Alternative zum Netzausbau

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Die stark schwankende Stromeinspeisung aus der regenerativen Energie von Sonne und Wind bedeutet für viele Netze eine Herausforderung. Dabei ist oft weniger die Übertragung der Leistung der limitierende Faktor, sondern die Einhaltung des zulässigen Spannungsbereichs. Dieser ist als europäischer Standard nach EN 50160 definiert. Bei einer zu großen Abweichung besteht die Gefahr, dass elektrische Geräte nicht mehr störungsfrei funktionieren und beschädigt werden können. Dieses Problem betrifft insbesondere den ländlichen Raum, wo 80 % des regenerativen Stroms erzeugt werden.

Netzausbau ist teuer

Um den steigenden Anteil erneuerbarer Energien an der Stromerzeugung zu bewältigen, müssen die Netze leistungsfähiger werden. Eine Möglichkeit, dieses Ziel zu erreichen, besteht im konventionellen Ausbau – entweder durch zusätzliche Leitungstrassen oder durch Kabel mit größerem Querschnitt. Je nach Szenario beziffern Experten die Kosten für den klassischen Netzausbau in den kommenden 20 Jahren auf 20 bis 40 Mrd. Euro. Angesichts dieser Prognosen sind Alternativen gefragt. Mit intelligenten technischen Lösungen lassen sich die Kosten für den Ausbau der Netze um bis zu 40 % reduzieren. Ein Beispiel dafür sind Längsregler. Sie gleichen Spannungsschwankungen aus, die sich aus der fluktuierenden Einspeisung des Stroms aus erneuerbaren Energien ergeben.

Einzigartig in Europa

Für die Mittelspannung hat ABB in Kooperation mit RWE einen Prototypen entwickelt, der das Spannungsniveau innerhalb des gewünschten Regelbereichs hält. Seit Dezember 2014 kommt dieser beim RWE-Verteilnetzbetreiber Westnetz in der Eifel erstmals in Europa zum Einsatz, angeschlossen an das 20-kV-Verteilnetz in der Nähe des Ortes Nattenheim. Neben seinem vollständig automatisierten Betrieb überzeugt er auch durch die geringen elektrischen Verluste und seine kompakten räumlichen Abmessungen. Der Mittelspannungsregler ist vollständig in eine konventionelle Betonstation integriert. Sollte er in der Eifel einmal nicht mehr benötigt werden, lässt er sich mit vergleichsweise geringem Aufwand an einem neuen Standort im Verteilnetz installieren.

Die Pilotinstallation überträgt eine elektrische Leistung von bis zu 8 MVA und beeinflusst das Spannungsniveau im Bereich von ±10 %. Mit ihm schließt Westnetz in einem knapp 30 km langen Stromkreis um die Umspannanlage Bitburg zu den bisher rund 4 MW installierter Erzeugungsleistung zusätzliche 4 MW erneuerbare Kapazität ans Netz an. Diese Steigerung entspricht ungefähr der Leistung von zwei modernen Windrädern.

Auch für das Niederspannungsnetz hat ABB einen Längsregler entwickelt. In der Schweizer Gemeinde Schwarzenburg gleicht er seit dem Frühjahr 2014 Spannungsschwankungen aus, die durch das Einspeisen von Photovoltaikstrom aus einer großflächigen Solaranlage entstehen. Dass der Regler über ein GPRS-Modem in das Leitsystem des Netzbetreibers eingebunden ist, bietet die Option, ihn per Fernzugriff zu steuern.