„Einige Klarheiten geschaffen“

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Die Verordnung EU 2019/1781 der EU-­Kommission legt neue Anforderungen für Elektromotoren und Drehzahlregelungen fest. Andreas Schader, Global Marketing Manager Standardization bei ABB Motion Deutschland, erläutert im Interview, welche wichtigen Änderungen es in jüngster Zeit noch gegeben hat.

Am 1. Juli 2021 tritt die erste Stufe der Verordnung EU 2019/1781 der EU-Kommission in Kraft. Gegenüber der ersten Textfassung gab es zwischenzeitlich einige Änderungen. Was ist der Grund?

Beim Prüfen des Textes sind Vertretern der Industrie einige Dinge im Bereich Motoren und Frequenzumrichter aufgefallen, die nicht optimal gelöst worden waren beziehungsweise den Kunden vor handfeste Herausforderungen gestellt hätten. Bei strikter Auslegung des Gesetzes hätte beispielsweise ein Maschinenbauer, der eine umrichtergetriebene Maschine auf den Markt bringt, den speisenden Transformator mitberücksichtigen müssen. Das ist nicht handhabbar und ergibt keinen Sinn.

Gab es Möglichkeiten der Einflussnahme?

Die Industrieverbände CEMEB und ZVEI sind im ständigen Austausch mit der EU-Kommission und haben auf die Probleme hingewiesen. Dann hatte sich die Chance ergeben, dass die EU-Kommission ein sogenanntes Omnibus-Verfahren anstrengt, das Änderungen verschiedener Richtlinien beinhaltet. Wir konnten hierzu in einem öffentlichen Konsultationsverfahren unsere Bedenken äußern.

Wie hat die EU-Kommission darauf reagiert?

Im Oktober 2020 wurde das besagte Omnibus-Dokument veröffentlicht, das auch Änderungen der Verordnung EU 2019/1781 enthält. Bei den Frequenzumrichtern wurden einige Klarheiten geschaffen. Der wichtigste Punkt ist, dass in einem Schaltschrank eingebaute Frequenzumrichter nicht noch einmal betrachtet werden müssen, wenn sie schon konform sind. Für einen Maschinenbauer ist das ganz entscheidend, denn er muss die neue Regulierung nicht mehr auf seinen Schaltschrank anwenden.

Andreas Schader, Global Marketing Manager Standardization bei ABB ­Motion Deutschland

Welche Änderungen sind zudem noch relevant?

Es wurde präzisiert, was ein Frequenzumrichter ist und was nicht, zum Beispiel ist das Wort Transformator aus dem ursprünglichen Text weggefallen. Damit ist klar, dass ein Transformator nicht dazugehört. Eine wichtige Änderung gab es für Motoren. Demnach dürfen Motoren bis zum Jahr 2029 als Austauschmotoren auf den Markt gebracht werden, auch wenn sie eine schlechtere IE-Klasse haben, als es die neue Verordnung vorschreibt. Voraussetzung ist, dass genau der gleiche Motor ausgetauscht wird.

„Das ist realistischer und handhabbarer als bisher, denn ansonsten hätten die Hersteller eine extrem große Zahl an Motoren messen müssen.“

Auf dem Typenschild des Austauschmotors muss erkenntlich sein, dass er ein Ersatzteil ist.

Für die Hersteller von Motoren hat sich doch auch etwas getan?

Richtig! Neben dem Gesetzestext gibt es noch den sogenannten Annex, in dem beschrieben wird, wie das Gesetz anzuwenden ist. Darin ist eine wichtige Änderung für Hersteller von 60-Hz-Motoren enthalten. Für sie gibt es jetzt eigene Tabellen für ihre Motoren. Das erleichtert die Arbeit der Hersteller, denn bislang mussten sie die Effizienz der 60-Hz-Motoren auf einen 50-Hz-Endpunkt herunterrechnen. Die Motorenhersteller müssen außerdem nicht mehr die Verluste ihrer Motoren messen, sondern können sie berechnen. Das ist realistischer und handhabbarer als bisher, denn ansonsten hätten die Hersteller eine extrem große Zahl an Motoren messen müssen.

Verordnung EU 2019/1781

Die neueste Verordnung EU 2019/1781 der EU-Kommission für die umweltgerechte Gestaltung trat im Oktober 2019 in Kraft und bezieht sich auf Niederspannungs­asynchronmotoren mit einer Wechselspannung von weniger als 1.000 V und auf Frequenzumrichter (Antriebe mit Drehzahlregelung). Die Verordnung wird ab dem 1. Juli 2021 in zwei Stufen umgesetzt. Die zweite Stufe, die den Geltungsbereich weiter ausdehnt und die Anforderungen an Motoren erhöht, tritt zwei Jahre später, am 1. Juli 2023, in Kraft.

Last, but not least, ist die Verordnung EU 2019/1781 die erste Regulierung, die das Thema „Digital“ mit aufnimmt. Bislang wurden regulatorische Informationen in Papierform verlangt, die mitgeliefert werden müssen. Künftig können die weiterführenden Konformitäts­informationen über einen QR-Code zugänglich gemacht werden. Das ist eine sinnvolle und moderne Kommunikationsform, um Dokumentationen bereitzustellen.

Einen umfassenden Überblick zum Thema Ökodesign für Motoren und Antriebe unter: https://new.abb.com/motors-generators/de/%C3%B6kodesign-fuer-motoren-und-generatoren