Zementindustrie im Wandel: ABB und Fraunhofer zeigen Technologien für eine klimaneutrale Zukunft

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Die Zementindustrie verursacht rund fünf Prozent der weltweiten CO2-Emissionen. Um eine klimaneutrale Produktion zu erreichen, sind neue technologische Lösungen nötig. Ein Whitepaper von ABB und dem Fraunhofer IPA zeigt fünf zentrale Hebel für die Dekarbonisierung – von alternativen Brennstoffen bis zur CO2-Abscheidung. So kann der Wandel gelingen.

Ein unverzichtbarer Baustoff mit hohen Klimaauswirkungen

Zement ist aus der Gegenwart nicht wegzudenken – und bleibt auch in Zukunft unverzichtbar. Er ist das Bindemittel in Beton und Basis für Gebäude, Straßen und zahlreiche Infrastrukturen. Gleichzeitig zählt die Zementindustrie zu den größten industriellen Verursachern von Treibhausgasen: Laut internationalen Schätzungen ist die Branche für etwa fünf Prozent der globalen CO2-Emissionen verantwortlich.

Das liegt nicht nur am energieintensiven Herstellungsprozess, sondern auch an der Chemie dahinter. Beim Brennen von Kalkstein zu Zementklinker entsteht  CO2– selbst dann, wenn der Brennprozess komplett mit erneuerbarer Energie erfolgen würde. Das bedeutet, dass die klimafreundliche Zementindustrie der Zukunft nicht nur nachhaltige Energiequellen braucht, sondern auch neue Produktionsverfahren.

Die gute Nachricht: Zumindest in Ansätzen existieren die dafür notwendigen Technologien bereits. ABB und das Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung (Fraunhofer IPA) haben in einem gemeinsamen Whitepaper untersucht, wie die Zementproduktion bis zur Mitte des Jahrhunderts auf Netto-Null-Emissionen gebracht werden kann.

Prozessbedingte Emissionen erschweren die Transformation

Die zentrale Schwierigkeit in der Zementherstellung besteht darin, dass rund zwei Drittel der CO2-Emissionen prozessbedingt sind. Sie entstehen bei der sogenannten Kalzinierung: Kalkstein (CaCO3) wird erhitzt, wobei CO2 freigesetzt wird – unabhängig davon, womit der Prozess beheizt wird.

Nur das verbleibende Drittel entfällt bislang auf die Verbrennung fossiler Brennstoffe, mit denen die für das Verfahren nötige Hitze erzeugt wird. Um beide Emissionsquellen zu adressieren, braucht es also einen zweigleisigen Ansatz: Erstens müssen Brennstoffe ersetzt und Prozesse elektrifiziert werden. Zweitens müssen neue Verfahren etabliert werden, die die CO2-Freisetzung selbst vermeiden oder das Treibhausgas auffangen und weiterverwerten.

Die Internationale Energieagentur (IEA) fordert eine Halbierung der Emissionen bis 2050. Ohne strukturelle und technologische Innovationen wird diese Herausforderung nicht erreicht werden.

Wie wird Zement hergestellt?

Die industrielle Zementproduktion besteht im Wesentlichen aus vier Schritten:

1.

Zerkleinerung und Mahlung: Kalkstein und Ton werden zu Rohmehl verarbeitet.

2.

Kalzinierung: Im Drehrohrofen wird das Rohmehl auf über 1.400 °C erhitzt, wodurch Zementklinker und CO2 entsteht.

3.

Abkühlung und Mahlung: Der Klinker wird mit Gips und weiteren Stoffen zu Zement gemahlen.

4.

Homogenisierung und Verpackung: Der fertige Zement erhält eine gleichmäßige Zusammensetzung und wird verpackt, bevor er in den Vertrieb gelangt.

Der größte Hebel zur Emissionsreduktion liegt in der Kalzinierung. Bei dem Prozess werden die meisten Emissionen freigesetzt, sodass dort auch das größte Potenzial für Innovationen liegt.

6 Wege zur klimafreundlichen Zementproduktion

Das Whitepaper von ABB und dem Fraunhofer IPA identifiziert sechs zentrale Handlungsfelder, die die Emissionen in der Zementherstellung deutlich senken können.

Senkung des Klinker-Zement-Verhältnisses

Durch alternative Zuschlagstoffe wie Kalkstein oder industrielle Nebenprodukte kann der Klinkeranteil im Zement reduziert werden – das senkt die CO2-Emissionen. Früher kamen vor allem Hüttensand und Flugasche zum Einsatz, doch diese werden knapper. Künftig wird deshalb Kalkstein wichtiger. Das Einsparpotenzial ist groß, doch es gibt Grenzen: Der Klinkeranteil lässt sich nur begrenzt senken, ohne die Zementeigenschaften zu beeinträchtigen.

Erforschung alternativer Bindemittel

Auch alternative Klinker mit geringerem CO2-Ausstoß werden seit Langem genutzt, etwa Belit-Klinker, der zu Einsparungen führt. Neue Ansätze wie CACS-Zemente binden CO2 beim Aushärten und könnten Emissionen ausgleichen. Das Kürzel steht für „Carbonated Calcium Silicate Cements“, also Zemente, die auf der Karbonatisierung von Calciumsilikaten basieren. Auch durch Magnesiumoxide gebundene Zemente aus silikatischen Quellen versprechen Potenzial, wenn sie aus kohlenstofffreien Materialien stammen. Viele dieser Technologien sind aber noch nicht marktreif und stehen vor Herausforderungen bei Verfügbarkeit und Umweltbilanz.

Abscheidung und Nutzung oder Speicherung von CO2 (CCS)

Für die unvermeidbaren prozessbedingten Emissionen bleibt langfristig voraussichtlich nur die Abscheidung der Treibhausgase. Das eingefangene CO2 kann gespeichert (Carbon Capture and Storage, CCS) oder weiterverwendet werden: etwa zur Herstellung synthetischer Kraftstoffe oder als Rohstoff in der chemischen Industrie. Erste Pilotanlagen zeigen bereits, dass CCS technisch machbar ist. Jetzt kommt es auf die Skalierung der Prozesse und die Wirtschaftlichkeit an.

Einsatz von Elektroöfen oder elektrischer Vorwärmung

Eine vollständige Elektrifizierung des Brennprozesses ist zwar noch nicht serienreif, aber technisch möglich. Auch durch eine elektrische Vorwärmung kann der fossile Brennstoffeinsatz reduziert werden. Wenn der dafür verwendete Strom aus erneuerbaren Quellen stammt, verbessert sich die CO2-Bilanz deutlich.

Einsparungen durch thermische Effizienz

Ein Ansatz zur Senkung energiebedingter Emissionen in der Zementproduktion ist die Nutzung von Abwärme. Thermoelektrische Generatoren können daraus Strom erzeugen und so Emissionen deutlich reduzieren. Studien zeigen: Bereits 10 % der Wärmeverluste könnten 36 % bis 58 % des Strombedarfs eines Zementwerks decken. Die Rückgewinnung von Wärme aus Abgasen allein könnte bis zu 30 % des Strombedarfs liefern.

Fossile Brennstoffe durch biogene oder alternative Brennstoffe ersetzen

Schon heute wird in vielen Zementwerken Abfall, Biomasse oder Klärschlamm mitverbrannt. Dieses Verfahren kann ausgeweitet werden – vorausgesetzt, die Brennstoffe sind nachhaltig und schadstoffarm. So werden CO2-Emissionen aus der Verbrennung gesenkt.

Übergreifend liegen auch in der Anlagentechnik große Potenziale: Motoren, Ventilatoren, Pumpen und Kompressoren können durch hocheffiziente Antriebe mit Frequenzumrichtern erheblich Energie sparen. ABB bietet dafür ein breites Lösungsportfolio, das auch Condition Monitoring und Prozessautomatisierung umfasst.

Ein schrittweiser, aber umsetzbarer Transformationspfad

Die Transformation der Zementindustrie ist technisch anspruchsvoll, aber keineswegs unmöglich. Das Whitepaper zeigt deutlich: Der Weg zur Dekarbonisierung ist kein kurzer Sprint, sondern ein schrittweiser Prozess, bei dem einzelne Abschnitte kombiniert werden müssen.

Welche Maßnahmen konkret umsetzbar sind, hängt vom Standort, von den verfügbaren Ressourcen und der Infrastruktur ab. In Ländern mit günstiger Stromversorgung kann die Elektrifizierung im Vordergrund stehen. In anderen Regionen liegt der Fokus zunächst auf alternativen Brennstoffen oder Rezepturanpassungen.

ABB ist für diesen Transformationsprozess ein kompetenter Technologiepartner mit Erfahrung in Elektrifizierung, Automatisierung und Antriebstechnik. Gemeinsam mit Forschungspartnern wie dem Fraunhofer IPA bringen wir wissenschaftliche Erkenntnisse in die Praxis und unterstützen Zementhersteller weltweit dabei, ihre Emissionsziele zu erreichen.

Klar ist: Wer frühzeitig in emissionsarme Technologien investiert, verbessert nicht nur die Umweltbilanz, sondern auch seine Wettbewerbsfähigkeit. Die Dekarbonisierung der Zementindustrie ist damit langfristig nicht nur eine ökologische, sondern auch eine ökonomische Notwendigkeit.

Jetzt das ganze Whitepaper entdecken – mit ausführlichen Informationen zur Dekarbonisierung vier weiterer Industrien:

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