„Mut ist entscheidend“ – Dana Merget im Interview über Karriere, Führung und Vielfalt in der Technik

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Intro

Dana Merget hat in den vergangenen Jahren als Head of System Service des ABB-Geschäftsbereichs Robotics einen wichtigen Teil des Kundenservice verantwortet. Noch während ihres MBA-Studiums entschied sie sich als Jüngste im Team, in eine Führungsrolle zu gehen – und das in einem männerdominierten Umfeld. Nun übernimmt sie innerhalb des Geschäftsbereiches Prozessautomation die Rolle als Head of Digital. Im Gespräch blickt sie auf ihren Werdegang zurück und spricht über Mut, Führungsstärke und die Bedeutung von Vielfalt in der Technik.

Dana, bis Dezember bist Du Head of System Service bei ABB Robotics. Was sind Deine Aufgaben in dieser Rolle?

Der Bereich System Service gehört zum Kundenservice und unterstützt Kunden, die bereits eine robotergestützte Anlage betreiben, deren Komponenten aber nicht mehr vollständig an die Ersatzteilversorgung angebunden sind. Wir entwickeln dafür Modernisierungskonzepte – von Steuerungs- und Manipulatorarm-Upgrades bis hin zu kompletten Anlagenmodernisierungen. Meine Aufgabe ist es, den gesamten Prozess zu steuern, von der ersten Analyse bis zum Projektabschluss. Dazu gehörte auch, ein 16-köpfiges Team zu führen und die Profit- und Loss-Verantwortung zu übernehmen. Besonders wichtig ist die enge Zusammenarbeit mit unserer globalen Organisation, um für die Kunden stets passgenaue Lösungen zu entwickeln.

Welche Qualifikationen waren für diese Rolle besonders wichtig?

Viele Fähigkeiten entwickelt man erst im Laufe der Karriere. Ich habe ein duales Studium im Bereich Mechatronik mit Schwerpunkt Projekt-Engineering bei ABB absolviert. Diese Mischung aus Technik, BWL und Organisation hat mir ein solides Fundament gegeben. Später, in meiner Rolle als Projektleiterin, habe ich gemerkt, wie entscheidend neben technischem Wissen auch Struktur, Kommunikation und Empathie sind. Man muss Prozesse verstehen, Menschen mitnehmen und Projekte sauber planen können – das habe ich Schritt für Schritt gelernt.

Du hast Dich schon während des MBA-Studiums in eine Führungsrolle gewagt. Was hat Dich motiviert?

Es erfordert Mut, sich auf eine Stelle zu bewerben, für die man nicht alle Voraussetzungen erfüllt. Aber genau dieser Schritt lohnt sich. Niemand sagt einem: „Jetzt ist der richtige Zeitpunkt.“ Man muss selbst entscheiden, wann man bereit ist, und dann auch gegen Widerstände Gehör finden. Für mich war es prägend, in einem männerdominierten Umfeld als Jüngste im Team Verantwortung zu übernehmen. Dabei habe ich gelernt, wie wichtig es ist, sich selbst treu zu bleiben und die eigenen Stärken konsequent einzubringen.

Welche Herausforderungen musstest Du auf dem Weg meistern?

Die größte war sicher die Doppelbelastung von Studium und Beruf – zuerst während des Bachelors, später erneut während des Masters. Das war nur mit viel Disziplin, Struktur und klaren Prioritäten möglich. Aber auch praktische Hürden gab es: fehlende Schutzausrüstung in Damengrößen oder der Mangel an Damentoiletten auf Baustellen. Solche Erfahrungen wirken am Anfang abschreckend, haben mich aber auch widerstandsfähiger gemacht. Zum Glück hat sich in den letzten Jahren viel verbessert – heute ist Schutzausrüstung in verschiedenen Größen selbstverständlich, und auch die Infrastruktur auf Baustellen ist oft besser auf Frauen eingestellt.

Warum sind Frauen in technischen Führungspositionen noch immer selten?

Weil Mädchen im MINT-Bereich nach wie vor zu selten gefördert werden. Ich selbst hatte das Glück, schon früh in Mathematik und Naturwissenschaften unterstützt zu werden – das war ein entscheidender Vorteil. Doch Rollenbilder sind nach wie vor stark in den Köpfen verankert. Wenn wir schon im Kindergarten und in der Schule beginnen würden, Mädchen für Technik zu begeistern, hätten wir später automatisch mehr Studentinnen, Bewerberinnen und letztlich auch mehr Frauen in Führungsrollen.

Was unternimmt ABB, um Frauen im Technikbereich zu fördern?

Diversität und Inklusion sind bei ABB fest in der Unternehmensstrategie verankert. Chancengleichheit spielt dabei eine zentrale Rolle. Alle Stellen werden über unseren Open Job Market transparent ausgeschrieben, und der gesamte Recruiting-Prozess basiert ausschließlich auf Kompetenzen und Qualifikationen – unabhängig von Geschlecht, Herkunft oder Alter.

Darüber hinaus gibt es regelmäßige Entwicklungsgespräche, in denen Mitarbeitende ihre Wünsche und Ziele formulieren können. So habe auch ich die Möglichkeit bekommen, drei Monate in Shanghai zu arbeiten und internationale Erfahrung zu sammeln. Das war ein wichtiger Meilenstein für meine persönliche Weiterentwicklung.

Außerdem gibt es Mentoring-Programme, die gezielt auf Frauen zugeschnitten sind, um sie zu stärken und zu ermutigen, Führungsverantwortung zu übernehmen. Aber auch inoffizielle Mentorenschaften sind möglich – das Unternehmensnetzwerk bietet viele Chancen, wenn man aktiv danach fragst.

Was rätst Du jungen Menschen, die einen ähnlichen Weg einschlagen möchten?

Traut euch! Neugier, Mut und Durchhaltevermögen sind wichtiger als die perfekte Erfüllung einer Stellenanzeige. Niemand erfüllt alle Punkte einer Ausschreibung. Es geht darum, Schritt für Schritt Erfahrungen zu sammeln und sich nicht entmutigen zu lassen. Wichtig ist auch Geduld – gerade im technischen Bereich sind Lösungen oft nicht sofort sichtbar, sondern entwickeln sich über längere Zeiträume. Wer konsequent seinen eigenen Weg geht, unabhängig von äußeren Meinungen, wird langfristig erfolgreich sein.

Im Dezember wartet eine neue Herausforderung auf Dich. Du wirst Head of Digital im ABB-Geschäfts­bereich Prozessautomation. Was kann man sich unter diesem Jobtitel vorstellen?

Als Head of Digital ist es mein Ziel, das digitale Portfolio des Geschäftsbereichs weiterzuentwickeln sowie die Einführung neuer Lösungen voranzutreiben. Zu den digitalen Lösungen zählen beispielsweise das Energiemanagementsystem OPTIMAX, das Lademanagement dynovaPRO oder das Condition Monitoring System AssetInsight. Mit unserem ganzheitlichen Digitalisierungsansatz können wir Kunden wie Energieversorger dabei unterstützen, Risiken zu minimieren, die Grundlage für effiziente, nachhaltige und sichere Betriebsabläufe zu schaffen – und so zum Gewinner der Energiewende zu werden.

Das Interview mit Dana Merget orientiert sich inhaltlich an einem Gespräch, das von der Fachzeitschrift Robotik & Produktion Anfang 2025 veröffentlicht wurde. Es wurde für diesen Kontext neu formuliert.