Wenn Gebäude denken lernen

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Energieeffizienz, Komfort und Sicherheit – diese Aspekte sind bei der Gebäudeautomation im Fokus. Die Entwicklung verläuft rasant. Wo Automatisierungslösungen bis vor wenigen Jahren noch als exotisch galten, wird die Technik in Zukunft alltäglich sein und sich immer besser auf uns Menschen einstellen.

Die Megathemen Energiewende, Klimaschutz und Urbanisierung sind immer auch mit einem stärkeren Einsatz der Gebäudeautomation verknüpft. Intelligente Gebäude sind keine Science-Fiction mehr, Smart Homes werden Realität. Die Bedeutung der Gebäudeautomation hat mit Google auch der größte Datenverarbeiter der Welt erkannt: Vor wenigen Monaten hat der Konzern aus Mountain View angekündigt, für 3,2 Milliarden Dollar den Thermostathersteller Nest Labs zu kaufen. Der Weg von Forschung und Entwicklung führt längst hin zu intelligenten Städten, in denen Energieerzeugung und Energieverbrauch miteinander interagieren. Ein intelligentes Netz – Smart Grid – fungiert als Bindeglied. Die Aktualität dieser Entwicklung zeigte sich auf der Light + Building, der Weltmesse für Architektur und Technik: „Smart Powered Building – das Gebäude im Smart Grid“ war in diesem Jahr eines der drei Top-Themen.

Gewaltige Energieeinsparungen

Die Automatisierung von Gebäuden verfolgt drei zentrale Aspekte: Energieeffizienz, Komfort und Sicherheit. Gebäudeautomation ermöglicht massive Energieeinsparungen, erleichtert den Nutzern das Leben und sorgt für Gebäudesicherheit. Stehen bei der Automatisierung von öffentlichen Gebäuden, Industriegebäuden und anderen Zweckbauten die erzielbaren Energieeinsparungen und Flexibilität im Vordergrund, so sind es bei Privatgebäuden der erhöhte Wohnkomfort, die Sicherheit der Bewohner und die Möglichkeit, mehrere Wohnsitze überwachen zu können.

Trotz knapper werdender Ressourcen und immer höherer Energiepreise stieg der Verbrauch von elektrischer Energie in gewerblich genutzten Gebäuden in Europa seit 1990 um nahezu 80 Prozent. Dabei sehen Fachleute bei der Steigerung der Energieeffizienz durch Gebäudeautomation ein großes, relativ leicht auszuschöpfendes Potenzial: „Über 20 Prozent Einsparung sind durch ein kontinuierliches Energiemonitoring in Gebäuden in der Praxis in vielen Anwendungen gut zu erreichen. Voraussetzung ist, dass die bereits heute vorhandenen Technologien und Werkzeuge richtig eingesetzt, im laufenden Betrieb kontinuierlich genutzt und immer wieder an den aktuellen Nutzen oder Bedarf angepasst werden“, sagt Professor Dr.-Ing. Martin Becker vom Institut für Gebäude- und Energiesysteme (IGE) der Hochschule Biberach. „Wichtig ist, dass Energiemanagement nicht als Selbstläufer, sondern als Regelkreis betrachtet wird, der ständig im Sinne eines Ursache-Wirkungs-Kreislaufes optimiert werden muss.“ Deshalb seien insbesondere bei Nicht-Wohngebäuden und im industriellen Umfeld, in dem sich die Nutzer normalerweise für den Gebäudebetrieb nicht verantwortlich fühlen, die Energieeinsparpotenziale durch eine entsprechende Gebäudeautomation signifikant.

KNX amortisiert sich schnell

Um über ein Energiemonitoring die Energieflüsse im Gebäude transparent machen und bewerten zu können, ist KNX die geeignete Technologie. Zur Messung des Stromverbrauchs hat ABB Energieverbrauchszähler entwickelt, deren Zählerwerte über Gateways in das KNX-Netzwerk des Gebäudes eingebunden werden. Eine noch detailliertere Messung erlauben der ABB i-bus KNX Energieaktor und das nergiemodul. Diese Geräte können die elektrischen Kennwerte und den Energieverbrauch jedes einzelnen Verbrauchers erfassen.

„Die Steigerung der Energieeffizienz durch Gebäudeautomation ist sowohl technisch als auch wirtschaftlich interessant“, erläutert Dieter Michel, Leiter Produktmarketing Gebäude-Systemtechnik bei ABB Stotz-Kontakt. „Eine intelligente und vernetzte Raum- und Gebäudeautomatisierung, wie sie der ABB i-bus KNX unterstützt, amortisiert sich je nach Anlagentyp bereits nach drei bis fünf Jahren. Dagegen rechnen sich bauliche Maßnahmen wie Dämmung oder der Einbau neuer Wärmeschutz-Fenster erst nach sehr viel längerer Zeit. Durch die schnellere Amortisation und die große Flexibilität des KNX können Investoren, die auf GebäudeSystemtechnik setzen, ihre Gebäude flexibel an geänderte Nutzungsanforderungen anpassen und profitieren so zusätzlich noch vom technologischen Fortschritt.“ Nach Untersuchungen der EU stellt die Beleuchtung in gewerblich genutzten Gebäuden nach wie vor den größten Einzelverbraucher elektrischer Energie dar. Bei der Beleuchtung reduziert eine Konstantlichtregelung den Energieverbrauch deutlich. Ein Helligkeitssensor misst die Beleuchtungsstärke. Diesen Wert vergleicht ein Lichtregler mit der gewünschten Helligkeit im Raum und berechnet aus der Differenz die erforderliche Ansteuerung der Leuchtmittel. Somit wird nur die Energie eingesetzt, die zusätzlich zum natürlichen Tageslicht notwendig ist. Eine präsenzabhängige Steuerung der Beleuchtung bringt einen zusätzlichen Effekt. Die erzielbaren Einsparungen durch eine präsenzabhängige Konstantlichtregelung liegen erfahrungsgemäß im Bereich von 30 bis 40 Prozent gegenüber einer manuellen Lichtsteuerung. In einer ähnlichen Größenordnung liegt das Einsparpotenzial einer intelligenten Jalousiesteuerung, hier in Bezug auf die elektrische Energie, die für die Kühlung des Gebäudes benötigt wird.

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Neue EnEV bezieht Gebäude-Systemtechnik ein

„Generell gilt, dass wir messen müssen, was wir verbessern wollen. Energietransparenz erreichen wir durch messen, Energieeffizienz durch steuern“, sagt Dieter Michel. Mit der Neuauflage der Energieeinsparverordnung (EnEV 2014) wird auch die Bedeutung der Gebäude-Systemtechnik zunehmen. Die EnEV referenziert bei der technischen Umsetzung der gesetzlichen Energieforderungen auf die Norm DIN V 18599, die in ihrem Teil 11 explizit die Gebäudeautomation in die energetische Bewertung einbezieht.

"Wir müssen messen, was wir verbessern wollen. Energietransparenz erreichen wir durch messen, Energieeffizienz durch steuern."

Zudem wird die Angabe von Energiekennwerten in allen Immobilienanzeigen bei Verkauf und Vermietung verpflichtend. Die Bundesregierung strebt an, dass der Gebäudebestand in Deutschland bis zum Jahr 2050 klimaneutral betrieben werden soll. „Dies bedeutet, nicht nur für den Neubau erhöhte energetische Anforderungen umzusetzen, sondern auch, den Gebäudebestand energetisch zu sanieren. Hierzu bietet die Gebäude-Systemtechnik die richtigen Lösungen“, erläutert Dieter Michel. „Wir statten seit mehr als 20 Jahren vielfach Bürogebäude, Schulen, Hotels und andere zum Teil sehr große Projekte wie Flughäfen oder Fußballstadien aus. Es hat sich gezeigt, dass Gebäude mit unserer ABB i-bus KNX Gebäude-Systemtechnik sehr energieeffizient betrieben werden können. Demnach bieten die technischen Lösungen von ABB gerade auch angesichts der neuen gesetzlichen Lage interessante Chancen für Planer und für das Elektrohandwerk.“ Dies spiegelt sich auch in Zahlen zur Marktentwicklung wider: Laut VDE soll sich der deutsche Markt für Gebäudeautomation bis 2017 verdreifachen.

Für Planer bietet die Norm DIN EN 5232, die die Energieeffizienz von Gebäuden und den Einfluss von Gebäudeautomation und Gebäudemanagement behandelt, einen guten Überblick über die Funktionen und Einsparmöglichkeiten. In Zusammenarbeit mit der Hochschule Biberach hat ABB das Einsparpotenzial

 

der automatischen Beleuchtungs- und Jalousiesteuerung aus den Normangaben ermittelt und die wissenschaftlichen Ergebnisse in ein Softwaretool umgesetzt. Das Onlinetool berechnet wahlweise für ein Hotelzimmer, ein Klassenzimmer oder ein Einzelbüro die Einsparungen gegenüber einer konventionellen Installation. Das Tool ist unter der URL www.abb.com/knx gratis verfügbar.

Bei der deutschen Förderpolitik gibt es bisher große Unterschiede: Während die KfW die Wärmedämmung unterstützt, gibt es für die Steigerung der Energieeffizienz durch Gebäudeautomation keine derartige Möglichkeit. „Das wird förderpolitisch in der Tat sehr ungleich gehandhabt. Zumal sich sehr häufig durch vergleichsweise geringinvestive Maßnahmen in die Gebäudeautomation bereits erhebliche Einsparpotenziale mit kurzen Amortisationszeiten erzielen lassen“, sagt Professor Martin Becker. „Auf der anderen Seite steckt gerade in dieser Tatsache die Chance, wirtschaftlich sinnvolle Lösungen mit Gebäudeautomation umzusetzen – das sollten sich alle Bauherren, Betreiber, Architekten, Planer und ausführende Unternehmen klarmachen.“ Dies gilt natürlich im Neubau, aber auch bei einer Sanierung, die möglicherweise Zug um Zug durchgeführt wird. Gerade hier ist ein ganzheitliches Automationskonzept vor dem Start der ersten Sanierungsphase unverzichtbar.

Intelligenter Komfort

Während in Zweckbauten die Energieeffi zienz im Fokus steht, bestimmen Fragen des Komforts und der Sicherheit die Ausstattung eines privaten Raums. „Das Wohnzimmer ist pünktlich angenehm warm, das Schlafzimmer kühl, das Licht passt wie von selbst zur Situation und die Jalousien öffnen und schließen sich passend zum Wetter – zu dieser Idealsituation wollen wir mit einer intelligenten Gebäudevernetzung beitragen“, erläutert Mirko Simon von Busch-Jaeger die KNX-Haussteuerung. Die KNX-Lösungen von BuschJaeger ermöglichen eine flexible und leistungsstarke Haussteuerung mit vielfältigen Anwendungen, die zudem immer ausbaufähig und veränderbar bleibt.

Busch-Jaeger ist einer der führenden Hersteller von innovativen Produkten auf dem Gebiet der Hausautomatisierung – und eine der wenigen ABB-Einheiten, deren Produkte in Privathäusern oder öffentlichen Gebäuden offen sichtbar sind. Auf das Design seiner Produkte legt der Marktführer aus Lüdenscheid deshalb neben der optimalen Funktion besonderen Wert. Mit Busch-priOn, einer dezentralen Raumsteuereinheit, steuern und überwachen die Bewohner den gesamten Raum. Das Gerät verfügt über ein TFT-Display und einen Drehregler zur intuitiven Navigation durch das Menü. Das Busch-ComfortPanel bildet die bedienungsfreundlich gestaltete Schnittstelle zur kompletten Haustechnik. Das großzügige TFT-Display erleichtert die Steuerung aller elektrotechnischen Anwendungen im Smart Home – von programmierten Lichtszenen bis zur Kameraüberwachung und zur Anwesenheitssimulation – und ist gleichzeitig auch noch Entertainment-Center und Kommunikationszentrale.

 

Smart Homes im Smart Grid

In Zukunft wird sich das Smart Home in intelligente Netze, sogenannte Smart Grids, einfügen. So kann das KNX-System des Haushalts nicht nur die aktuellen Verbrauchsdaten und entsprechende Vergleichsdaten anzeigen, sondern wird zusätzlich mit dem Smart Grid des Energieversorgers kommunizieren, den aktuellen Strompreis anzeigen und über Farbsymbole die Empfehlung geben, Verbraucher entweder ein- oder auszuschalten. Nächster Schritt ist ein System, mit dessen Hilfe Elektrogeräte nach zuvor definierten Tarif-Grenzwerten ein- oder ausgeschaltet werden: Ist gerade viel Strom im Netz, der Preis also niedrig, schaltet sich beispielsweise der Geschirrspüler automatisch ein. Wenn die Haushalte selbst Energie erzeugen – beispielsweise durch eine Photovoltaikanlage – wachsen die Fragen und die Komplexität: Wie viel Strom erzeugt die Anlage gerade? Wie hoch ist der aktuelle Gesamtverbrauch im Haus? Was kostet die Kilowattstunde und wie wird sich der Preis voraussichtlich entwickeln? Bereits heute bietet ABB Systeme an, die diese Daten erfassen, übertragen sowie analysieren und damit das Stromnetz stabilisieren können.

Erfolg für Green CREM

Bei seinen eigenen Gebäuden geht ABB in Sachen Energieeffizienz und Komfort mit gutem Beispiel voran. Mit Green CREM (Corporate Real Estate Management) verfolgt ABB ein Nachhaltigkeitssystem, das die Energieeffizienz und die ökologische Qualität kompletter Industriestandorte verbessert. Dabei kommt die Gebäudesystemtechnik von ABB Stotz Kontakt und Busch-Jaeger zum Einsatz. Der Erfolg ist messbar: Im Vergleich zu 2007 wurde der jährliche Energieverbrauch der deutschen ABB-Standorte bis 2012 insgesamt bereits um 35.000 MWh und der CO 2-Ausstoß um 8.000 t reduziert. Seit August 2013 rollt ABB das System Green CREM an verschiedenen europäischen Standorten aus.