael Seefelder resümiert: „Wir werden die Automatisierung bei KaVo weiter vorantreiben. Roboter werden künftig dort zum Einsatz kommen, wo es die Aufgabe erfordert oder zulässt. Dabei wollen wir auch weiterhin auf ABB als Roboterlieferanten setzen.“

„Die simulierten Werte kamen der Realität sehr nahe. RobotStudio ermöglichte so im Voraus eine gute Abschätzung.“