Mit HGÜ Strom verlustarm an Land bringen

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Großauftrag für ABB: Für das Offshore-Netzanbindungsprojekt DolWin5 liefert ABB die Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragungs-Technologie (HGÜ-Technologie). Das Projekt soll 900 MW CO₂freien Strom aus drei vor der deutschen Nordseeküste gelegenen Windparks liefern. Die Fertigstellung ist für 2024 geplant. about sprach mit Stefan Habild, dem Leiter des Geschäftsbereichs HVDC bei ABB.

Herr Habild, welche Bedeutung hat der Auftrag Dolwin5 für ABB?

Bei den bisherigen Netzanbindungen von Offshore-Windparks waren wir Generalunternehmer, das heißt, wir waren für das Gesamtprojekt verantwortlich. Nun waren wir erstmals mit unserem neuen Geschäftsansatz erfolgreich, denn wir haben den Auftrag für das HGÜ-System als Unterlieferant von dem Konsortium Aibel/Keppel FELS erhalten.

Welche Anlagen und Komponenten liefern Sie konkret?

ABB liefert die gesamte HGÜ-Technologie inklusive der Nebensysteme, sowohl für die Konverterplattform als auch für die Konverterstation an Land. Das beinhaltet auch gasisolierte Schaltanlagen (GIS) und Transformatoren. Zudem verantwortet ABB die komplette Projektabwicklung der Landstation einschließlich der Hoch- und Tiefbauleistungen.

Wie erfolgt konkret das Zusammenspiel zwischen der lokalen Einheit in Deutschland und dem HGÜ-Kompetenzzentrum in Schweden?

Die Technik kann nicht ohne Berücksichtigung der Schnittstellen (lokale Standards, Anforderungen, Genehmigungen) erfolgreich implementiert werden. Daher vernetzen wir die Teams in Ludvika, Schweden, mit lokalen Experten in Deutschland. Die Projektabwicklung erfolgt integriert, das heißt, die Rollen im Projektteam werden mit den richtigen Kompetenzen, unabhängig von der lokalen Zugehörigkeit der entsprechenden Mitarbeiter, besetzt. So ist auch sichergestellt, dass bereits in der Designphase alle Anforderungen berücksichtigt werden.

Inwieweit unterscheidet sich dieses HGÜ- Projekt von bisherigen?

Die Erkenntnisse aus den bisherigen Netzanbindungsprojekten für Offshore-Windparks mit HGÜ-Technologie wurden genutzt, um gemeinsam mit den Partnern ein optimiertes, auf die Plattfom ausgerichtetes HGÜ-Konzept zu entwickeln. Mit der Entwicklung unseres neuen Geschäftsmodells konnten wir einen größeren Fokus auf die Integration des HGÜ-Systems in die Plattform legen und somit eine Reduktion der Komplexität der Schnittstellen erreichen. Wir erwarten daher eine klarere und einfachere Handhabung der Schnittstellen im Projekt

TenneT will durch Standardisierung Einsparpotenziale erzielen. Inwieweit und wo profitiert auch ABB als Hersteller von Standardisierungen?

Eine Standardisierung dient in erster Linie dazu, Schnittstellen zu vereinfachen und Risiken für das Engineering sowie für die Projektabwicklung zu minimieren – und das ist für alle Projektbeteiligten wichtig. Für TenneT als Betreiber der Netzanbindungen ermöglicht die Standardisierung, die Kosten für den Betrieb und die Wartung der Anlagen herstellerübergreifend zu optmieren. Allerdings können bei einer zu frühen Standardisierung auch Optimierungspotenziale verloren gehen. Vergleicht man beispielsweise den Platzbedarf unserer heutigen HGÜ-Technologie mit dem Bedarf früherer Jahre, wird man eine drastische Reduzierung erkennen. Wäre die HGÜ-Technologie vor fünf Jahren standardisiert worden, würden wir dieses Potenzial nicht erschließen können.

„Mit unserer HVDC-Light-Technologie hingegen werden beim Betrieb mit Nennleistung die Gesamtverluste geringer als 3 % sein.“

Welche Stromübertragungsverluste wird es auf der 130 km langen Strecke geben und wie sähe dies bei einer Lösung ohne HGÜ aus?

Bei einer Kabelstrecke von 130 km steht die Wechselstromtechnik vor dem Problem, dass die komplette Leistung in kapazitiven Umspannvorgängen innerhalb des Kabelsystems „verbraucht“ werden würde. Es müssten Kompensationsspulen entlang der Kabelstrecke vorgesehen werden, das heißt, zusätzliche Offshore-Bauwerke einschließlich zusätzlicher Verlustfaktoren müssten errichtet werden. Mit unserer HVDC-Light-Technologie hingegen werden beim Betrieb mit Nennleistung die Gesamtverluste geringer als 3 % sein. Es ist also nicht nur die Effizienz der Übertragung, sondern vielmehr auch die technisch-wirtschaftliche Machbarkeit, die die Entscheidung für die HGÜ-Technologie begründet.

An welchen weiteren HGÜ-Projekten in Deutschland arbeiten Sie aktuell noch?

Aktuell realisieren wir zwei weitere Projekte in Deutschland. Das ist zum einen NordLink, ein HGÜ-Interkonnektor, der die Stromnetze von Deutschland und Norwegen verbindet, für ein Konsortium aus TenneT, Statnett und KfW. Für die Kunden 50Hertz und energinet.dk realisieren wir zum anderen im Rahmen der Kriegers Flak Combined Grid Solution eine HGÜ-Kurzkupplung (engl.: „back-to-back“). Hier kommt die HGÜ-Technologie zum Einsatz, um die Verschiebung des Phasenwinkels zwischen dem dänischen und dem deutschen Netz auszugleichen, die über eine AC-Strecke miteinander verbunden sind.

 

Weitere Infos: DolWin5