Stabiles Netz im Herzen Europas

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Swissgrid macht das Schweizer Netz bereit für wechselnde Lastströme. Im Umspannwerk Mühleberg geht ein Phasenschieber-Transformator von ABB in Betrieb, der zwischen verschiedenen Spannungsebenen flexibel umsteuert.<br />

Im Zuge der Energiewende müssen die Übertragungsnetze weiterentwickelt werden. Wo sie bisher auf zirkulare Energieströme mit etwas Transmission in die Umgebung ausgelegt waren, sind durch die Integration der erneuerbaren Energien in Zukunft Verschiebungen mit wechselnden Lastströmen zu steuern.

Dies gilt insbesondere im Herzen Europas, wo Swissgrid eines der verlässlichsten Übertragungsnetze betreibt. Als zentraler Kreuzungspunkt der europaweiten Energieströme tauscht die Schweiz an 41 Netzverbindungsstellen große Mengen elektrischer Energie mit Frankreich, Deutschland, Italien und Österreich aus.

Phasenschieber sind der Schlüssel

Um den stabilen Betrieb der Übertragungsnetze der Schweiz und ihrer Nachbarländer zu gewährleisten, stärkt Swissgrid Kopplungspunkte wie das Umspannwerk Mühleberg mit Phasenschieber-Transformatoren. In Zeiten hoher Netzbelastung verschieben sie den Leistungsfluss zwischen dem 220- und 380-kV-Netz. Dadurch verhindern sie potenziell kritische Situationen wie Systemüberlastung und Netzinstabilität, die bis zu einem Versorgungsausfall führen können.

„Für Mühleberg liefern wir einen Phasenschieber-Transformator aus dem Werk Bad Honnef mit einer Leistung von 800 MVA an Swissgrid“, sagt Christian Ebert, Vertriebsleiter des ABB-Transformatorenwerks Bad Honnef. „Er besteht aus vier getrennten Einheiten – eine für jede Phase und zusätzlich eine Ersatzeinheit.“ Die Ersatzeinheit ist zu allen Zeiten ebenfalls eingebunden, um im Fehlerfall eine rasche Umstellung und Verfügbarkeit zu gewährleisten.

„Der Phasenschieber-Transformator hat 800 MVA Leistung und besteht aus vier getrennten Einheiten – eine für jede Phase und zusätzlich eine Ersatzeinheit.“

Einzelstück aus Bad Honnef

Der Swissgrid-Auftrag an ABB umfasst die Entwicklung, Herstellung, Erprobung, den Transport sowie die Installation und Inbetriebnahme der vier Einheiten. Generell ist das Transformatorengeschäft ein Engineering-to-Order-Business – alle Geräte sind eigens entwickelte Einzelstücke. Sie entstehen nicht in einer automatisierten Fertigung, sondern in einer “Manufaktur” mit viel echtem Handwerk der Mitarbeiter. Phasenschieber-Transformatoren sind technisch komplexe Geräte, die mehr Wicklungen und Lastschalter als übliche Leistungstransformatoren haben.

Weil Phasenschieber verschiedene Netze verbinden, muss ihre Technik auf ihr Zusammenwirken mit dem Netz ausgelegt sein. Beim Design bringen deshalb die Fachleute auf Kunden- und Herstellerseite ihr Know-how aus Netzplanung, Transformatorenbau und Betrieb zusammen. „Häufig macht der Kunde bei der Planung von Phasenschieber-Transformatoren eine Netzsimulation und definiert in Zusammenarbeit mit uns über viele Iterationsschleifen die endgültigen Produktspezifikationen“, erläutert Thomas Schmidt, Globaler Produkt Manager. „Von den ersten Planungsschritten bis zur Inbetriebnahme können mehrere Jahre vergehen.“

Tunnel geben Limit vor

Der Phasenschieber für das Umspannwerk Mühleberg wird im Jahr 2018 von ABB in Bad Honnef produziert und 2019 von Swissgrid in Betrieb genommen. Der Transport der jeweils 165 t wiegenden Einheiten – mit Ölfüllung und technischen Anbauten sind es später sogar 300 t – erfolgt bis Basel per Schiff auf dem Rhein und dann weiter mit der Bahn bis zum Ziel in der Zentralschweiz. Die Baumaße von Transformatoren richten sich nach den Transportmöglichkeiten; im Fall von Mühleberg geben die Tunnelquerprofile der Schweizer Bahn das Limit vor.

„Weil Phasenschieber verhindern, dass gewisse Stränge überlastet und andere unterlastet sind, leisten sie einen wichtigen Beitrag dazu, bestehende Freileitungskapazitäten optimal zu nutzen“, sagt Thomas Schmidt. „Angesichts der Schwierigkeiten, die vielerorts beim Neubau von Leitungen bestehen, spricht dies sehr für den Einsatz der Spezialtransformatoren.“

„Weil sie dazu beitragen, Freileitungskapazitäten optimal zu nutzen, spricht viel für den Einsatz der Spezialtransformatoren.“

Erfolgsgeschichte eines Standorts

In Bad Honnef werden seit den 1930er-Jahren Transformatoren hergestellt. Mit der historischen Entwicklung in der elektrischen Energietechnik hin zu immer höheren Leistungen und Spannungen ist auch die Leistungsfähigkeit der Transformatoren kontinuierlich gestiegen. Heute produzieren ungefähr 300 ABB-Mitarbeiter am Standort Bad Honnef in der konzernweiten Lead Factory drei Produktreihen: Industrietransformatoren für Stahlwerke sowie für die Aluminiumproduktion, Großtransformatoren für Energieversorger und Phasenschieber.