Datenbasierte Roboter-Wartung: Mit optimalen Wartungszyklen Produktionsstillstände vermeiden

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Intro

In den ersten beiden Teilen unserer Service-Serie haben wir uns schwerpunktmäßig mit der Generalüberholung von Robotern sowie dem Umbau und der Modernisierung von Bestandsanlagen beschäftigt. Im dritten und letzten Teil durchleuchten wir das Thema datenbasierte Wartungskonzepte.

Für Industrieunternehmen wird zunehmend wichtig, ihre Roboter digital anzubinden und durch eine gezielte Datenanalyse Erkenntnisse über den Gesundheitszustand ihrer mechanischen Belegschaft zu bekommen. Herkömmliche Wartung läuft nach einem starren Programm ab: Einmal jährlich oder nach 20.000 Betriebsstunden werden alle Roboter gewartet. Egal, wie stark sie beansprucht wurden. Smarter ist der Weg von ABB: Die Anamnese im Rahmen der Condition-Based Maintenance liefert nicht nur eine individuelle Gesundheitsakte für jeden einzelnen Roboter, sondern zeigt exakt, bei welchen Achsen die Getriebe besonders unter Verschleiß leiden und ausgetauscht werden müssen. Das spart Kosten und reduziert Produktionsstillstände.

SIS – das Service Information System

ABB ist einer der Pioniere im Bereich datenbasierte Analyse. So sammelt ABB bereits seit dem Jahr 2002, also lange vor der allgemeinen Digitalisierungswelle, Daten, die in das SIS einfließen und dazu dienen, den Gesundheitsstatus der Roboter besser zu bewerten und den Verschleiß bestimmter mechanischer Komponenten – etwa Getriebe und Ausgleichseinheiten – zu überwachen. Technisch läuft die Analyse wie folgt ab: Die Robotersteuerung verarbeitet und speichert Daten in Echtzeit. Dabei handelt es sich ausschließlich um bewegungsbezogene Daten, etwa eine Zusammenstellung der Bewegungen der Robotergelenke wie Drehmoment, Beschleunigung oder Verhältnis von Stillstandzeit zu Bewegungszeit. Jedoch werden keinerlei sensible Daten wie Informationen zu Teilevarianten oder Zykluszeiten aufgezeichnet. Der Schutz der Produktionsprivatsphäre hat oberste Priorität.

So werden die SIS-Daten genutzt

  1. Beanspruchungen erkennen: Mit unserer Analyse erstellen wir unseren Kunden eine Gesamtübersicht über alle installierten Roboter und markieren solche, die besonders beansprucht wurden.
  2. Identifizieren und Wartung planen: Wir identifizieren den „schlechtesten“ Roboter der Produktionslinie und empfehlen auf Basis seines Zustands eine Wartungsstrategie.
  3. Auswählen & zweites Leben: Wir unterstützen bei der Auswahl von Robotern, die bei einem Anlagenumbau problemlos weiterverwendet werden können.
  4. Untersuchen: Wir finden heraus, warum ein Getriebe vorzeitig ausgefallen ist, um den Fehler zukünftig zu vermeiden bzw. zu erklären.
  5. Analysieren: Mithilfe unserer Analyse können Anwender Veränderungen der Roboterbelastung über mehrere Jahre vergleichen, z.B. wenn eine neue Teilevariante in der Produktion hinzugekommen ist.

Beim zustandsbasierten Wartungsservice (Condtion-Based Maintenance, CBM) aggregiert ABB SIS-Daten und bietet seinen Kunden eine zweistufige Analyse. Auf Stufe 1 wird die gesamte Roboterflotte betrachtet und die am stärksten beanspruchten Roboter identifiziert. Auf Stufe 2 werden die stark beanspruchten Roboter noch genauer geprüft. ABB-Experten empfehlen dann nicht nur eine maßgeschneiderte Wartungsstrategie, sondern sie suchen auch gezielt nach den Ursachen für die Überbeanspruchung. Wäre ein Roboter ein Mensch, käme Condition-Based Maintenance einer umfassenden Blutbildanalyse gleich.

Die Vorteile der zustandsbasierten Wartung für den Kunden liegen auf der Hand: Er bekommt einen exakte, auf den jeweilig eingesetzten Robotertyp individualisierten Gesundheitsbericht und erkennt, wo er gegebenenfalls Gefahr läuft, dass ein Roboter ausfällt. Diese Art und Weise der datenbasierten Wartung ist deutlich smarter, als generell alle Roboter nach einer gewissen Laufleistung oder Zeitspanne vorbeugend zu warten. Durch die individuelle zustandsbasierte Wartung wird ein Roboter nie zu früh oder zu spät, sondern genau zum richtigen Zeitpunkt gewartet. Dadurch sparen sich Unternehmen Geld, da vorzeitige Ausfälle, die durch einen ungewöhnlich hohen Verschleiß wegen einer zu hohen mechanischen Beanspruchung entstehen, verhindert werden.

Neben den optimalen Wartungszyklen hat Condition-Based Maintenance noch weitere Vorteile für Kunden: Sie können die Ersatzteilbevorratung besser planen, punktgenau budgetieren und zudem die Lebensdauer ihrer Roboter erhöhen. Und für Zulieferer ergibt sich im Bereich Qualitätsmanagement ein weiterer entscheidender Pluspunkt: Das Condition-Based Maintenance kann als ein Teil des von Auftraggebern geforderten QM-Audits einfließen, um die gesteigerte Produktionssicherheit nachzuweisen.

Nicht nur Symptome erkennen, sondern auch die Ursachen

Die von ABB eingesetzte Analytik ist hierbei sehr genau und lässt nicht nur erkennen, dass ein Roboter aufgrund der Werte gewartet werden muss, sondern die Auswertung lässt auch Rückschlüsse über die Ursachen zu. Das heißt, es wird nicht nur das entsprechende Teil ausgetauscht, sondern das Problem bei der Wurzel gepackt und behoben. Beispiel: In der Praxis kann eine falsche Konfiguration oder eine schlechte Implementierung des Roboterprogramms Auswirkungen auf die Belastung und den Verschleiß haben. Ohne ein Erkennen der Ursache ist ein weiterer Austausch des ersetzten Teils nur eine Frage der Zeit und eine tickende Bombe. Anhand der Analysedaten wird die Ursache erkannt und behoben. Auch dies führt wiederum zu einer stabileren Produktion und geringeren Kosten.

Ein neuralgischer Punkt der Analyse sind Kompaktgetriebe, die seit den 90er Jahren bei Robotern in verschiedenen Achsen zum Einsatz kommen. Sie ermöglichen ein schlankes Design, sind aber auch die teuersten mechanischen Teile eines Roboters. Fallen sie aus, wird es teuer. Eine intelligente Wartung spart hier Geld. Während des Betriebs sondern die Lager Metall ab, die sich im Öl ansammeln. Um eine dauerhafte Beschädigung zu vermeiden, muss das Öl nach 20.000–24.000 Betriebsstunden gewechselt werden, um den Anteil des Eisenabriebs im Öl zu reduzieren. Wenn durch die Analyse ein Ausfall eines Kompaktbetriebes verhindert werden kann, rechnet sich bereits die Analyse aufgrund der hohen Kosten für ein neues Kompaktgetriebe.

Die Bedeutung des Betriebsfaktors

Der Betriebsfaktor spiegelt die Gesamtaktivität des Roboters wider. Die Auswirkung des Betriebsfaktors variiert in Abhängigkeit von der Roboteranwendung:

Das Ergebnis der Analyse bekommt der Kunde in übersichtlichen Reports, die ihm helfen, intern die Kosten für die Wartung zu verargumentieren. In der Regel ist bei einer solchen Analyse bei weniger als 5% der Roboter Handlungsdruck:

Der Bericht zeigt genau, welche Achsen besonders belastet wurden und gewartet werden müssen:

Und der Gesamtreport zeigt eindrucksvoll, wo Handlungsbedarf besteht:

Diese Art der datenbasierten Analyse von ABB, die zu einer optimalen Planung der Roboterwartung und zu einer maximalen Produktionssicherheit führt, ist in der Branche einmalig.

Zustandsanalysen sind auch ein zentraler Bestandteil, wenn es darum geht, durch gezielte Modernisierungsmaßnahmen die Betriebsdauer bestehender Anlagen deutlich zu verlängern. Mehr zum Thema Retrofit im Interview mit Dana Merget, Leiterin des System-Service-Teams.

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