Mehr Daten, weniger Kabel, höhere Sicherheit: Ethernet-APL von ABB

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In Chemie- oder Wasserstoffanlagen sind meist hunderte Sensoren und Messgeräte über das Gelände verteilt, viele davon in explosionsgefährdeten Bereichen. Sie messen Durchfluss, Temperatur oder Druck – und liefern bislang meist nur einen einzelnen Prozesswert. Ob ein Gerät langsam driftet, sich eine Verschmutzung anbahnt oder der Prozess instabil wird, bleibt oft lange unentdeckt. Gerade in der Feldebene liegt also noch viel ungenutztes Potenzial.

Die „letzte Meile“ der Digitalisierung ist deshalb nicht in der Leitwarte oder im Rechenzentrum zu gehen, sondern im Feld. Genau hier setzt Ethernet-APL an. Die neue Technologie bringt Ethernet direkt bis an die Feldgeräte, und das auch in rauen Umgebungen. Damit wird das Feld zum festen Teil des industriellen Netzwerks, und die umfassenden Daten aus Sensorik und Messtechnik stehen erstmals in hoher Geschwindigkeit und umfassender Tiefe zur Verfügung.

Ethernet-APL einfach erklärt

Ethernet-APL steht für „Advanced Physical Layer“ und wurde von zwölf großen Industrieanbietern der Prozessautomatisierung (darunter ABB) und vier internationalen Standardorganisationen speziell für die Anforderungen der Prozessindustrie entwickelt. Die Grundidee ist einfach: Ethernet soll nicht mehr am Schaltschrank enden, sondern bis zu den Sensoren, Messumformern und Aktoren direkt in der Anlage reichen.

Ethernet-APL kombiniert dabei zwei entscheidende Punkte: Es nutzt Ethernet als weltweit etablierten Standard für hohe Datenmengen, durchgängige IP-Kommunikation und herstellerübergreifende Vernetzung und ist gleichzeitig auf reale Feldbedingungen wie lange Distanzen und raue Umgebungen zugeschnitten. So entsteht ein durchgängiger Datenfluss bis ins Feld. Statt nur einen Messwert zu liefern, können Feldgeräte ihre Prozess-, Diagnose- und Zustandsdaten direkt und in Echtzeit ins Netzwerk schicken. Das schafft eine neue Grundlage für moderne digitale Anwendungen.

Wie funktioniert Ethernet-APL?

Damit Ethernet unter realen Bedingungen auf Feldebene funktioniert, brauchte es eine technologische Weiterentwicklung. Und genau das leistet Ethernet-APL: Die Basis dafür ist eine neu entwickelte Übertragungstechnik, ausgelegt auf die realen Bedingungen in Prozessanlagen. Der entscheidende Unterschied zum klassischen Ethernet liegt dabei in vier zentralen Punkten:

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Ethernet-APL nutzt eine geschirmte Zweidraht-Leitung, über die Stromversorgung und Daten gleichzeitig laufen. Damit bleibt die einfache, robuste 2-Draht-Topologie erhalten, die sich in der Prozessindustrie seit Jahrzehnten bewährt hat. 

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Ethernet-APL ermöglicht deutlich längere Übertragungsstrecken. Statt nach ca. 100 Metern an seine Grenzen zu stoßen, sind bis zu 1.000 Meter pro Segment möglich. Besonders für weitläufige Anlagen ein großer Vorteil. 

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Ethernet-APL ist eigensicher ausgelegt. Die Technologie begrenzt Spannung und Strom so, dass sie erstmals auch in explosionsgefährdeten Bereichen eingesetzt werden kann, wo bislang aus Sicherheitsgründen nur Feldbus- oder 4-20-mA-Kommunikation zulässig war.

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Ethernet-APL bietet eine deutlich höhere Datenleistung: Mit 10 Mbit/s steht ein schneller, kontinuierlicher Datenkanal zur Verfügung, was die Übertragung von umfangreichen Diagnose-, Status- und Konfigurationsdaten in Echtzeit ermöglicht 

Unterm Strich macht Ethernet-APL Ethernet feldtauglich – robust, für lange Strecken ausgelegt und mit einem durchgängigen Daten- und Energiepfad über nur zwei Adern. So wird die Digitalisierung bis in die Feldebene hinein praktisch umsetzbar.

Welche Vorteile bietet Ethernet-APL für die Industrie?

Ethernet-APL öffnet also den Datenfluss dorthin, wo er bisher gebremst wurde: ins Feld. Feldgeräte liefern nicht länger nur einzelne Messwerte, sondern übertragen gleichzeitig auch Prozess-, Diagnose- und Zustandsdaten. Dadurch entsteht ein vollständigeres Bild der Anlage – die Basis für bessere Entscheidungen im Betrieb, schnellere Optimierungen und eine höhere Prozessstabilität.

Auch die Anlagenverfügbarkeit profitiert dadurch. Weil kontinuierlich Zustandsdaten vorliegen, werden Abweichungen früh sichtbar. Condition Monitoring und Predictive Maintenance lassen sich so im Alltag umsetzen, sodass Wartung sich am tatsächlichen Bedarf statt an starren Intervallen orientiert.

ABB bringt Ethernet in die Feldebene – durch eine spezielle Beschichtung und technologische Weiterentwicklung wird die Digitalisierung bis in die Ebene der Feldgeräte hinein umsetzbar.

Wirtschaftlich überzeugt Ethernet-APL durch die Zweidraht-Infrastruktur: Weil Stromversorgung und Daten über dasselbe Kabel laufen, kann die vorhandene Verkabelung bei der Modernisierung einer Anlage meist weitergenutzt werden. Dazu kommt die große Reichweite von bis zu 1.000 Metern, die den Netzaufbau reduziert – was weniger zusätzliche Infrastruktur und weniger Aufwand bei Planung und Installation bedeutet. Das senkt Engineering- und Betriebskosten.

Dazu kommt: Ethernet-APL macht Anlagen zukunftssicher. Weil es auf dem weltweiten Ethernet-Standard basiert, entsteht ein durchgängiges industrielles Netzwerk vom Feld bis in die Leit-, IT- und Cloud-Ebene. Digitalisierung wird dadurch skalierbar und Technologien wie digitale Zwillinge, Remote-Services oder KI-gestützte Prozessoptimierung werden überhaupt erst praktikabel.

Vom neuen Standard zur praktischen Anwendung

Wir bei ABB gehören zu den Treibern von Ethernet-APL – und haben die Technologie vor allem direkt in marktreife Anwendungen überführt. Unsere Swirl- und Vortex-Durchflussmesser zählen zu den ersten Feldgeräten mit Ethernet-APL am Markt. Die Physical-Layer-Zertifizierung der FieldComm Group bestätigt ihre Standardkonformität und Interoperabilität. Ein wichtiger Baustein für Investitionssicherheit – und unsere APL-Flowmeter waren hier weltweit die ersten zertifizierten Geräte.

Industrieanlagen profitieren von Ethernet-APL durch mehr Anlagenverfügbarkeit: Kontinuierliche Zustandsdaten ermöglichen Condition Monitoring und Predictive Maintenance.

ABB kombiniert Ethernet-APL außerdem mit echtem Mehrwert im Betrieb: Die Geräte liefern nicht nur Messwerte, sondern parallel auch Prozess-, Diagnose- und Zustandsdaten (z. B. verschiedene Durchflussarten, Temperatur, Totalizer, Gerätestatus). Damit werden sie zur Datenbasis für Optimierung und vorausschauende Wartung. Dabei ist die Nutzung sehr einfach: Die Konfiguration läuft per Standard-Webbrowser und über gängige Protokolle wie PROFINET, Modbus TCP und TCP/IP, ganz ohne Spezialsoftware oder Treiber.

Weil mehr Konnektivität auch mehr Risiko bedeutet, setzt ABB auf Cybersecurity by design: verschlüsselte Kommunikation, deaktivierte unsichere Protokolle, verpflichtender Passwortwechsel. Bei Inbetriebnahme sowie Security-Tests über den gesamten Produktlebenszyklus hinweg.

So wird Ethernet-APL zu einer praxistauglichen, benutzerfreundlichen und sicheren Grundlage für die Digitalisierung bis ins Feld. Ethernet-APL schließt damit eine zentrale Lücke der industriellen Digitalisierung und macht genau die Daten verfügbar, die für stabile, effiziente und zukunftssichere Prozessanlagen entscheidend sind.