Dieses Beispiel zeigt, dass Modernisierungsmaßnahmen an bestehenden Anlagen sowohl ökologische Vorteile (CO₂-Reduktion) als auch handfeste ökonomische Einsparungen bringen.
2. Automatisierung, KI und Prozessoptimierung:
Ein weiterer Schlüssel zur Energieeinsparung liegt in intelligent gesteuerten Prozessen. Moderne Leitsysteme und Automatisierungstechnik überwachen und regeln sämtliche Prozessschritte in Echtzeit. Durch den Einsatz von Sensorik und Industrial Internet of Things (IIoT) können Energiedaten an vielen Punkten gesammelt und analysiert werden. Künstliche Intelligenz (KI) hilft, Muster zu erkennen und Prozesse optimal zu fahren, sodass z. B. Schwankungen im Dampf- oder Stromverbrauch minimiert werden.
ABB bietet digitale Lösungen an, mit denen Papierfabriken in Echtzeit ihren Energieverbrauch verfolgen und steuern können. Beim Papierkonzern UPM werden über ein ABB-System 14 Werke in Europa gleichzeitig überwacht, um Effizienzpotenziale zu identifizieren: Verantwortliche sehen auf einen Blick, wie sie sich im Vergleich zu anderen Werken schlagen, und können den Fortschritt der Einsparungen verfolgen – bei Strom, aber auch Dampf, Wasser und Emissionen.
Solch ein Energie-Management-System nach ISO 50001 erlaubt es, für einzelne Bereiche Ziele zu setzen und automatisch Alarme zu erhalten, falls Verbräuche vom Soll abweichen. Diese Transparenz über alle Verbrauchsdaten ist dann die Basis, um gezielt Optimierungen einzuleiten.
Darüber hinaus kommen KI-gestützte Analysen zum Einsatz, um Verbrauch und Produktion besser zu verzahnen. Ein Beispiel ist die vorausschauende Energiebedarfs-Prognose: ABB-Software hilft Unternehmen wie UPM oder Sappi, den Energieverbrauch eines Werks in Abhängigkeit vom Produktionsplan präzise zu modellieren. So kann im Voraus bestimmt werden, wann zusätzliche Energiequellen zugeschaltet oder interne Verbraucher gedrosselt werden können. Auf diese Weise lassen sich Lastspitzen vermeiden und Energiekosten senken – etwa indem teurer Strombezug zu Spitzenzeiten reduziert wird. Laut Erfahrungswerten solcher Lösungen sparen Betriebe dadurch 2–4 % ihrer Energiekosten ein, bei Amortisationszeiten von wenigen Monaten.
3. Digitale Zwillinge und Simulation
Ein Blick in die nahe Zukunft zeigt, dass auch digitale Zwillinge enorme Potenziale für die Papierindustrie bieten. Ein digitaler Zwilling ist ein virtuelles Abbild der realen Anlage, das sämtliche relevanten Prozess- und Energiedaten in einem Modell nachbildet. Damit lassen sich Experimente und Optimierungen am „virtuellen“ Papierprozess durchführen, ohne die reale Produktion zu stören.
In Deutschland läuft hierzu eines der ehrgeizigsten Gemeinschaftsprojekte der Branche: die Modellfabrik Papier. Im dort laufenden Forschungsprojekt FOREST entwickelt ein Konsortium unter Beteiligung von ABB und anderen Industrie- und Forschungspartnern ein Rahmenwerk für digitale Zwillinge einer Papierproduktion .
Ziel ist es, die CO2-Fußabdrücke im Gesamtsystem einer Papiermaschine erstmals vollständig digital abzubilden – von der Faserstoffaufbereitung bis zur Aufrollung. Darauf aufbauende virtuelle Modelle können alle Energie- und Stoffströme erfassen und erlauben den Vergleich des Ist-Zustands mit einem optimalen Soll-Zustand. So können die komplex ineinandergreifenden Verfahrensschritte auf neue Weise analysiert werden, um disruptive Einsparpotenziale aufzudecken.
Künftige Anlagenfahrer und Ingenieure sollen mithilfe dieser Simulationen in die Lage versetzt werden, die Maschinenfahrweise und Energieversorgung kontinuierlich zu verbessern. Praktisch könnte ein digitaler Zwilling beispielsweise zeigen, wie sich eine geänderte Siebpartie auf den Trockendampf-Verbrauch und den daraus resultierenden CO2-Fußabdruck auswirkt oder wo Abwärme im Prozess ungenutzt verpufft – Informationen, die dann zur Optimierung der realen Anlage genutzt werden.
Die Kopplung mit KI ermöglicht es zudem, autonom Vorschläge zur Effizienzsteigerung zu machen. In Kombination mit bereits etablierten Systemen (Energie-Monitoring, Advanced Process Control) können derartige digitale Zwillinge helfen, den Energieverbrauch noch einmal deutlich zu reduzieren und dem Ziel der klimaneutralen Papierfabrik näherzukommen.