Pulsmesser für Motoren: ABB Ability Smart Sensoren sorgen für reibungslose Produktion

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Natriumcarbonat, sprich Soda, ist durch Wasch- und Reinigungsmittel ein fester Bestandteil unseres Alltags. Doch wird Soda auch in vielen industriellen Anwendungen eingesetzt, etwa bei der Herstellung von Papier und Pappe als Entschäumer und zur Neutralisation, bei der Glasproduktion oder in der Textilindustrie, um Farben zu fixieren. Einer der größten Sodaproduzenten in Europa ist der polnische CHIECH-Konzern. Im sachsen-anhaltinischen Stassfurt stellt die CIECH Soda Deutschland GmbH, ein Tochterunternehmen des Chemiekonzern, calciniertes Soda und Natron her. Was das mit ABB zu tun hat? ABB Ability Smart Sensoren überwachen große Motoren von Anlagen, die autark laufen oder nicht regelmäßig kontrolliert werden können. So sorgen die intelligenten Sensoren für eine höhere Anlagenverfügbarkeit und für planbare Instandhaltungsarbeiten.

Die vorausschauende Wartung ist ein zentraler Faktor für den Betrieb der Anlage. Ein besonderer Fokus liegt dabei auf großen Motoren mit Leistungen von über 90 kW. Zeichnen sich Probleme ab, müssen diese rechtzeitig erkannt werden.

Verantwortlich für den reibungslosen Betrieb ist Ralf Gurn, Leiter des Instandhaltungsbereiches Elektrotechnik, Mess- und Regeltechnik am Standort Stassfurt. Motoren mit einem beginnenden oder leichten Lagerschaden will er rechtzeitig für eine Reparatur austauschen können und nicht erst, wenn der Rotor bereits aufgesetzt und das Blechpaket zerstört hat. Denn kommt es an einem Großmotor etwa durch einen Lagerschaden zu einem Totalausfall, wird die Wiederbeschaffung sehr teuer und gefährdet den reibungslosen Produktionsbetrieb.

„Eine zustandsbasierte Instandhaltung setzt voraus, dass man den Zustand auf irgendeine Weise erfassen kann. Die Kontrollzeit durch Wartungspersonal ist in der Industrie immer größer geworden. Früher haben die Anlagenfahrer noch regelmäßig Kontrollgänge gemacht, bei denen sie eine Geräuschentwicklung an Motoren mitbekommen haben. Heute sind Aufgaben und Anlagen umfangreicher und damit die Zyklen der Kontrollen unter Umständen wesentlich länger.“

Ralf Gurn, Leiter des Instandhaltungsbereiches Elektrotechnik, Mess- und Regeltechnik, CIECH Soda Deutschland GmbH

ABB Ability Smart Sensor: Drahtlose Motorenüberwachung

In einem ersten Schritt hat Ralf Gurn bereits vor etlichen Jahren einige große Motoren an prägnanten Stellen mit drahtgebundenen Sensoren für die Zustandsüberwachung ausgerüstet. Als Referenz diente das intakte Lager bei laufendem Motor, dessen Zustand über die Teachtastatur eingelesen wurde. Das System erforderte jedoch eine Spannungsversorgung und eine drahtgebundene Alarmkette in die Leitwarten. Entsprechend hoch war der damit verbundene Installationsaufwand. Auf der Suche nach einer smarten, kabellosen Alternative stieß der Instandhaltungsleiter auf den ABB Ability Smart Sensor für Motoren, der eine Online-Datenübertragung ermöglicht.

Der nur gut scheckkartengroße Sensor liefert Informationen zu Betriebs- und Zustandsparametern der Motoren wie Vibrationen, Temperatur oder auch daraus berechnete Indikatoren wie den Lagerzustand. Der ABB Ability Smart Sensor wird direkt am Gehäuse der Motoren angebracht – eine aufwendige Verdrahtung entfällt. Die Parameter werden per Smartphone oder Bluetooth-basiertem Gateway gesammelt und über das Internet an einen sicheren Cloud-basierten Server geleitet. Dort werden die Daten mit einer speziell entwickelten Software analysiert und dem Anlagenbetreiber in verwertbare Informationen für die Wartungsplanung zur Verfügung gestellt.

Vom Test zum Roll-out

Ein erster Test mit den smarten Sensoren wurde im Herbst 2018 in Stassfurt an einem Motor in der Vakuumpumpenstation durchgeführt. Nachdem der Test positiv ausfiel, wurden im zweiten Quartal 2019 fünf weitere Motoren in der Station mit den Sensoren ausgestattet. Die Motoren – zwei 315 kW- und vier 250 kW-Motoren – treiben Filtervakuumpumpen an, um ein nasses Vorprodukt in der Sodaproduktion mittels Trommel- bzw. Bandfilter über ein Vakuum zu entwässern.

Mit den ABB Ability Smart Sensoren werden darüber hinaus zwei Pumpenmotoren in einer Wasserrückführungsanlage überwacht, die einige Kilometer außerhalb des Werksgeländes liegt. „Die Anlage ist in der Arbeitswoche fünf Tage zu je acht Stunden besetzt. An Wochenenden, Feiertagen oder nach der regulären Wochenarbeitszeit führen die Bereitschaftsdienste sporadisch Kontrollfahrten durch. Deshalb haben wir auch diese Motoren mit den Sensoren ausgerüstet“, erläutert Ralf Gurn.

Ein Abfallprodukt bei der Sodaherstellung ist die Endlauge – sedimenthaltiges Wasser mit Kalk- und Gipsanteilen. Diese wird vom Gelände des Sodawerks über eine rund 4 km lange Rohrleitung in ein Absetzbecken gepumpt, in dem die absetzbaren Stoffe vom Wasser getrennt werden. Das sedimentfreie Wasser gelangt anschließend über ein Drainagesystem in ein benachbartes Rückhaltebecken. Der Wasserstand im Rückhaltebecken darf nach einer behördlichen Vorgabe eine bestimmte Höhe nicht überschreiten. Um diese Vorgabe einzuhalten, wird das abgesetztes Wasser mithilfe zweier Pumpen wieder ins Werk zurückgepumpt. Die beiden 6 kV-Motoren von ABB leisten 355 kW. Die Datenübertragung erfolgt wie in der Vakuumpumpenstation online über Blueetooth-Router mit SIM-Karte.

Mehrere Parameter können gleichzeitig visualisiert werden. Auf dem Bild ist eine steigende Temperatur bei ähnlich verlaufender Vibration zu beobachten (Bild: CIECH Soda Deutschland).

Manuelles Auslesen war gestern: Smartes Online-Monitoring

Die Sensoren wurden anfänglich über die ABB Ability Smart Sensor Smartphone App vor Ort ausgelesen. Das erwies sich aber für eine Dauerlösung als zu aufwendig. Hinzu kam, dass die Zeitabstände für die Auslesung unter Umständen sehr lang waren.

Wurde der Sensor länger nicht ausgelesen, waren die Datenmengen recht groß. Für Ralf Gurn ein enormer Zeitaufwand, da er mitunter eine Stunde im lauten Pumpenhaus stehen musste, um die sechs Pumpenmotoren auszulesen.

„Uns war es wichtig, Meldung zu bekommen, wenn ein Problem auftritt und nicht in einem Drei-Wochen-Rhythmus, bei dem man möglicherweise nicht mitbekommt, wenn zwischendurch etwas passiert. Im ersten Halbjahr 2020 haben wir uns mit der Online-Erfassung und Datenübertragung in die Cloud beschäftigt und uns für eine kontinuierliche Online-Überwachung aller sechs Motoren mittels Bluetooth-Rootern als Gateway entschieden – einen Router für die sechs Vakuumpumpenmotoren sowie je einen für die beiden Motoren der Wasserrückführungsanlage.“

Besonders interessieren den Instandhaltungsspezialisten die Messdaten zu Vibration, Lagerzustand und Oberflächentemperatur. Für jeden Motor ist ein Warn- und Alarmschwellenwert für diese kritischen Parameter vorgegeben. Wird ein Schwellenwert überschritten, bekommen die berechtigten Benutzer eine Warn- oder Alarmmeldung auf ihr Smartphone geschickt.

Mit den smarten Sensoren werden auch die Motoren von zwei rund 4 km vom Werk entfernten Rückführwasserpumpen überwacht (Bild: CIECH Soda Deutschland).

ABB Ability Smart Sensoren liefern Zustandsdaten von sechs Motoren der Vakuumpumpenstation (Bild: CIECH Soda Deutschland).

Erreicht Ralf Gurn beispielsweise eine Warnmeldung über eine erhöhte Oberflächentemperatur, schickt er einen Kollegen zum Motor, um die Situation zu bewerten. Bei einem dieser Serviceeinsätze wurde festgestellt, dass ein verunreinigtes Lüftergehäuse die Ursache für die Warnung war. In einem anderen Fall hatte ein verschobener Antriebsriemen zwischen dem Motor und der Vakuumpumpe eine Warnmeldung ausgelöst.

Teure Schäden verhindern

„Ich als Instandhalter muss neben der Anlagenverfügbarkeit immer auch die kaufmännische Seite im Blick haben. Die smarten Sensoren von ABB helfen, teure Schäden zu verhindern. Schließlich kann ein nicht rechtzeitig bemerkter Lagerschaden an einem großen Motor den Totalausfall und einen Neukauf zur Folge haben, der mehrere zehntausend Euro kosten kann“, betont Ralf Gurn.

Instandhaltungsarbeiten erfolgen bei CIECH Soda Deutschland an festgelegten Tagen, an denen die Produktion reduziert wird. Deutet sich an einem Motor ein Problem an, kann für den nächsten eingeplanten Reparaturtag ein Reservemotor vorbereitet und der Wechsel durchgeführt werden. Bei Motoren ohne sensorgestützte Überwachung hat Ralf Gurn diese Planungssicherheit nicht. Fällt dann ein Motor überraschend aus, würde der Stillstand viel länger dauern, erst recht, wenn der Ausfall außerhalb der wochentäglichen Arbeitszeiten geschieht.