Smarte Schaltanlagen - in Zukunft digital

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Die vierte industrielle Revolution und die damit einhergehende Digitalisierung ist in der deutschen Industrie angekommen. Und sie beeinflusst genauso die Energiewirtschaft. Die Geschäftsmodelle im Energiesektor verändern sich – neuartige Ansätze und innovative Lösungen entstehen. Ein Beispiel sind digitale Schaltanlagen.

Durch die Energiewende haben sich die Anforderungen an Umspannwerke geändert: „In diesem Bereich müssen Prozesse zukünftig effizienter gestaltet werden, um die Energiewende voranzutreiben. Im Gegensatz zu herkömmlichen Schaltanlagen wird dort die Lücke zwischen analoger und digitaler Technologie geschlossen“, sagt Raphael Görner, Geschäftsbereichsleiter Grid Integration.

Neue Möglichkeiten durch die Digitalisierung von Anlagen

Ein digitales Umspannwerk ist eine Schlüsselkomponente für Smart Grids. Analoge Signale über Kupferkabel werden durch digitale Kommunikation über Glasfaserkabel ersetzt, wodurch Sicherheit, Flexibilität und Verfügbarkeit steigen und gleichzeitig Kosten, Risiken und Auswirkungen auf die Umwelt reduziert werden. Digitale Umspannwerke enthalten auch intelligente elektronische Geräte (IEDs) mit integrierter Informations- und Kommunikationstechnologie. Ein IED ist ein mikroprozessorbasiertes Schutz- und Steuergerät für energietechnische Ausrüstung wie Leistungsschalter, Transformatoren und Kondensatorbänken.

Die Vernetzung von Technologien basiert auf Kommunikation – und die moderne Kommunikation basiert in der Stationsautomatisierung auf dem internationalen Standard IEC 61850. Über die Teilnorm IEC 61850-9-2 zum Austausch von analogen Abtastwerten via Ethernet ist es heute möglich, Digitalisierung konsequent über das gesamte System hinweg umzusetzen – von der Leitebene bis zum Wandler.

Schon in den späten 1990ern wurde ABB vom australischen Energieversorger Powerlink in Queensland mit dem Bau der ersten digitalen Schaltanlage beauftragt. Obwohl das System seitdem stetig weiterentwickelt wurde, war das Grundprinzip schon damals dasselbe: Kupferkabel werden durch Glasfaserkommunikations-Busse ausgetauscht; schwere und sperrige Spannungs- und Stromsensoren werden durch kleine und integrierte Sensoren ersetzt. Seitdem werden die digitalen Schaltanlagen stetig weiterentwickelt und ebnen schrittweise den Weg hin zu volldigitalen Systemen.

„Im Vergleich zu AIS-Anlagen werden bei digitalen Schaltanlagen bis zu 80 % weniger Kupferkabel verlegt.“

Sicherheit, Effizienz, Kostenersparnis – gute Gründe für digitale Schaltanlagen

Elektrische Signale werden heute bereits direkt an der Quelle digitalisiert. Die Datenmanagement-Software SDM600 ermöglicht eine automatisierte Erfassung und Visualisierung der Daten. Dadurch kann die Netzstabilität kontrolliert, digitale Diagnosen gestellt sowie schnell und flexibel auf sich ändernde Konditionen im Netz reagiert werden. Das digitale Zusammenspielen und die Synchronisation der verschiedenen Technologien sichern zudem eine verlässliche Stromzufuhr.

Eine digitale Schaltanlage ermöglicht darüber hinaus erhebliche Platz- und Kostenersparnisse. Im Vergleich zu einer konventionellen Schaltanlage werden bei einer digitalen viele Funktionen, die vorher von verschiedenen Geräten ausgeführt wurden, nun in einer Einheit untergebracht. Beispielsweise können die bisher separat ausgeführten Stromwandler durch einen optischen Sensor ersetzt und direkt in Schaltgeräte integriert werden. Dadurch kann bis zu 60 % der Grundfläche eingespart werden.

Durch ein vereinfachtes Design wird außerdem weniger Material benötigt. „Im Vergleich zu AIS-Anlagen werden bei digitalen Schaltanlagen bis zu 80 % weniger Kupferkabel verlegt und durch Kommunikations-Bus-Systeme abgelöst“, sagt Marco Becker, Leiter Vertrieb, Geschäftsbereich Grid Integration. Gleichzeitig ermöglicht das modulare SAM600-System im Falle einer Störung einen einfachen Austausch einzelner Komponenten. Der Zeitaufwand und die Risiken im Zusammenhang mit Service- und Wartungstätigkeiten werden beträchtlich reduziert. Zusätzlich verhindern höchste Sicherheitsstandards potenzielle Gefahrensituationen für das Personal, wie Überschläge oder Kurzschlüsse.

Digitale Schaltanlagen eröffnen modernen Energieversorgungsunternehmen bisher nicht da gewesene Möglichkeiten: „Die Vorteile einer digitalen Lösung sprechen für sich. Eine Investition, die sich lohnt“, sagt Marco Becker.