Energieeffizienz bei der längsten Standseilbahn der Schweiz

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Die Frey AG Stans hat ein Energiespeichersystem mit ABB-Komponenten für die umfangreich modernisierte Standseilbahn Sierre Crans-Montana entwickelt. Dieses System ermöglicht es der längsten Standseilbahn der Schweiz, Brems- und Solarenergie zu speichern, um sie für den eigenen Betrieb zu nutzen und gleichzeitig Spitzenlasten beim Strombezug auszugleichen.
Die beiden Gemeinden Sierre und Crans-Montana führen jeweils eine Sonne in ihrem Wappen. Diese Symbolik ist äußerst passend, da beide Ortschaften zu den schweizerischen Städten mit den meisten Sonnentagen im Jahr gehören, insbesondere Crans-Montana, das auf einer nach Süden ausgerichteten Hochebene liegt. 

Mehr als vier Kilometer

Schon seit Jahr 1911 sind die beiden Gemeinden im Wallis durch eine Standseilbahn miteinander verbunden. Ursprünglich bestand die Bahn aus zwei Abschnitten mit einer Umsteigestation. Im Jahr 1997 wurde die kurvenreiche Bahn umgebaut und zu einer durchgehenden Standseilbahn vereint. Mit einer beeindruckenden Länge von 4,2 Kilometern ist sie die längste Standseilbahn Europas, die durch offenes Gelände führt. Sie überwindet dabei eine Höhendifferenz von 930 Metern.

Im Jahr 2022 wurde eine umfassende Renovierung der Bahn durchgeführt, die eine Reihe von Maßnahmen umfasste. Dazu gehörten der Austausch der über hundert Jahre alten Gleise, die Verbreiterung der Spur auf 1400 mm, der Ausbau der Bahnhöfe Sierre und Crans-Montana, die Beschaffung von zwei neuen Wagen und die Integration eines Energiespeichersystems. Erstaunlicherweise konnte all dies in nur neun Monaten abgeschlossen werden. Wie geplant wurde die komplett erneuerte Bahn am 11. Dezember 2022 in Betrieb genommen und verkehrt nun alle 20 Minuten.

Die Standseilbahn führt vom Talboden in Sierre über 4,2 Kilometer und 930 Höhenmeter nach Crans-Montana. (Foto: Frey AG Stans)

Energieeffizienz auch im ÖV steigern

„Dieser umfassenden Revision gingen Jahre der Vorbereitungen voraus. Es war klar, dass mit der Erneuerung auch die Energieeffizienz unserer Bahn gesteigert werden musste.“

Patrick Cretton, Direktor der SMC.

In die Planung floss auch die Energiestrategie 2050 im öffentlichen Verkehr des Bundesamts für Verkehr ein. Das BAV fördert Projekte, die CO2-Emissionen verringern. 

Bremsenergie speichern

Der Auftrag für die Erneuerung der Bahn ging an Doppelmayr/Garaventa. Der Weltmarktführer im Seilbahnbau ist seit fünf Jahren Besitzer der auf Seilbahn-Steuerungsanlagen spezialisierten Frey AG mit Hauptsitz in Stans. «Frey AG Stans hatte eine neue Energiespeicher-Lösung für die Magglingenbahn realisiert, die uns in ihrem Ansatz überzeugte», so Cretton. «Rekuperierte Bremsenergie zu speichern und nicht – wie bisher – ins Netz zurückzuspeisen, macht auch für uns Sinn.» Mit Strom aus dem eigenen Energiespeicher können insbesondere Bezugsspitzen geglättet werden, was sich auch finanziell auszahlt. 

Patrick Cretton, Direktor der SMC (links) im Gespräch mit Roger Steffen, leitender Ingenieur bei der Frey AG Stans.

Für Photovoltaik besonders geeignet

«Hier in Crans-Montana Solarenergie als zweite Quelle für den Energiespeicher zu nutzen, liegt ebenso auf der Hand», so Cretton. «Wir haben oft auf über 2000 Sonnenstunden pro Jahr und zählen damit zu den zehn sonnigsten Gemeinden der Schweiz.» So liess die SMC auf der umgebauten Bergstation eine Photovoltaikanlage mit einer Leistung von 62 Kilowatt-Peak installieren.

Energiespeicherlösung mit ABB-Modulen

Frey AG Stans hat das Energiespeichersystem weiterentwickelt und standardisiert. Es trägt den Namen ESFOR, was für „Energy Storage System For Ropeways“ steht. Dabei verwendet Frey AG Stans die besonders leistungsstarken Energiespeichermodule, die von ABB Schweiz in Baden speziell für Traktionsanwendungen hergestellt werden. In der Bergstation wurden vier Schränke installiert, in denen die Energiespeichermodule unter der Überwachung eines Battery Management Systems arbeiten. Die Gesamtkapazität der Module beträgt 120 Kilowattstunden.

Der Energiespeicher in der Bergstation in Crans-Montana.

Energiespeicher auch für Räumungskonzept

«In das ESFOR haben wir auch ein Räumungskonzept integriert. Also ein Rettungskonzept für den Notbetrieb, beispielsweise beim Ausfall des Versorgungsnetztes, das die Fahrzeuge mit den Passagieren sicher zur nächsten Haltestelle bringt», erklärt Roger Steffen, Leitender Ingenieur Energiespeicher und -systeme der Frey AG Stans. 

Inselbetrieb bei Netzausfall

Im Falle eines Stromausfalls wird die lokal gespeicherte Energie genutzt, um die Anlage im Inselbetrieb weiterhin zu betreiben. Die Energiespeicher versorgen nicht nur den Antriebsmotor der Bahn, sondern auch die erforderlichen Hilfsbetriebe wie Beleuchtung und Kommunikation. Vor der Renovierung war ein Dieselgenerator als Notantrieb installiert. Durch die neue Lösung entfallen jedoch die Wartungskosten und der Platzbedarf des Generators. 

Bereits im Jahr 2016 wurde der bisherige Gleichstrommotor der Standseilbahn durch einen neuen Wechselstrommotor ersetzt. Der beeindruckende ABB-Motor hat eine Leistung von 1000 Kilowatt und wird von einem ABB-Frequenzumrichter des Typs ACS880 angetrieben.

Der ABB-Motor im Maschinenhaus der Standseilbahn.

Direkt an Gleichstrom-Zwischenkreis angeschlossen

«Der Energiespeicher – der wie jede Batterie Gleichstrom liefert – ist über einen DC/DC-Wandler direkt an den Gleichstrom-Zwischenkreis dieses Frequenzumrichters angeschlossen», erklärt Hans Ulrich Zeller, der für die Engineering Services der Frey AG Stans arbeitet. Auch das eine Neuerung des ESFOR, die die Gesamteffizienz des Systems erhöht. 

Stromspitze beim Anfahren

Die Wagen der Standseilbahn sind durch ein festes Drahtseil mit einem Durchmesser von 44 Millimetern verbunden, das über eine Seilscheibe in der Bergstation läuft. Parallel dazu verläuft über eine Seilscheibe in der Talstation ein dünnere und entsprechend leichteres Gegenseil mit einem Durchmesser von 22 mm. Wenn der Wagen in der Talstation schwer beladen ist, erfordert das Anfahren eine größere Stromspitze. Diese Spitze kann nun automatisch über die lokale Energiespeicherlösung und eine entsprechende Software abgefedert werden. 

Der Frequenzumrichter ACS880 von ABB treibt den Motor an. Dessen Gleischstrom-Zwischenkreis ist über einen DC/DC-Wandler direkt an den Energiespeicher angeschlossen.

Rekuperation während eines Teils der Fahrzeit

Wenn der bergwärts fahrende Wagen in einer idealtypischen Standseilbahn die Hälfte der Strecke erreicht hat, ist theoretisch keine weitere Energiezufuhr erforderlich. Das talwärts fahrende Gegenstück zieht ihn über das fest verbundene Zugseil nach oben. In der Praxis müssen jedoch verschiedene Faktoren wie der Rollwiderstand, die Beladung der Wagen, das relative Gewicht von Zug- und Gegenseil sowie die Unterschiede im Gefälle berücksichtigt werden.

«Im Alltagsbetrieb dürfte die Bahn durchschnittlich während eines Viertels der Fahrzeit abgebremst werden», so Steffen. Die dadurch rekuperierte Energie wird über den Frequenzumrichter dem Energiespeicher zugeführt.

Klimaneutraler Betrieb

«Eine Fahrt verbraucht rund 40 Kilowattstunden. Gut 10 Prozent davon können durch das Rekuperieren wieder gespeichert werden», rechnet Roger Steffen vor. «Und bei strahlendem Sonnenschein generiert die Photovoltaikanlage gut 60 Kilowattstunden pro Stunde.» Die Bahn fährt im 20-Minuten-Takt, also dreimal stündlich, was einem Bedarf von 120 Kilowattstunden entspricht. Dank Solaranlage, rekuperierter Bremsenergie und Energiespeicher kann an einem sonnigen Tag so rund die Hälfte der benötigten Energie selbst produziert bzw. wiederverwertet und vor Ort genutzt werden. «Was wir aus dem Netz beziehen, ist zudem zu 100 Prozent Strom aus erneuerbarer Wasserkraft – hier im Wallis generiert. Damit wird unsere Standseilbahn CO2-neutral betrieben» hält Patrick Cretton fest.

Mehr Infos über das Projekt gibt es in diesem Video