Mit ABB hoch hinaus
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Berge üben eine einzigartige Faszination aus. Seit immer mehr Gebirgsregionen von Seilbahnen erschlossen sind, fällt der Aufstieg leicht – ab in die nächste Gondel und schon geht es bequem hinauf zum Gipfel. Der Komfort, die Sicherheit und die Energieeffizienz der Bahnen haben sich über die Jahre stetig verbessert – auch mithilfe von ABB-Technik.
Warum er auf hohe Berge steige? „Weil sie da sind“, antwortete der Erstbesteiger des Mount Everest, Sir Edmund Hillary. Das erklärt wohl kaum, warum allein in den Alpen jährlich Millionen von Menschen die Gipfel erklimmen. Ob es das Gefühl von Weite und Freiheit ist oder nur der sensationelle Ausblick – die Touristen strömen. Immer neue Projekte locken in die Höhe. Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt: Das Angebot reicht von der oben offenen Doppeldeckergondel mit Rundumblick hinauf zum Schweizer Stanserhorn über die Luxuskabine mit dem Interieur eines 7er BMW im Hochzillertal bis hin zum Fünf-Gänge-Menü, serviert in den Gondeln der Allgäuer Alpspitzbahn.
In den Alpen sind kreative Ideen, die sich gut vermarkten lassen, gefragt: Seilbahnen sind ein wichtiger Wirtschaftsfaktor. Der Begriff Seilbahn umfasst nicht nur die Luftseilbahn, bei der die Passagiere über dem Erdboden schweben, sondern auch den Ski- und Schlepplift sowie die Standseilbahn, bei der die Kabine über ein Schienensystem gezogen wird. 2.900 Seilbahnanlagen gibt es in Österreich, gefolgt von 2.450 in der Schweiz und 1.600 in Deutschland. Die Seilbahnnutzer sorgten im Jahr 2015 zusammen mit übrigen Erträgen wie Übernachtung und Verpflegung in Deutschland für einen Gesamtumsatz von 740 Mio. Euro, in der Schweiz für einen Gesamtumsatz von über 1.100 Mio. Euro und in Österreich für einen Gesamtumsatz von 1.300 Mio. Euro.
Aber auch jenseits des Ski- und Wandertourismus hat die Seilbahn Potenzial. Angesichts von Endlosstaus entdeckt der Nahverkehr die dritte Dimension für sich – nicht um das System zu ersetzen, sondern um es gezielt zu entlasten. Vieles spricht für die Bahn in der Luft: Sie gilt statistisch gesehen als das sicherste Verkehrsmittel, die Bauzeit ist relativ kurz, der Platzbedarf gering. Elektrisch betrieben lassen sich Schadstoffe in der Stadt vermeiden. Insbesondere in den Metropolen Süd- und Mittelamerikas gehören Gondeln hoch über den Häusern zum Stadtbild. Urbane Transportsysteme machen bisher nur 10 % des Seilbahnmarktes aus, wachsen aber rasant, schreibt der Tagesspiegel anlässlich der Eröffnung der Seilbahnlinie zwischen La Paz und El Alto in Bolivien. Die Linie, die zwei Millionenstädte verbindet, ist die längste städtische Seilbahn der Welt. In Europa führen Seilbahnen noch ein Nischendasein, werden aber zunehmend diskutiert. Beispielsweise untersucht das Projekt „Hoch hinaus in Baden-Württemberg“ des Karlsruher Instituts für Technikfolgenabschätzung und Systemanalyse die Akzeptanz von Seilbahnen im Stadtverkehr.
Die erste Konstruktion, mit der Waren und Personen per Seil transportiert wurden, soll es bereits um 250 vor Christus in China gegeben haben. 1644 baute der Niederländer Adam Wybe die erste Seilbahn, die Material für den Bau des Festungsberges in Danzig beförderte. Dabei war die Technik schon früh langlebig: Die älteste Seilbahn Deutschlands, die Predigtstuhlbahn in Bad Reichenhall, fährt noch heute mit den Tragseilen und der Antriebs- und Maschinenanlage aus dem Erbauungsjahr 1928. Doch seither hat sich die Technik enorm weiterentwickelt. „Den heutigen Bergtouristen bieten die Bahnen sehr viel mehr Komfort und Sicherheit“, sagt Ueli Spinner, Leiter Verkauf Großkunden und Service bei ABB. Oft seien es Kleinigkeiten, die nicht direkt ins Auge fielen, wie spezielle Safetyfunktionen: „Wir entwickeln etwa elektronische Stoppfunktionen, damit die Bahn nicht losfährt, während Leute einsteigen.“
Das beste Beispiel dafür, was heute technisch möglich ist, bietet die neue Seilbahn Zugspitze. Drei Tage vor Weihnachten wurde sie nach drei Jahren Bauzeit eröffnet. Die alte Bahn war an ihre Kapazitätsgrenze gestoßen: Sie beförderte pro Stunde 270 Gäste nach oben. Mit der neuen sind bis zu 580 möglich. Die modern designten, bodentief verglasten Gondeln bieten uneingeschränkte Sicht auf den Eibsee, die Waxensteine und das dahinter liegende Karwendelgebirge. Die neue Bahn stellt gleich drei Weltrekorde auf: Mit 127 m hat sie die höchste Stahlstütze, meistert mit 1.950 m den größten Gesamthöhenunterschied und weil es nur eine tragende Stütze gibt, ist auch das freie Spannfeld mit 3.213 m das längste der Welt. Gebaut hat die Pendelbahn das Schweizer Unternehmen Garaventa AG, Teil der Doppelmayr/Garaventa-Gruppe, Weltmarktführer im Seilbahnbau. Bei einer Pendelbahn laufen zwei Gondeln gegenläufig über eine Tragseilkonstruktion, die sie in der Luft hält. Von einem Elektromotor bewegte Zugseile sorgen für den Antrieb.
Herzstück jeder Bahn sind die Seile. Hier gehen die Konstrukteure der neuen Seilbahn Zugspitze auf Nummer sicher: Die vier Trag- und zwei Zugseile wurden aus insgesamt 5,5 Mio. m Draht gefertigt, was fast der Strecke Paris – New York entspricht. Die jeweils zwei Tragseile mit einem stattlichen Durchmesser von je 7,2 cm und einer maximalen Bruchlast von fast 700 t halten die Gondeln in der Luft. Sie enthalten im Kern eine Glasfaserleitung für die Datenübertragung von der Tal- zur Bergstation. Das untere Zugseil mit 4,1 cm und das obere mit 4,7 cm Durchmesser bilden eine Zugseilschleife.
Damit die beiden Gondeln sanft und sicher fahren, ist ein perfektes Zusammenspiel von Motor, Frequenzumrichter und Mechanik notwendig. Das ist Aufgabe der Steuerung, gebaut von der Schweizer Frey AG Stans. „In einem detailliert aufgestellten Pflichten- und Lastenheft hat der Bauherr in über 120 Punkten festgelegt, wie die Steuerung funktionieren und mit den anderen Teilsystemen kommunizieren muss, damit ein störungsfreier Betrieb mit höchster Verfügbarkeit erreicht wird“, erläutert Martin Niederberger, stellvertretender Geschäftsführer der Frey AG Stans.
Um die Gondeln über die lange und bis zu 104 % steile Strecke zu ziehen, braucht es volle Power. Die liefert ein duales Antriebskonzept: In der Talstation sind zwei nebeneinander angeordnete 800-kW-Drehstrommotoren von ABB verbaut, welche die Fahrgäste mit einer Geschwindigkeit von 10,6 m/s auf den Berg befördern. Der Zwei-Motoren-Antrieb wird von hochverfügbaren Powermodulen aus der ACS880-Reihe von ABB gespeist. Diese Frequenzumrichter mit hoher Regelgenauigkeit, die sich für viele Bereiche eignen, lassen sich präzise auf die Anforderung von Seilbahnen einrichten. „Bei den Antriebskomponenten vertrauen wir schon seit Jahrzehnten auf Produkte von ABB“, sagt Niederberger.
Auch für Notfälle ist mit redundant ausgeführten Leistungskomponenten von ABB bestens vorgesorgt: mit einem 280-kW-Drehstrommotor im Not- und einem frequenzumrichtergeregelten 250-kW-AC-Motor im Bergeantrieb. „Diese Rettungseinrichtungen sind bei einem Störfall von entscheidender Bedeutung und müssen
den hohen Ansprüchen an absolute Zuverlässigkeit genügen“, erläutert Niederberger. Ebenso erlaubt eine riesige, gut zwei MW starke Netzersatzanlage, die Eibsee-Seilbahn bei einem Netzausfall ohne Einschränkungen weiter in Betrieb zu halten. Dabei wird der generatorische Lastfall mit entsprechenden Bremschoppereinheiten beim Frequenzumrichter ACS880 problemlos aufgefangen. Dieselben Einrichtungen sind auch beim Not- und Bergeantrieb verbaut.
Ebenfalls einen Rekord liefert die am 17. Dezember 2017 eröffnete Standseilbahn Stoos im Schweizer Muotatal: Mit bis zu 110 % Steigung ist sie die steilste Standseilbahn der Welt, das heißt, bis zu 48 Grad klettert die Trasse im Gelände. Dieses spezielle Profil stellt besondere Herausforderungen an die Statik und die Dynamik der Anlage: „Unsere Ingenieure waren vor allem mit Fragen zum Antrieb und Bremsen gefordert. Im Normalbetrieb wird die Energie elektrisch mittels Antriebsmotor, Antriebsmechanik und Seil bewerkstelligt, wobei die zwei ABB-Antriebsmotoren mit insgesamt 2,3 MW Dauerleistung im Doppelantrieb mit je 1,15 MW dimensioniert sind. ACS800-Technik sorgt für eine stufenlose Drehzahlregulierung“, sagt Erich Megert, Leiter Marketing bei der Sisag AG. Das Schweizer Unternehmen hat die Steuerung gebaut. Besondere Aufmerksamkeit mussten die Ingenieure jedoch dem sogenannten Fangbremssystem auf dem Fahrzeug widmen, das bei einem Riss des Seils auf die Schiene wirkt: „Es handelt sich um ein Bremssystem, das mit sechsstufiger Bremskraft alle möglichen Lastfälle mit unterschiedlichsten Auslösekriterien abzudecken hat“, sagt Megert.
Absolut ungewöhnlich ist das Design der beiden Fahrzeuge, deren je vier zylindrische Personenabteile an Fässer erinnern, die den Berg hochrollen. Sie sind mit einer Neigungskompensation ausgestattet, sodass sich jedes Abteil entsprechend der aktuellen Steigung dreht und so den Neigungsunterschied elegant ausgleicht. Die Fahrgastebene bleibt immer horizontal.
In der Schweiz fahren mittlerweile die meisten Seilbahnen mit Technologie von ABB, die jahrzehntelange Erfahrung mit Berg- und Seilbahnen hat. „Heute geht es vor allem darum, die Technik in Sachen Energieeffizienz weiterzuentwickeln“, sagt Ueli Spinner. Ein gutes Beispiel dafür ist die 2014 in Betrieb gegangene Seilbahn zwischen Aroser Hörnli und Urdenfürggli auf der Lenzerheide. Mit einer Kapazität von 150 Personen pro Kabine gehört die neue Verbindung der Steurer Seilbahnen AG zu den größten der Schweiz. ABB hat die beiden Antriebe, bestehend aus einem Asynchronmotor und einem Frequenzumrichter vom Typ ACS800, beigesteuert. Fährt eine Bahn bergab, läuft ihr Frequenzumrichter im Generatorbetrieb und verwandelt die Bremsenergie in Antriebsenergie für die andere Bahn. Überschüssiger Strom wird abgegeben, etwa an benachbarte Bahnen oder an andere Anlagen. Eine weitere Innovation: Auf der Bergspitze ist ein automatisches Smart Grid der Sisag AG installiert. Das vernetzte Energiemanagementsystem kann im Notfall für kurze Zeit die Geschwindigkeit einzelner Bahnen reduzieren und zusätzliche Verbraucher abwerfen, etwa die Schneeanlagen oder die Lüftung des Bergrestaurants.
Damit die Seilbahnen zuverlässig fahren, braucht es mehr als starke Antriebe und Motoren. Im Hochgebirge auf über 2.000 m Höhe sind die klimatischen Bedingungen rau – eisige Temperaturen, Feuchtigkeit und insbesondere der geringere Luftdruck setzen elektrischen Installationen zu. In Stromversorgungen dient Luft zur elektrischen Isolation. Die Dichte der Luft und ihre Durchschlagsfestigkeit – die Feldstärke, die ein Stoff aushält, ohne dass es zum Funkenschlag kommt – sind maßgebend für die Isolationsfähigkeit. Mit zunehmender Höhe nimmt jedoch durch die dünner werdende Luft die Durchschlagsfestigkeit ab.
Ob Schütze, Motorschutzschalter oder Leistungsschalter – die Niederspannungsprodukte von ABB lassen sich auch in großen Höhen einsetzen: „Elektrische Anlagen benötigen im Hochgebirge größere Luft- und Kriechstrecken“, erläutert Ulrich Kaiser aus der Lokalen Division Elektrifizierungsprodukte bei ABB. „Werden die Geräte entsprechend den von ABB vorgegebenen und getesteten Parametern eingestellt, lässt sich auf diese Weise die niedrigere Durchschlagsfestigkeit kompensieren. Dann funktionieren die Installationen auch hoch oben auf dem Berg einwandfrei. So setzen namhafte Kunden wie Doppelmayr zahlreiche ABB-Produkte schon lange erfolgreich in großen Höhen ein.“