Einfach erklärt: Was ist ein Frequenzumrichter?

Fred Donabauer, Leiter Produktmanagement LV Drives & PLC bei ABB Motion Deutschland.
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Frequenzumrichter treiben Elektromotoren an und sparen dabei viele Kosten. Aber wie genau senkt ein Umrichter den Energieverbrauch? Wie funktionieren Frequenzumrichter und welche Einsatzgebiete gibt es für die Maschinen? Fred Donabauer, Leiter Produktmanagement LV Drives & PLC bei ABB Motion Deutschland, erklärt die wichtigsten Fakten.

Herr Donabauer, welchen Zweck hat ein Frequenzumrichter?

Es gibt viele Zwecke, denen ein Frequenzumrichter dienen kann. Einer der wichtigsten ist die Regelung der Drehzahl eines Elektromotors, der mit dem Frequenzumrichter gesteuert wird. Denn unzählige Maschinen in der Industrie müssen mit verschiedenen Drehzahlen fahren. Aber nicht nur dort: Fahrstühle zum Beispiel sind früher ruckartig gefahren. Sanftes Anfahren und Beschleunigen, wie man es heute kennt – auch das macht der moderne Frequenzumrichter möglich.

In anderen Anwendungen wird nicht die Drehzahl, sondern das Drehmoment geregelt, also die Kraft, mit der der Motor etwas antreibt. Für diesen Zweck der gezielten Drehmomentregelung werden Frequenzumrichter zum Beispiel in Prüfständen zur Betriebsmittelprüfung eingesetzt, etwa in der Automobilindustrie.

Ein dritter Zweck ist die Regelung der Position. Bei dieser Anwendung wird der Frequenzumrichter eingesetzt, um eine Maschine oder Komponente an eine vorgegebene Position zu fahren. Diese Funktion wird beispielsweise zur exakten Steuerung von Stapelkranen oder bei anderen Transportanwendungen genutzt. Dabei spielen Drehzahl und Drehmoment eine untergeordnete Rolle.

Eine vierte Variante ist die sogenannte Synchronlaufregelung. Werden in einer Anwendung mehrere Motoren gleichzeitig von Frequenzumrichtern betrieben, dann stellt die Synchronlaufregelung sicher, dass zwei oder mehr Motoren winkelsynchron arbeiten, also im gleichen Takt und mit der gleichen Geschwindigkeit und Position. Das ist etwa im Maschinenbau sehr wichtig, um mechanische Spannungen oder Ungenauigkeiten bei der Materialbearbeitung zu vermeiden.

Was ist das Drehmoment eines Motors?

Das Drehmoment eines Motors ist ein Maß für die Kraft, die der Motor aufbringen kann, um eine Drehbewegung zu erzeugen. Es wird in Newtonmetern (Nm) gemessen und ist eine wichtige Kenngröße für die Leistungsfähigkeit eines Motors. Das Drehmoment gibt also an, wie viel Kraft ein Motor auf eine Welle ausüben kann, um diese zu drehen. Ein höheres Drehmoment bedeutet, dass der Motor schwerere Lasten bewegen oder schneller beschleunigen kann.

Was ist die Drehzahl eines Motors?

Die Drehzahl eines Motors ist die Anzahl der Umdrehungen, die eine Motorwelle in einer bestimmten Zeiteinheit macht. Sie wird üblicherweise in Umdrehungen pro Minute (U/min) gemessen. Die Drehzahl gibt also an, wie schnell sich die Welle eines Motors dreht und dient als Maß für die Geschwindigkeit der rotierenden Teile im Motor.

Oft hört man Energieeffizienz als Argument für Frequenzumrichter. Sparen Umrichter wirklich so viel Energie?

Auf jeden Fall, Frequenzumrichter können sehr viel zur Energieeinsparung beitragen, in Extremfällen bis zu 70%. Tatsächlich ist der übergreifende Sinn von Frequenzumrichtern sehr vielfältig, die Effizienz und Produktivität zu steigern, die Produktqualität zu erhöhen und auch die Anlagenkomponenten zu schonen – zum Beispiel, indem Stöße beim Transport von Flüssigkeiten in Rohrleitungen vermieden werden. Energie spart ein Frequenzumrichter vor allem, weil man mit ihm die Drehzahl und das Drehmoment eines Motors präzise an den tatsächlichen Bedarf anpassen kann. Das bedeutet, dass der Motor nur so schnell läuft, wie es für den Prozess notwendig ist. Durch die Anpassung der Motorleistung an die tatsächlichen Betriebsanforderungen lassen sich erhebliche Mengen Energie sparen.

18 Motoren und 18 Frequenzumrichter von ABB sorgen im Kühlmittelkreislauf der Coop-Großbäckerei in der Schweiz für höchste Energieeffizienz.

Wie funktioniert ein Frequenzumrichter? Ist die Funktionsweise bei allen Arten gleich?

Der Frequenzumrichter zählt zu den Stromrichtern, also zu Geräten, die elektrische Kenngrößen von einer Form in eine andere umwandeln. Eine exaktere, aber etwas sperrige Bezeichnung für heute übliche Frequenzumrichter lautet Spannungszwischenkreisumrichter. Sie beschreibt die Funktionsweise gut: Der Umrichter wird verwendet, um eine elektrische Drehspannung über einen Gleichspannungszwischenkreis in eine andere Form von Drehspannung mit einer variablen Frequenz oder Spannung umzuwandeln. Das passiert in drei Schritten: Erstens wandelt die Gleichrichterstufe die eingehende Drehspannung in Gleichspannung um – ungesteuert mit Dioden oder gesteuert mit anderen Leistungshalbleitern wie Thyristoren oder IGBTs. Zweitens wird diese Gleichspannung in einem Zwischenkreis gepuffert, der aus Kondensatoren besteht. Drittens wird die gespeicherte Gleichspannung in einer Wechselrichterstufe wieder in eine Drehspannung mit den gewünschten Eigenschaften umgewandelt – typischerweise durch IGBTs-Leistungshalbleiter. Praktisch bedeutet das: Der Eingang des Frequenzumrichters wird zunächst mit der Spannung und Frequenz, die der Netzbetreiber zur Verfügung stellt, gespeist – in Deutschland sind das 50 Hertz und 400/500/690 Volt für industrielle Verbraucher. Da die Drehzahl des Motors, der mit dem Strom versorgt wird, von der Frequenz und der Spannung abhängt, wandelt der Frequenzumrichter diese konstanten Werte in variable um. So ist es möglich, den angeschlossenen Motor genauso zu regeln, wie der Einsatz es erfordert.

„Niemand würde unabhängig von der Verkehrssituation während der gesamten Fahrt Vollgas geben und die Geschwindigkeit ausschließlich mit der Bremse regeln. Aber genau so betreibe ich eine Anlage, wenn ich Motoren ohne Frequenzumrichter laufen lasse.“

Fred Donabauer, Leiter Produktmanagement LV Drives & PLC bei ABB Motion Deutschland

Gibt es andere Möglichkeiten als Frequenzumrichter, um Maschinen und Prozesse zu regeln?

Die gibt es durchaus. Schließlich musste man Prozesse auch schon regeln, bevor der Frequenzumrichter erfunden wurde. Aber diese Methoden sind extrem ineffizient. Der Durchfluss flüssiger Medien wurde zum Beispiel lange Zeit und auch heute noch durch Ventile oder Drosselklappen geregelt. Weil der Motor der Pumpe in dieser Konfiguration mit voller Drehzahl weiterläuft, führt das zu unnötigen Verlusten, die sich etwa in Form von warmen Rohrleitungen zeigen. Außerdem steigt der Druck vor dem Ventil. Beides führt zu mehr Verschleiß. Der alte Spruch gilt also immer noch: „Jede ungeregelte Pumpe ist geschenkt zu teuer“.

Natürlich funktioniert der Betrieb auch so. Aber es macht wenig Sinn. Vergleichen kann man das mit dem Autofahren: Niemand würde unabhängig von der Verkehrssituation während der gesamten Fahrt Vollgas geben und die Geschwindigkeit ausschließlich mit der Bremse regeln. Aber genau so betreibe ich eine Anlage, wenn ich Motoren ohne Frequenzumrichter laufen lasse.

Frequenzumrichter im Elektroauto: Schlüssel für effiziente Elektromobilität

Frequenzumrichter spielen auch in Elektroautos eine zentrale Rolle: Beim Tritt aufs Gaspedal erhöht der Umrichter die Drehzahl des Elektromotors. So kontrolliert er gezielt seine Leistung und bringt die Energie von der Batterie in den elektrischen Antrieb, der das Auto auf der Straße fortbewegt. Durch die Steuerung von Frequenz und Spannung kann der Frequenzumrichter auch das Drehmoment des Motors anpassen. Das ist wichtig für die Beschleunigung, das Bremsen und das Fahren in unterschiedlichen Bedingungen.

Umgekehrt spielt der Frequenzumrichter eine wichtige Rolle bei der Rekuperation, also der Rückgewinnung von Energie während des Bremsens: Wird das Fahrzeug abgebremst, arbeitet der Elektromotor als Generator und wandelt kinetische Energie in elektrische Energie um, die dann wieder in die Batterie gespeist wird. Der Frequenzumrichter steuert diesen Prozess und optimiert die Energieumwandlung.

Durch die präzise Steuerung des Motors kann der Frequenzumrichter sogar den Wirkungsgrad des Antriebsstrangs verbessern. Das führt zu einer höheren Reichweite des Elektroautos und einer effizienteren Nutzung der Batteriekapazität. Außerdem bietet ein Umrichter Schutzfunktionen für den Elektromotor und das gesamte elektrische System des Fahrzeugs. Dazu gehören Überlastschutz, Kurzschlussschutz, Überhitzungsschutz und andere sicherheitsrelevante Funktionen, die die Lebensdauer des Motors und der Batterie verlängern.

Ist der Einsatz von Frequenzumrichtern also bei jeder Anwendung sinnvoll?

Unsere Erfahrung ist, dass ein Frequenzumrichter bei einem Großteil der Anwendungen sinnvoll ist. Das wissen auch nahezu alle Anlagenbetreiber. Fällt die Entscheidung gegen einen Frequenzumrichter, liegt das meist eher an einer mangelnden Investitionsbereitschaft. Dabei wird verkannt, dass die Anschaffungskosten in der Regel nur wenige Prozent der gesamten Lebenzykluskosten sind. Der Großteil der Kosten fällt auf die Strom-Betriebskosten. Vor dem Hintergrund hoher Energiepreise ist der Return on Investment aber so schnell erreicht, dass die Anschaffung allein unter dem Gesichtspunkt der Energieersparnis fast überall Sinn ergibt.

Aber selbst bei Anwendungen, in denen der Motor fast immer mit derselben Leistung läuft, kann sich ein Frequenzumrichter lohnen. Was ich eingangs über Aufzüge gesagt habe – wo Umrichter ruckartige Starts und Stopps vermeiden –, trifft nämlich auch auf industrielle Anwendungen zu: Mit einem sogenannten Sanftstart vermeidet ein Umrichter zum Beispiel, dass eine Pumpe beim Anfahren sofort mit voller Leistung fördert. So wird die Rohrleitung geschont und die Standzeit des gesamten Systems verlängert.

 

Seit wann werden Frequenzumrichter eigentlich eingesetzt?

Im Jahr 1970 begann in Finnland bei Strömberg (heute ABB) die Entwicklung an sogenannten pulsweitenmodulierten Umrichtern mit variabler Frequenz, den Ursprüngen des heutigen Frequenzumrichters. Der erste Einsatz war in der U-Bahn in Helsinki, der Frequenzumrichter mit dem allseits bekannten Markennamen SAMI war geboren. Ein bahnbrechender Erfolg, der den Einsatz in zahlreichen Anwendungen in der Industrie ermöglichte. Die ersten Umrichter boten noch keine hochdynamische Regelung wie heutige Antriebe, sie wurden für Anwendungen wie Pumpen und Lüftern eingesetzt, oder auch für den Materialtransport und in Fahrzeugen. Heute Erreichen wir mit Direct Torque Control annähernd die Regeleigenschaften eines Servoantriebs. Im Industriebereich hat es bis in die 80er-Jahre gedauert, bis Frequenzumrichter quasi Standard wurden und in vielen Bereichen die Gleichstromantriebe verdrängt haben. Dabei hat auch die Ablösung der Analogtechnik durch die Prozessortechnik geholfen – übrigens auch, was die Größe der Geräte betrifft.

 

Wie können heutige Frequenzumrichter erkennen, welche Leistung der Motor erbringen muss?

Die Leistungsabgabe des Motors spielt für den Umrichter eine untergeordnete Rolle. Er berechnet zwar die Leistung und muss für die Anforderungen ausgelegt sein, aber es werden die Drehzahl und das Drehmoment des Motors geregelt. Die erforderliche Leistungsabgabe des Motors ergibt sich aus den Prozessbedingungen. Treibt er beispielsweise eine Pumpe an, hängt die nötige Leistung davon ab, wie viel Flüssigkeit in welcher Zeit gefördert werden muss. Dabei spielen natürlich auch Faktoren wie Rohrleitungsgröße, Viskosität oder Temperatur eine Rolle. Um in der Analogie des Autofahrens zu bleiben: So wie ich mit dem Gaspedal regle, wie schnell ich fahren möchte und somit wie viel Leistung der Motor auf die Straße bringt, muss der Anlagenbediener oder die Steuerung dem Umrichter vorgeben, welche Drehzahl oder welches Drehmoment der Antrieb erbringen soll.

 

So wie es den Tempomat fürs Auto gibt, kann eine übergeordnete Steuerung die Maschine und den Prozess doch auch automatisieren?

Einfache Anwendungen sind auf solche Möglichkeiten nicht angewiesen, aber für komplexere Prozesse stimmt das: In eine Steuerung eingebunden, kann die Koordination der verschiedenen Antriebe in der Maschine automatisiert ablaufen. Allerdings ist das auch für anspruchsvolle Anwendungen nicht immer notwendig. Frequenzumrichter von ABB bieten komplexe interne Programmierungsmöglichkeiten, die intelligent auf variable Prozessbedingungen reagieren können.

Heißt „komplex“ in diesem Fall auch kompliziert?

Im Gegenteil, wir gestalten die Bedienung unserer Frequenzumrichter möglichst intuitiv. Nach dem ersten Einschalten wählen Anwender die Sprache aus und geben die Motordaten vom Typenschild ein. Nach einem Identifikationslauf weiß der Umrichter schon viel über die Anwendung, in der er betrieben wird. Und die selbsterklärende Bedieneinheit macht es dem Betreiber umgekehrt leicht, alles so einzustellen, wie es der Prozess erfordert.

Die Bedienprinzipien sind übrigens über alle Frequenzumrichter-Baureihen von ABB hinweg gleich. Wer einen unserer Frequenzumrichter installiert hat, weiß also auch, wie man eine andere Frequenzumrichter-Baureihe von ABB in Betrieb nimmt und bedient – egal, ob der Antrieb wenige hundert oder mehrere tausend Watt Leistung bringt. Einen einfachen, intuitiven Betrieb zu ermöglichen, gehört zu unserem Selbstverständnis als Komplettanbieter.

 

Forscht ABB an Wegen, Frequenzumrichter noch effizienter zu machen?

Die Optimierung und Effizienzsteigerung unserer Frequenzumrichter gehört zu unserem Alltagsgeschäft. Ein Beispiel ist die Entwicklung rückspeisefähiger Antriebe. Seit mehreren Jahren ermöglichen es unsere Umrichter, Bremsenergie von Elektromotoren als Strom ins Netz zurückzuspeisen. Ohne diese Option wird Bremsenergie einfach in Wärme umgewandelt, die je nach Anwendung auch noch durch aufwendige Klimatisierung abgeleitet werden muss. Stattdessen wird sie mit ABB-Technologie Verbrauchern wieder zur Verfügung gestellt – übrigens annähernd oberschwingungsfrei, damit das Stromnetz nicht belastet wird. Seit kurzem sind diese Geräte auch zertifiziert, sodass sie als Teil einer Stromerzeugungsanlage mit Anschluss an das öffentliche Netz verwendet werden können. Damit unterstützen wird den Ausbau der regenerativen Stromerzeugung.

Der Frequenzumrichter ist offensichtlich ein Erfolgsmodell. Ist es trotzdem denkbar, dass Motoren irgendwann einmal ganz anders geregelt werden?

Ich gehe nicht davon aus, dass kurzfristig eine völlig andere Form der Motorregelung auftaucht. Aber ich bin sicher, dass die graduelle Verbesserung im Sinne von Effizienzsteigerung weitergeht und noch zunehmen wird. Bei ABB haben wir alle Bereiche im Blick und bieten Lösungen für jede Branche. Ob in der Prozessindustrie, im Maschinenbau, im Transport oder in der Wasserstoffwirtschaft: Elektrische Antriebe sind der Schlüssel für Effizienz und Klimaneutralität. Und aus dieser Entwicklung ist der Frequenzumrichter einfach nicht wegzudenken.

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