Evolution statt Revolution

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Mit der von ABB entwickelten Evolutionsstrategie durch horizontale Migration lassen sich Leitsysteme effizient erneuern. Das Heizkraftwerk Stuttgart-Münster modernisierte schrittweise seine komplette Leittechnik nach diesem Konzept mit großem Erfolg.

Leitsysteme und deren technische Komponenten sind Innovationszyklen und anderen sich stetig wandelnden technischen Anforderungen ausgesetzt. Die kurzen Innovationszyklen der IT-Technologie und die sich hieraus ergebenen differenzierten Lebenszyklen stellen hohe Ansprüche an die Migrationsfähigkeit und den Investitionsschutz von leittechnischen Einrichtungen.

Mit einer von ABB entwickelten Evolutionsstrategie durch horizontale Migration lassen sich die Lebenszykluskosten der Kraftwerksleittechnik deutlich verringern und bereits durchgeführte leittechnische Investitionen schützen. Grundlage der Strategie ist die permanente Weiterentwicklung von Leitsystemen und Systemkomponenten durch ABB. Dadurch wird ein Komplettaustausch von Leittechnik vermieden und eine horizontale Migration von Bestandsanlagen auf aktuelle Systeme ermöglicht. Damit die Migration möglichst reibungslos und bei kurzen Stillstandszeiten umgesetzt werden kann, unterstützt ABB die Leittechnikkunden bereits bei der Planung der Projekte. In enger Zusammenarbeit wird auf diesem Weg eine auf die individuellen Bedürfnisse der jeweiligen Anlage abgestimmte Optimierungsstrategie gemeinsam entwickelt.

„Hoher Schutz der in den vergangenen Jahren getätigten Investitionen“

Hoher Investitionsschutz

EnBW war von diesem ABB-Konzept der systemtechnischen Evolution durch horizontale Migration überzeugt, da hiermit ein hoher Schutz der in den vergangenen Jahren getätigten Investitionen in ABB-Systemtechnik verbunden war. Dieses Konzept bildete die Grundlage für die schrittweise Erneuerung der Leittechnik im HKW Stuttgart-Münster mit Procontrol P14 im Jahr 2007.

Das Kraftwerk besteht aus einem Steinkohlekraftwerk mit drei Kohlekesseln, einer Abfallverbrennungsanlage mit drei Müllkesseln, drei Dampfturbinen und einer Gasturbinenanlage. Der Mülldurchsatz des Müllheizkraftwerks liegt bei 420.000 t pro Jahr. Die Abfallverbrennungsanlage zählt zu den größten ihrer Art in Deutschland und in Baden-Württemberg ist sie die zweitgrößte. Durch zahlreiche Entsorgungsverträge mit Landkreisen und Kommunen reicht das Einzugsgebiet der Restmüllentsorgung bis zum Bodensee. EnBW leistet so einen wichtigen Beitrag zu einer zuverlässigen, umweltverträglichen und wirtschaftlichen Restmüllentsorgung in Baden-Württemberg.

Optimierter Anlagenbetrieb, höhere Wirtschaftlichkeit

Die in der Müllverbrennungsanlage und in den Steinkohlekesseln erzeugte Energie wird per Kraft-Wärme-Kopplung zur Strom- und Fernwärmeerzeugung genutzt. Das Heizkraftwerk versorgt vier Fernwärmenetze mit einer thermischen Engpassleistung von 455 MW. Das größte Fernwärmenetz ist die „Mittlere Neckarschiene“ mit einer Ausdehnung vom Stadtgebiet Stuttgarts über Esslingen bis nach Plochingen. Die Engpassleistung dieser Schiene beträgt 381 MW. In diese Schiene wird auch Fernwärme aus den EnBW-Kraftwerken Stuttgart-Gaisburg und Altbach eingespeist. Ergänzende Zielstellungen waren die Optimierung des Anlagenbetriebs und die Erhöhung der Wirtschaftlichkeit durch

  • Umstellung der Bedienung und Beobachtung von konventioneller Tastenbedienung auf ein modernes, bildschirmgeführtes Prozessbediensystem inklusive Großbildanzeigen,
  • Erhöhung des Automatisierungsgrades zur Realisierung dieser Zentralbedienung,
  • Zentralisierung der Bedienung und Beobachtung in einer neuen Zentralwarte, um damit einen optimalen, koordinierten und homogenen Anlagenbetrieb sicherzustellen,
  • Bedienung der Gesamtanlage mit nur fünf Anlagenfahrern,
  • Verbesserung des Regelverhaltens,
  • Reduzierung der Schadstoffemissionen.

Den Erfolg der Modernisierungsmaßnahmen zeigt die Grafik am Beispiel des deutlich verbesserten Regelverhaltens eines Müllkessels. Nach Abschluss der Arbeiten ist es zudem möglich, alle Anlagen des Kraftwerks mit lediglich fünf Anlagenfahrern sicher zu betreiben. Das Leitstandpersonal wurde durch ein umfangreiches Schulungsprogramm vorbereitet, sodass der Umzug in die neue Leitwarte reibungslos durchgeführt werden konnte. Auch das Instandhaltungspersonal profitiert von der neuen Leittechnik: Die Arbeiten zur Anlagenoptimierung und Störungsbehebung werden durch ein innovatives Engineering-Tool mithilfe von Vorwärtsdokumentation und zentraler Datenhaltung wesentlich unterstützt.